Der Bann Der Magie
Gedanke hinter ihren Bewegungen; sie bemühte sich, so wenig wie nur möglich zu denken. Plötzlich blieb sie stehen, starrte auf eine leere Wand und kämpfte gegen das Bedürfnis an, zu weinen - nein, zu schreien, zu brüllen, zu hämmern, Dinge zu zerschmettern.
Er ist tot.
Dazu führte es immer wieder, wenn sie ihren Gedanken nachgab, zur schrecklichen Bewußtheit, daß es ihn nicht mehr gab. Terrel, ihr Gemahl, ihr Liebster, Terrel war tot. So oft und so sehr sie auch versuchte, nicht mehr zu denken, ihre Gedanken machten sich unerbittlich selbständig; so frisch waren die Erinnerungen nach fast einem halben Jahr.
Sie hatten ihn hier in diesem Gemach getötet, während sie schlief. Sie hatte nichts gehört, gar nichts. Als sie aufwachte, lag er nicht neben ihr, dabei war immer sie die erste, die aufstand. Leicht verdrossen, während die Kinder noch schliefen, ging sie hinunter. Ihr Götter, fast wäre sie achtlos daran vorbeigegangen. Trotz all des Blutes.
Sein Blut.
Alles war davon bedeckt, die Wand, der Fußboden, selbst die Zimmerdecke, und in der Mitte lag er mit so bleicher Haut. Seine nackte Leiche wirkte winzig in dieser Ungeheuerlichkeit roten Grauens. Auf dem Rücken liegend, Arme und Beine gekrümmt, aber auf unmögliche Weise - sie hatten seine Knochen gebrochen, hatte der Leichenmann gesagt. Alle Knochen! Wie konnten sie das tun? Es gab so viele Knochen. Wie konnten sie alle brechen?
Er ist tot.
Seine dunklen Augen, so gütig, so schmerzerfüllt. Seine sanfte Berührung, sein warmer Atem an ihrem Hals. Er ist nicht mehr, und sie wußte nicht einmal, warum sie ihn getötet hatten.
»Ihr Götter, habt Erbarmen!« Ihre Augen brannten, aber es kamen keine Tränen. Sie waren im Grauen der vergangenen Monate versiegt. Wenn er gefallen wäre, krank gewesen wäre oder auch einfach gestorben wäre; aber das - dieser blutleere leblose Körper. Sarah wußte, daß diese Erinnerung sie in alle Ewigkeit verfolgen würde.
»Er ist tot!« sagte sie laut und sank in eine kühle Ecke. Der Allmutter sei Dank für Lady Marissa. Sie hatte die Kinder in den Basar mitgenommen. Falls sie ihre Mutter so sähen. Sie schüttelte heftig den Kopf. Wenn sie nur eine Zeitlang davor Ruhe hätte, aber diese schrecklichen Bilder färbten ihre Erinnerung wie das Blut die Wände gefärbt hatte.
Sarah schrak zusammen, als jemand laut an die Tür klopfte. Sie stand auf, zupfte ihr Gewand zurecht. Es konnte nicht Marissa sein, sie war eben erst aufgebrochen. Vorsichtig öffnete sie die Tür.
Die Sonne strahlte hell an diesem Morgen, sie schien durch die Tür und auf den Rücken ihres Besuchers, während sein Gesicht im Schatten lag. Er war groß, hatte breite Schultern und trug eine glänzende Rüstung. Einen Augenblick glaubte sie, es wäre der Standortkommandant Walegrin. Er war sehr gütig gewesen, fast sanft. Ihre Gedanken überschlugen sich. Gab es Neuigkeiten? Hatte man etwas erfahren? Wer die Täter waren.? Aber nein, Walegrin war größer als dieser Mann, größer und muskulöser.
»Sarah«, sagte er, und ungewohnte Gefühle schwangen aus seiner Stimme. Aber da war etwas an ihm. Etwas. Er trat aus den Schatten, und ein stechender Schmerz durchzuckte sie.
Terrel, hätte sie fast gesagt. Die Ähnlichkeit war in seinem Gesicht, obgleich Terrel keine solchen Narben gehabt hattet. Die Haut dieses Mannes war sonnengebräunt, wettergegerbt, hart wie seine Rüstung und sein Körper.
»Cade!« hauchte sie. Er war gekommen. Er war hier.
Einen Augenblick wirkte er verlegen. Er schien in die Schatten zurückzuweichen, aber in seinem Gesicht war die Erinnerung an Terrel.
»Ich würde gern hineingehen«, sagte Cade.
»Oh, selbstverständlich, bitte tritt ein. Entschuldige, ich war so überrascht, bitte komm herein.« Waffen und Rüstung rasselten ein wenig, als er an ihr vorbei hineinging.
»Du solltest erst nachsehen, wer an der Tür ist, bevor du öffnest«, riet er.
»Ja, das sollte ich wahrscheinlich. Darf ich dir etwas anbieten? Zu trinken oder.« Sie beendete den Satz nicht, ihre Verwirrung überwältigte sie. Er drehte sich um, um sie anzusehen.
Auf ihre Weise war sie anziehend. Ihr Gesicht war rund, aber die Wangen eingefallen. Ihre Züge wirkten irgendwie verschleiert. Ihre Augen waren unruhig und stellten sich seinem Blick nicht. Aber sie waren das Schönste an ihr, von gewöhnlichem Braun und jetzt voll tiefen Schmerzes. Sie war hübsch. Eine nackte Schulter war unter dem Gewand zu sehen, das sie in der Eile nicht
Weitere Kostenlose Bücher