Der Barbar aus den Highlands
vom Aussehen einer Frau erregt zu werden, in ihren Armen jedoch nur eine abgrundtiefe Kälte zu finden.
Verstohlen musterte er Sir Fergus, Sir Edmund und Lady Anabel. Vermutlich würde es schwierig werden, um Cecily zu werben, und sei es noch so zaghaft; zumal die Werbung nicht seine Stärke war. Seine beste Chance, Cecily nach Glascreag zu bringen, lag darin, ihr zu beweisen, dass ihre Pflegeeltern und ihr Verlobter ihre Treue nicht wert waren. Falls sie nicht aufhörte, sich dem Willen der anderen zu beugen, musste er dafür sorgen, dass sie möglichst oft in seiner Nähe war, und er hatte das Gefühl, dass die Zeit ihm davonlief. Wenn sie nicht freiwillig mit ihm kam und die Hochzeit zu nahe rückte, würde er sie einfach entführen.
Nachdem er einen konkreten Plan gefasst hatte, entspannte sich Artan ein wenig. Die Gesellschaft der anderen bis auf Cecily ödete ihn zwar an, doch das Essen und der Wein waren gut. Anabel saß rechts neben ihm, und er wusste, dass sie wütend war. Ihre finsteren Blicke brannten sich nahezu in seine Haut. Seine Schwestern hatten ihm immer seine mangelnde Empfindlichkeit vorgeworfen, doch unter diesen Umständen war so etwas vielleicht gar nicht so schlecht. Wäre er empfindlicher gewesen, hätte er es wahrscheinlich kaum ausgehalten, an einem Ort zu verweilen, an dem er so offenkundig unerwünscht war.
Als er sich noch einmal von den dargebotenen Speisen nahm, musste er beinahe grinsen. Wenn diese Leute glaubten, er würde aufgeben und nach Glascreag zurückreiten wie ein getretener Köter, nur weil sie ihn düster anfunkelten, dann hatten sie sich gründlich geirrt.
»Ich erinnere mich nicht daran, Euch in Glascreag gesehen zu haben«, bemerkte Cecily leise und hoffte, dass sie nicht so misstrauisch klang, wie sie sich fühlte.
»Ich war nicht dort, als Ihr dort weiltet. Mein Bruder und ich wurden von Angus aufgezogen, doch damals mussten wir nach Donncoill zu unserer Familie, weil unsere Großmutter krank war.«
»Oh, das tut mir leid. Es ist immer schlimm, wenn es mit der Gesundheit der Alten bergab geht, auch wenn man weiß, dass es früher oder später dazu kommen wird. Ist sie wieder genesen?«
»Aye, aber es war knapp. Mittlerweile zählt sie siebzig Jahre und mein Großvater sogar schon achtzig. Ihre Zeit rückt nahe, man kann nur dankbar sein für jeden Tag, der ihnen noch vergönnt ist, und darum beten, dass das Ende gnädig sein wird. Es wird ein großer Verlust für unseren Clan sein, aber sie haben beide ein gutes Leben gehabt.«
Cecily nickte. »Das kann ein großer Trost sein.« Sie zögerte einen Moment, dann fragte sie bedrückt: »Hat mein Onkel denn ein gutes Leben gehabt?«
»Auf alle Fälle. Er ist ein starker, tapferer Krieger und hat sein Land gegen alle Eindringlinge verteidigt.«
Das hatte sie nicht hören wollen, aber sie merkte, dass es für Artan ein großes Lob bedeutete. Als Pflegesohn hatte Sir Artan sicher einige Eigenschaften ihres Onkels übernommen. Wenn sie Artan besser kennenlernte, wäre das fast so, als würde sie ihren Onkel neu kennenlernen.
Sie empfand ein leichtes Unbehagen, als sie Sir Artan heimlich beim Essen beobachtete. Er hatte einen gewaltigen Appetit, doch seine Manieren waren tadellos. Der Mann hielt zwar nicht viel von Höflingen, doch seinem Aussehen und seinen Tischmanieren nach hätte er es mit den meisten von ihnen aufnehmen können. Ihr war nur nicht klar, warum sie plötzlich das Gefühl beschlich, dass es gefährlich sein könnte, Sir Artan näher kennenzulernen. Doch als er sie ansah und lächelte, war ihr, als würde etwas in ihr schmelzen. Genau darin lag die Gefahr – zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich zu einem Mann hingezogen.
»Wollt Ihr noch etwas essen?«, fragte Artan und wunderte sich, dass sie so verblüfft dreinblickte. Cecily staunte über ihren leeren Teller. Sie hatte tatsächlich alles gegessen, was er ihr aufgehäuft hatte. Die Mahlzeiten mit ihrem Verlobten und den Verwandten hatten ihr immer den Appetit verdorben, und auch vor ihrer Verlobung war es ihr schwergefallen, unter der ständigen Beobachtung von Anabel etwas zu sich zu nehmen. An diesem Abend konnte sie auf den Teller mit kaltem Braten, Brot und Käse verzichten, den die freundliche Köchin ihr immer aufhob, damit sie in Ruhe in ihrem Schlafzimmer essen konnte.
»Nay, nay, es war reichlich.« Sie spähte vorsichtig an ihm vorbei und atmete erleichtert auf, als sie feststellte, dass Anabel ihre Völlerei nicht bemerkt
Weitere Kostenlose Bücher