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Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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kommt überhaupt nicht in Betracht, da diese Person keinen Vorteil von einer solchen Tat hätte. Auch die beiden Hausangestellten verdächtigt sie nicht, da sie schon lange in ihren Diensten stehen und sie ihrer Ergebenheit gewiss ist. Es bleiben vier Personen, drei von ihrem eigenen Fleisch und Blut und ein angeheirateter Verwandter. Jeder dieser vier hätte Vorteil von ihrem Tod, drei unmittelbar, einer mittelbar.
    Ihre Lage ist heikel. Sie hat ein stark entwickeltes Familiengefühl. Sie wünscht nicht, die schmutzige Wäsche vor allen Leuten zu waschen, wie man zu sagen pflegt. Anderseits ist sie nicht dazu bereit, einen Mordversuch auf sich beruhen zu lassen.
    Sie schreibt an mich. Sie unternimmt noch einen zweiten Schritt. Sie hat zwei Beweggründe für diesen. Der eine war, glaube ich, Groll gegen ihre eigene Familie, die sie ausnahmslos in Verdacht hatte und denen sie um jeden Preis eins auswischen wollte. Der zweite, besonnenere, war der Wunsch, sich zu schützen. Sie schrieb ihrem Rechtsanwalt, Mr Purvis, und ließ ein Testament zu Gunsten der einzigen Person im Haus abfassen, die, ihrer Überzeugung nach, an dem Unfall nicht schuld sein konnte.
    Aus dem Brief an mich und aus Miss Arundells späterer Handlung geht mit fast völliger Sicherheit hervor, dass ihr unbestimmter Verdacht gegen die vier Personen sich zu einem bestimmten Verdacht gegen eine dieser vier verdichtete. In ihrem Schreiben betont sie mit größtem Nachdruck, dass die Angelegenheit streng geheim bleiben müsse, da die Ehre der Familie auf dem Spiel stehe.
    Ich glaube, das bedeutete – wenn man sich die Anschauungen von Miss Arundell zu eigen macht –, dass es sich um jemanden handelte, der ihren eigenen Namen trug.
    Wenn sie Mrs Tanios in Verdacht gehabt hätte, wäre sie nicht weniger auf ihre eigene Sicherheit bedacht gewesen, aber weniger um die Ehre der Familie besorgt. Anders hätte es sich bei Theresa Arundell verhalten, aber am stärksten musste dieses Gefühl bei Charles zum Durchbruch kommen.
    Charles war ein Arundell. Ihre Gründe, ihn zu verdächtigen, liegen auf der Hand. Vor allem machte sie sich keine Illusionen über ihn. Er war schon einmal nahe daran gewesen, Schande über die Familie zu bringen – sie wusste, dass er eines Verbrechens nicht nur fähig wäre, sondern schon eines begangen hatte. Er hatte ihre Unterschrift auf einem Scheck gefälscht. Nach der Fälschung ein Schritt weiter – zum Mord!
    Überdies hatte sie zwei Tage vor ihrem Unfall ein bedeutsames Gespräch mit ihm gehabt. Er verlangte Geld von ihr; sie schlug es ihm ab, und er warf hin – oh, ganz nebenbei! –, sie laufe Gefahr, abgemurkst zu werden. Worauf sie erwiderte, sie wisse sich zu schützen. Er sagte. ‹Ich habe dich gewarnt!› – und zwei Tage später ereignete sich der Unfall!
    Kein Wunder, wenn Miss Arundell, als sie grübelnd zu Bett lag, zu dem Schluss gelangte, Charles Arundell habe einen Mordversuch gegen sie unternommen.
    Der Ablauf ist klar. Das Gespräch mit Charles – der Sturz – der Brief an mich, in tiefster Verzweiflung geschrieben – der Brief an den Anwalt. Dienstag, den Einundzwanzigsten, bringt Mr Purvis das Testament, und sie unterschreibt es.
    Charles und Theresa Arundell kommen übers Wochenende, und Miss Emily Arundell unternimmt sogleich die nötigen Schritte, um sich zu schützen. Sie erzählt Charles von dem zweiten Testament. Nicht nur das, sie zeigt es ihm sogar! Das erscheint mir ausschlaggebend. Sie gibt dem etwaigen Mörder deutlich zu verstehen, dass er von dem Mord nicht den geringsten Vorteil hätte!
    Wahrscheinlich rechnete sie damit, dass Charles diese Neuigkeit seiner Schwester brühheiß erzählen werde. Er unterließ das jedoch. Und zwar, wie ich vermute, aus einem sehr guten Grund – er fühlte sich schuldig! Er glaubte, dass seinetwegen das Testament umgestoßen worden sei. Aber warum fühlte er sich schuldig? Weil er wirklich einen Mordversuch unternommen oder weil er sich einen kleinen Geldbetrag angeeignet hatte? Beide Verbrechen, das schwere und das geringfügige, würden erklären, dass er seiner Schwester nichts davon sagte. Er schwieg und hoffte, dass seine Tante ihren Entschluss bereuen und rückgängig machen werde.
    Ich musste mich nun mit der Frage befassen, ob Miss Arundells Verdacht begründet war. Sieben Personen kamen in Betracht: Charles und Theresa Arundell; Doktor Tanios und Mrs Tanios; die beiden Dienstboten; Miss Lawson. Und eine achte Person, nämlich Doktor Donaldson, der

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