Der Baron und die widerspenstige Schöne
anzunehmen.“ Ärgerlich entriss sie ihm ihre Hand, als die Tanzschritte sie trennten. Dieser unerträgliche Mann. Er schien entschlossen, schlecht von ihr zu denken. Stolz hob Carlotta den Kopf. Sie würde nicht um seine Wertschätzung buhlen.
Mühsam unterdrückte Luke seinen Missmut. Verflucht, man konnte sich nicht mitten in einem Ballsaal streiten. Die Tanzschritte führten ihn an seiner Partnerin vorbei, und er hätte beinah laut über ihren zornerfüllten Blick gelacht. In ihren dunklen Augen stand ein hinreißendes Funkeln, wenn sie wütend war. Offenbar hatte sie vor, ihn während des Tanzes keines Blickes zu würdigen, doch das würde er nicht zulassen. Das Küken sollte lernen, dass sie ihm zumindest mit der gesellschaftlich gebotenen Höflichkeit begegnen musste.
„Wie gefällt Ihnen London, Miss Rivington?“
„Sehr gut, danke.“
Er wartete. Als sie nicht weitersprach, zog er die Brauen zusammen. „Mehr haben Sie nicht zu sagen? Wollen Sie nicht die Unterhaltungs- und Einkaufsmöglichkeiten der Stadt mit überschwänglichem Lob bedenken?“
„Wenn ich das täte, würden Sie mich für ein oberflächliches Wesen halten.“
„Sie ziehen es also vor, wenn ich Sie als Trotzkopf betrachte, den nichts erfreuen kann.“
„Es ist mir gleich, was Sie von mir denken“, sagte sie leise.
Luke schäumte vor Wut. Warum machte ihn das Küken nur so zornig? Er lachte verbittert. „Achten Sie darauf, wen Sie mit bösen Blicken bedenken, Carlotta“, zischte er ihr zu, kurz bevor die Schritte sie wieder trennten. „Womöglich dreht sich der Wind unvermittelt, und Sie werden nie wieder etwas zu lachen haben.“
Carlotta zwang sich zu einem Lächeln. Die gut gelaunten anderen Tänzer sollten nicht merken, dass sie sich mit ihrem Partner stritt. Als sie wieder zusammenkamen, meinte sie honigsüß: „Vielen Dank für Ihren wohlgemeinten Rat, Mylord. Er kam zur rechten Zeit. Nur weil Sie Ihr Temperament nicht zügeln können, muss ich meines noch lange nicht verlieren.“
Sein Lächeln war so aufgesetzt wie das ihre, doch seine Augen glitzerten gefährlich. Sie suchte nach einer banalen Bemerkung.
„Wir haben Glück mit dem Wetter, nicht wahr? Es ist so warm, dass man kein Feuer braucht, dennoch kühl genug, sodass Tanzen ein Vergnügen ist.“ Er antwortete nicht. Vielmehr schien er mit den Zähnen zu knirschen. Carlotta hob die Augenbrauen. „Bitte Mylord. Ich gebe mir solche Mühe, mit Ihnen zu plaudern, sicher können Sie sich die Mühe machen, mir zu antworten.“
„Der Tanz ist beendet, also bleibt mir dies erspart.“
Sie legte ihre Hand auf seinen Arm und ließ sich von ihm von der Tanzfläche geleiten. „Uns beiden bleibt es erspart“, sagte sie leise. „Wir müssen nicht länger höflich zueinander sein.“
„Diese angebliche Höflichkeit ist mir entgangen, Miss Rivington.“
Carlottas Augen verengten sich, doch sie hatte keine Gelegenheit mehr zu einer Erwiderung, da sie mittlerweile bei Lady Broxted angekommen waren, die sich mit ihrer Gastgeberin unterhielt. Ohne ein weiteres Wort ließ Luke sie stehen, doch zu ihrer Erleichterung schien ihre Tante das nicht zu bemerken. Stattdessen zog sie sie zu sich heran.
„Meine Liebe, wir sprechen gerade über ein höchst entzückendes Vorhaben. Mrs. Price erzählte mir, dass Madame Saqui in der nächsten Woche in Vauxhall auftritt. Wir wollten ihre Vorstellung gemeinsam besuchen. Was meinst du dazu?“
„Madame Saqui?“
„Sie ist eine Seiltänzerin“, erklärte Mrs. Price. „Eine wahre Sensation. Bereits im vergangenen Jahr ist sie in Vauxhall aufgetreten. Diese Darbietung war ein großer Erfolg, weshalb man sie in diesem Jahr erneut engagierte.“
„Nun, Carlotta, möchtest du ihre Vorstellung gerne sehen?“
„Gerne, Tante, vielen Dank.“
Mrs. Price klatschte in die Hände. „Dann ist es also abgemacht. Wir gehen alle zusammen. Ich werde außerdem zwei junge Gentlemen bitten, uns zu begleiten, denn gewiss werden Sie und Julia den Abend mit einem attraktiven Kavalier an der Seite viel mehr genießen.“ Ein Tumult an der Tür ließ sie aufblicken. „Nanu, wer kommt denn noch so spät? Ich erwarte niemanden mehr – liebe Güte, das ist ja Ainslowe und seine frisch angetraute Gemahlin!“
Mrs. Price eilte davon, und Carlotta stellte sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick auf das Paar an der Tür zu erhaschen. Selbst aus dieser Entfernung fiel ihr auf, wie sehr James Ainslowe seinem Bruder ähnelte. Zwar war er nicht ganz
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