Der Bann Der Magie
sich gut überlegen, ehe er sich mit ihnen anlegte.
»Sie ruinieren die Stadt!« sagte der VFBF-Führer schließlich.
»Weil sie für ihr Brot arbeiten? Weil sie anständig für das bezahlen, was sie brauchen, und weil sie sparen, damit sie ihre Familien hierher zu sich holen können?« warf Masha ein. »Ich dachte, ihr habt mich hierhergebracht, damit ich mich um eine Frau kümmere.«
Nach einem raschen Blick zum Karawanenplatz, wo die Arbeiter immer noch sangen, nahm Zip die Fackel aus Walegrins Hand und stürmte in die Hintergassen.
Im VFBF-Haus war es unheimlich ruhig. Zip löschte die Fackel und führte sie die im Dunkel liegende Treppe hinauf. An der Tür zur Kammer oben blieb er abrupt stehen. Walegrin prallte gegen ihn. Das Mädchen lag noch in der Ecke, jetzt still und reglos. Ihr junger Geliebter kauerte neben ihr, und sein Gesicht glänzte von Tränen. Der Garnisonskommandant bemerkte es kaum, als Masha ihn einfach zur Seite schob. Ihre Bewegungen störten ihn nicht, als er die Götter und Göttinnen beschimpfte, die hier etwas hätten unternehmen sollen. Wie viele Soldaten fand Walegrin nichts Ungewöhnliches am plötzlichen Tod durch eine scharfe Klinge, aber er kam nicht mit dem Tod zurecht, wenn er friedliche Sterbliche bedrohte.
Er sah interessiert zu, als Masha aus ihrem Koffer, ein Glashorn nahm, dessen festes, schmales Ende sie ans Ohr hielt, während sie die breite Öffnung über die Haut des Mädchens wandern ließ und sie rasch, aber gründlich abhorchte.
»Bringt die Fackel herüber!« befahl sie. »Sie atmet. Es besteht noch Hoffnung, zumindest für das Kind.«
Keiner der Männer rührte sich. Sie stand auf und schüttelte den Jungen, der geweint hatte.
»Für dein Kind besteht noch Hoffnung, du Narr«, sagte sie, und, als ein Funke Leben in ihn zurückkehrte: »Hol eine Wanne. Mach Feuer und koche Wasser ab.«
»Ich - wir haben nichts als das.« Der Junge deutete auf das armselige Mobiliar.
»Dann such eine Wanne - und saubere Lappen.«
»Dein Fischauge, Muznut - nebenan«, wandte Walegrin sich an Zip. »So was hat er doch ganz bestimmt, nicht wahr? Auch die Lappen, nehme ich an.«
Zip verzog unangenehm berührt das Gesicht, aber dann drehte er sich seufzend um und stieg die Treppe hinunter. Die anderen Männer folgten ihm.
Masha hing ihren feinen Schal über einen Splitter, der von einem Wandbalken abstand, und öffnete nun die Verschnürung ihres eigenen Gewands. Sie hatte blutige Arbeit zu tun, und es war ja nicht unbedingt nötig, daß sie auch noch ihre eigene Kleidung ruinierte. Sie riß den breiten Saum von ihrem Hemd ab und band mit einem Streifen davon ihr bereits tropfendes Haar aus dem Gesicht. Mit dem übrigen wischte sie soviel des Blutes ab wie nur möglich, dann plante sie ihr Vorgehen.
Die Männer machten auf dem Hof ein Feuer mit Muznuts guter Holzkohle und was sie sonst so fanden. Die Flammen verwandelten den Hof in ein Inferno, aber die Männer blieben dicht beim Feuer und eilten nur zu der Kammer im ersten Stock, wenn Masha heißes Wasser oder saubere Tücher verlangte. Sie sagten nichts zueinander und wählten Plätze auf dem Hof, von wo aus sie den Schatten der Hebamme deutlich sehen konnten, sie jedoch vor flüchtigen Blicken der anderen geschützt waren.
Im Morgengrauen kehrten die Fledermäuse zu ihren üblicherweise verlassenen Schlafstellen zurück, und ihre schrillen Protestschreie über die Besetzung ihres Zuhauses hallten von den Wänden und den Männern wider. Die Tagesvögel flohen ebenfalls, und der rechteckige Himmelausschnitt über ihnen wurde zu schmutzigem Grau, das auf weitere drückende Hitze hindeutete. Walegrin wünschte sich sehnlichst einen Krug Bier und den, wenngleich begrenzten Komfort seiner Offiziersunterkunft in der Palastmauer. Aber er blieb, rieb sich die Augen und wartete, bis Masha fertig war.
»Arbold!« rief sie aus dem Fenster.
Der Junge blickte hinauf. »Wasser?« fragte er und stocherte im vernachlässigten Feuer.
»Nein, bloß du.«
Er ging ins Haus. Walegrin und Zip wechselten Blicke, bevor sie ihm folgten. Masha hatte damit gerechnet und hielt sie an der Türöffnung auf.
»Sie haben nur noch wenige Augenblicke«, sagte sie leise.
Sie hatte der jungen Mutter das Gesicht gewaschen, das Haar gekämmt und sie mit dem Rest von Muznuts feingewebtem Zünderstoff zugedeckt. Ihre Augen glänzten, und sie lächelte sowohl ihr gewickeltes Kind wie ihren Liebsten an. Aber ihre Lippen waren aschgrau und ihre Haut in der
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