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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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hoffen, frei zu sein, ein Leben mit Erna zu leben, wenn er es nicht tat? Er hatte keine Ahnung, wie lange sie nach ihm suchen würden. Ein Jahr war vergangen seit dem
végzet
. Würden sie in einem Jahr immer noch nach ihm suchen? In zehn Jahren?
    Nachdem Jani außer Sicht verschwunden war und in dem beruhigenden Wissen, dass das
vérérzet
sich als vage Richtungsahnung manifestierte, nicht als ein strahlend helles Leuchtsignal, wagte sich Jakab aus den Schatten der Seitengasse und folgte einem Weg zwischen den Gebäuden hindurch in die Wälder hinter der Taverne.
    Erna kam zehn Minuten nach seinem leisen Pfeifen aus der Deckung der Bäume hervor. Er beobachtete, wie sie sich durch das hohe Gras bewegte, während der Mond ihre Schultern in silbrig-milchiges Licht badete. Der Gedanke, dass dies möglicherweise für eine ganze Weile das letzte Mal war, dass er sie sah, schmerzte ihn mehr, als er ertragen zu können glaubte. Sie entdeckte ihn am Waldrand, und als sie bei ihm war und die Arme um seinen Hals schlang, spürte er heiße Tränen in sich aufsteigen.
    So blieben sie eine Weile stehen, ohne sich zu rühren, die einzige Bewegung ihr Atmen, und lauschten dem bedauernden Gesang von tausend Grillen.
    «Ich habe sie gesehen», sagte er schließlich.
    «Hast du?»
    «Es war gut, dass du mich gewarnt hast. Du hast mir wahrscheinlich das Leben gerettet.»
    «Was wirst du tun?»
    «Ich muss weg von hier. Ich muss diese Sache beenden. Ansonsten werden wir niemals Frieden haben.»
    «Dir geschieht auch nichts?»
    «Mir geschieht nichts, wenn du mir sagst, dass du auf mich wartest.»
    «Was wirst du tun? Wie lange bleibst du weg?»
    «Ich weiß es nicht genau. Aber bestimmt nicht sehr lange. Das verspreche ich dir. Ich glaube nicht, dass ich es lange aushalten würde ohne dich.» Er zögerte. «Das sind kaum die Umstände, die ich mir ausgemalt habe, aber ich hatte dich eigentlich heute Abend am See fragen wollen, ob du meine Frau werden willst.»
    Jetzt wurden ihre Augen feucht. «Wer auch immer diese Leute in der Taverne sind, was immer sie von dir wollen, Jakab, du kennst meine Antwort.»
    «Also wartest du auf mich?»
    Sie küsste ihn, und er spürte ihre Verzweiflung im Drängen ihres Kusses. «Warum muss ich warten? Lass mich mit dir kommen.»
    «Erna, nein.»
    «Warum nicht?»
    «Es gibt Dinge, die ich tun muss. Dinge, vor denen ich dich beschützen will. Dein Platz ist hier, bis ich diese Sache beendet habe. Ich komme zurück. Bald. Und wenn ich wieder da bin, spreche ich mit deinem Vater. Wir machen das so, wie es sich gehört.»
    «Versprich mir das.»
    Jakab küsste sie erneut, und ihre Tränen klebten nass an seiner Wange. Er spürte, wie Wut in ihm aufstieg, eine kalte Wut, die ihn die Fäuste ballen ließ angesichts der Ungerechtigkeit von allem. Die
hosszú életek
hatten ihn ausgestoßen, und er war bereitwillig gegangen – aber sie gaben sich nicht damit zufrieden und ließen ihn nicht in Ruhe. Am Ufer dieses Sees hatte er sein Glück gefunden, und jetzt kamen sie schon wieder daher und bedrohten alles, was ihm lieb und teuer war.
    Für den Augenblick würde er fliehen. Er war nicht auf eine Konfrontation vorbereitet. Er brauchte Zeit zum Planen. Doch er würde zu Erna zurückkehren, und er würde jeden töten, der sich ihm in den Weg stellte.
    In der Tasche spürte er das Gewicht des goldenen Rings, den er für sie gekauft hatte. Er drückte gegen seinen Oberschenkel und schien ihn zu verspotten.
     
    Jakab saß in einem Restaurant in der Nähe des Festetics-Palastes, als er Erna Novák das nächste Mal sah.
    Es war Frühling, und er war seit zwei Tagen zurück in Keszthely. Dies war eine andere Stadt als die, die er in der glühenden Sommerhitze hinter sich gelassen hatte. Diesmal wehte kühle Luft von den Bergen herunter und glitt über das wärmere Wasser des Plattensees. Der aufsteigende Dunst und Nebel hüllte die gesamte Gegend ein wie ein Leichentuch.
    Der Nebel brachte außerdem eine eigenartige Ruhe über Keszthely. Alle Geräusche waren gedämpft. Es klang wie vom Grund eines tiefen Brunnens, wenn ein Hund bellte oder eine Kirchenglocke läutete, und Jakab war nicht in der Lage, zu lokalisieren, woher die Geräusche kamen.
    Er hatte von Anfang an gewusst, dass die Rückkehr nach Keszthely sich anfühlen würde, als wäre er heimgekehrt. Der Nebel entfaltete sein eigenes Willkommen, eine schützende Anonymität, die Jakab in die Arme schloss und ihn in ihrem Frieden wiegte.
    Wie sehr er diesen

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