Der Barbar aus den Highlands
besuchen?«
»Zu schreiben. Ich fürchte, er hegt eine gewisse Abneigung gegen die Lowlands und würde nicht hierherkommen, es sei denn, Ihr würdet im Sterben liegen oder in großer Gefahr schweben.«
»Das habt Ihr aber vorsichtig ausgedrückt. Er hasst diesen Ort und hat nie auch nur ein freundliches Wort über die Lowlander verloren.«
»Aber Euren Vater hat er ganz gern gehabt, oder?«
»Aye«, sagte sie leise. »Das schon.« In Erinnerung versunken musste sie ein wenig lächeln. »Onkel Angus hat immer so getan, als sei Papa ein Highlander. Das hat nichts an seiner Meinung über die Tiefländer geändert. Ich glaube, nur die Engländer regen ihn noch mehr auf.«
»Die Engländer regen jeden auf.«
Cecily musste sich ein Lachen verbeißen. Der Mann klang geradewegs so, als handele es sich hier um ein göttliches Gesetz. In mancherlei Hinsicht klang er ihrem Onkel sehr ähnlich. Plötzlich fragte sie sich, in welchem Verhältnis er zu Angus MacReith stand. Ihr Onkel hätte bestimmt nicht irgendeinen beliebigen Mann zu ihr geschickt.
»In welcher Beziehung steht Ihr zu meinem Onkel? Seid Ihr am Ende sogar ein Verwandter?« Aber warum beunruhigte sie der Gedanke, dass er ein naher Verwandter sein könnte? Über ein weiteres Familienmitglied sollte sie doch eigentlich froh sein.
»Ich bin nur ein sehr ferner Cousin. Meine Mutter ist eine Cousine von Angus. Ich glaube, ich bin noch zwei Verwandtschaftsgrade weiter von ihm entfernt als Malcolm.«
»Malcolm?« Cecily kramte in ihrem Gedächtnis nach einem Cousin namens Malcolm. »Ich kann mich nicht recht an einen Malcolm erinnern.«
»Braune Haare, ein schmales, spitzes Gesicht und kleine Augen? Man muss bei ihm unwillkürlich an ein Wiesel denken, ein feiges Wiesel.«
Selbst diese unfreundliche Beschreibung weckte nicht gleich eine Erinnerung.
Cecily dachte noch einmal scharf über ihren letzten Besuch in Glascreag nach. Sie wunderte sich ein wenig, wie deutlich ihr noch alles vor Augen stand, selbst nach so langer Zeit, zumal dieser Besuch ein so tragisches Ende gefunden hatte. Langsam tat sich ein Bild vor ihr auf. Es hatte ein Fest gegeben, zu dem viele andere Verwandte geladen gewesen waren. Ihr Onkel hatte diesen ferneren Verwandten Colin als seinen Erben vorstellen wollen. Zu diesem Fest waren auch eine rundliche Frau und ihr Sohn erschienen; den beiden hatte die Vorstellung von Colin als Erben so wenig behagt, dass es selbst ihr als Kind deutlich aufgefallen war.
»Lady Seaton und ihr Sohn?«
»Aye, Malcolm Seaton. Seine Mutter war ebenfalls eine Cousine von Angus, und sie hat immer damit gerechnet, dass Angus ihren Sohn zum Erben macht.«
»Wenn ich mich recht entsinne, war das ein ziemlich unangenehmer junger Mann.«
»Aye, Eure Erinnerung trifft zu. Er ist es immer noch – verschlagen, schwach, verlogen und berechnend.«
»Ach du meine Güte. Onkel Angus ist bestimmt nicht froh, dass ein solcher Mann eines Tages seinen Platz als Laird einnehmen wird.«
»Aye, das kann man wohl sagen.«
Artan versuchte, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, denn dieses Thema war ihm zu nah an dem eigentlichen Grund seines Hierseins.
Wenn er auch nur eine Minute geglaubt hätte, die Wahrheit würde sie dazu bringen, mit ihm zu kommen, hätte er ihr alles erklärt. Doch sein Instinkt sagte ihm, dass sie es nicht gut aufnehmen würde. Frauen neigten dazu, sich an dem Gedanken zu stoßen, dass sie wegen der Ländereien oder sonstiger Besitztümer, die sie in die Ehe einbrachten, geheiratet wurden, auch wenn das meistens der Fall war. Wenn sie einmal davon überzeugt waren, schenkten sie der Beteuerung, dass es ganz anders sei, keinen Glauben mehr. Natürlich musste er zugeben, dass er Angus’ Erbe sehr gern antreten würde, aber eine Ehe würde er nie allein aus diesem Grund in Betracht ziehen. Doch sobald Cecily erfuhr, welche Vereinbarungen Angus mit ihm getroffen hatte, würde sie seine Gründe, sie heiraten zu wollen, ständig hinterfragen.
Abgesehen davon war er sich noch nicht ganz sicher, ob er Angus’ Wünschen tatsächlich folgen wollte. Cecily war zwar wirklich sehr hübsch, und schon allein ihre Stimme schien ihn zu streicheln und seine Lust zu erregen; doch in einer guten Ehe waren noch andere Dinge neben Eigentum und Schönheit wichtig, und er war noch nicht davon überzeugt, ob er diese bei Cecily finden konnte. Er beschloss, sich demnächst einen Kuss oder zwei von ihr zu rauben; denn er wusste sehr wohl, dass es möglich war,
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