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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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dass es nicht schwierig sein würde, sie zu verführen. Er hatte noch immer unter seiner Erfahrung beim ersten
végzet
gelitten und war nicht imstande gewesen zu sehen, dass Krisztinas Weigerung keine Zurückweisung gegenüber ihm gewesen war, sondern gegenüber Márkus. Damals hatte ihre Weigerung ihn blind gemacht vor Wut, und Jakab wand sich innerlich bei dem Gedanken an das, was sich danach abgespielt hatte.
    Seitdem war er auf der Flucht. Anfangs aus Scham und Schande, später aus reiner Notwendigkeit. In Belgrad war er zufällig einem
hosszú élet
begegnet, einem Händler, der ihm von dem Skandal in Budapest berichtet und erzählt hatte, dass der
tanács
jetzt einen der ihren jage. Als der
hosszú élet
Verdacht geschöpft hatte, hatte Jakab ihn getötet. Auch diese Tat bedauerte er kurz – bis er beinahe von seinen Verfolgern geschnappt worden wäre. Das Trauma jener Erfahrung löschte sehr schnell jedes Bedauern aus.
    Er wusste seit Wochen, dass er schon zu lange in Keszthely verweilte. Doch was konnte er dagegen tun? Er hatte Erna Novák kennengelernt, und zum ersten Mal in seinem Leben gab es einen Menschen, den er liebte und der dieses Gefühl erwiderte. Er konnte sie nicht einfach zurücklassen. Er
wollte
nicht. Obwohl er sie erst seit zwei kurzen Monaten kannte, war die Aussicht auf ein Leben ohne sie bereits so freudlos, dass er nicht darüber nachdenken wollte.
    «Jakab? Bitte sprich mit mir. Das sind deine Leute, stimmt’s?»
    Ihr die Wahrheit über seine Herkunft zu verraten war das größte Risiko, das er bisher eingegangen war. Die Enthüllung hatte ihr zuerst Angst gemacht – die
hosszú életek
waren für die meisten ein Mythos. Sie hatte ihn gebeten, es ihr zu zeigen, und er war ihrem Wunsch nachgekommen. Unglaublicherweise war ihre Angst Staunen gewichen, und sie hatte es akzeptiert, hatte
ihn
akzeptiert – nur einer der vielen Gründe, warum er sie nicht aufgeben wollte. «Ja», sagte er. «Wahrscheinlich.
Hosszú életek.
»
    «Und es sind keine Freunde.»
    Er lachte bitter. «Unwahrscheinlich.»
    «Was wollen sie von dir?»
    «Erna, das kann ich dir nicht sagen. Ich habe dir so viel erzählt, dir alles gesagt, was ich kann, aber du musst mir vertrauen. Liebst du mich?»
    «Du weißt, dass es so ist.»
    «Dann glaub mir, wenn ich dir sage, dass es besser ist, wenn du es nicht weißt.»
    Sie waren an einem abgelegenen Teil des Seeufers angelangt, wo eine Erhebung den Blick auf die Stadt hinter ihnen verbarg. Auf dem grasbewachsenen Hang vor ihnen lag eine Decke. Auf der Decke stand ein Weidenkorb mit einem Tuch darüber. Im Korb lagen Brot, Käse, kaltes Fleisch, Schokolade. Neben dem Korb eine Flasche Wein und zwei Gläser.
    Erna sah ihn unter erhobenen Augenbrauen an. «Hast du das gemacht?»
    Jakab zuckte die Schultern. Er hatte einen romantischen Abend geplant, doch ihre Neuigkeiten hatten ihm die Suppe versalzen.
    «Oh, Jakab. Was wirst du jetzt tun?»
    Er zwang sich zu einem Lächeln. «Fürs Erste werde ich diese Flasche Wein öffnen. Möchtest du ein Glas?»
    Sie lagen aneinandergekuschelt auf der Decke, aßen und tranken den Wein. Während es dunkler wurde und die Grillen zirpten, hielten sie sich in den Armen und starrten hinaus auf den Plattensee.
    «Ich muss für eine Weile verschwinden», sagte er.
    Erna versteifte sich. «Ich wusste, dass du das sagen würdest. Gibt es keinen anderen Weg?»
    «Im Augenblick nicht.»
    «Aber du bist ein
hosszú élet
. Kannst du nicht einfach in eine andere Gestalt schlüpfen?»
    «So einfach ist das nicht. Es gibt keine Gestalt, die sie darüber hinwegtäuschen könnte, wer ich bin. Es ist schwierig zu erklären, aber sie würden es merken.» Er stellte sein Weinglas ab, nahm ihre Hände und drehte sich zu ihr um. «Du solltest jetzt nach Hause gehen. Ich muss mehr herausfinden über die Fremden. Jetzt. Heute Abend noch.»
    «Versprich mir, dass du vorsichtig bist.»
    «Natürlich. Können wir uns später noch einmal sehen?»
    «Wo?»
    «Im Wald hinter der Taverne deines Vaters. Wenn du mich pfeifen hörst, komm runter.»
    Sie küsste ihn. «Wir sehen uns später, versprochen?», sagte sie nervös.
    Ihre Unsicherheit verdrehte ihm den Magen, und er schloss sie in die Arme.
     
    Die Nacht brachte kühlere Luft und eine frische Brise, die durch die Straßen von Keszthely tanzte. Jakab folgte Erna, als sie den Platz an der Kossuth Lajos Utca überquerte und sich einen Weg durch Menschentrauben bahnte, die Erholung von der Hitze suchten.
    Die

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