Der Baron und die widerspenstige Schöne
dass die schlechte Nachricht Sie gleich bei Ihrer Ankunft ereilte.“
„Noch nie in meinem Leben war ich so tief schockiert“, sagte Mr. Woollatt gewichtig, immer noch den Blick auf Carlotta gerichtet. „Sie sind allein hierhergekommen?“
Carlotta errötete. „Es war dumm von mir, ich weiß, aber zum Glück sind Mr. Ainslowe und Lord Darvell rechtzeitig eingetroffen …“
„Ainslowe erzählte, Sie glaubten, Lord Darvell hier zu treffen.“
„Ja. Ich hatte ihm eine Nachricht geschrieben …“
„Eine Nachricht?“ Selbst im Kerzenschein sah sie die Ader auf Mr. Woollatts Schläfe anschwellen. Er war eindeutig verärgert. „Warum um Himmels willen haben Sie denn so etwas getan? Sie sind eine ledige Dame. Sie sollten einem Gentleman keine Nachrichten schreiben. Schon gar nicht einem Gentleman von Lord Darvells Ruf.“
Carlotta atmete tief durch. „Die Angelegenheit war sehr dringend. Ich musste ihm mitteilen …“
„Sie hätten zu Ihrer Tante gehen und ihr die Situation erklären sollen, statt Ihrer Dummheit noch die Krone aufzusetzen, indem Sie sich bei Nacht und Nebel hinausschleichen, um eine heimliche Verabredung wahrzunehmen …“
Carlotta schaute ihn verblüfft an. Eine scharfe Erwiderung lag ihr auf der Zunge, doch sie hielt sich zurück, als sie den sanften Druck von Lukes Hand auf ihrer Schulter spürte.
Kalt meinte Luke: „Sollten Sie zu diesem Zeitpunkt nicht vielmehr Ihrer Erleichterung Ausdruck verleihen, dass Miss Rivington wohlauf ist?“
„Nun, dafür bin ich natürlich dankbar, aber solch unziemliches Benehmen … Ich bin außer mir vor Empörung.“ Er schüttelte den Kopf, und die Miene der Entrüstung tat seiner vornehmen Erscheinung ein wenig Abbruch. „Damit nicht genug. Ainslowe hat mich unweigerlich auch von Ihrer Herkunft in Kenntnis setzen müssen.“
Carlotta hob den Kopf. „Ach, und was ist an meiner Herkunft auszusetzen?“
„Ich denke, das muss ich Ihnen nicht erst sagen“, gab Mr. Woollatt zurück. „Eine Frau, die mit einem Künstler durchbrennt! Ich muss schon sagen, Madam, Sie waren nicht aufrichtig zu mir.“
Luke tat einen Schritt nach vorne. „Miss Riv… Miss Durinis familiäre Verhältnisse mögen ein wenig ungewöhnlich sein, aber dennoch ist sie respektabel und ein Mitglied der Gesellschaft. Lord Broxted würde sie nicht unterstützen, wenn er diesbezüglich Zweifel hätte.“
„Dessen bin ich mir bewusst“, erwiderte Mr. Woollatt gereizt. „Dennoch finde ich, die Weise, in der diese Angelegenheit gehandhabt wurde, unerhört. Was meine Mutter dazu sagen wird – und ich werde es ihr natürlich erklären müssen – daran will ich erst gar nicht denken.“
Carlotta hörte Luke wütend die Luft ausstoßen und sah, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten. Rasch berührte sie seinen Arm und schüttelte unmerklich den Kopf.
„Sie haben recht, Mr. Woollatt“, meinte sie ruhig und trat einen Schritt auf ihn zu. „Es wäre besser gewesen, wenn ich von Anfang an ehrlich mit Ihnen gewesen wäre. Ich hege keinen Zweifel, dass Ihre Mutter schockiert sein wird, wenn sie von meiner Herkunft erfährt. In der Tat glaube ich sogar, dass sie eine solche Verbindung in höchstem Maße missbilligen würde. Das kann ich selbstverständlich nicht zulassen. Vielleicht wäre es daher das Beste, wenn Sie ihr erzählten, dass alles ein Missverständnis war, dass es gar keine Verlobung gibt.“ Sie zog den Diamantring von ihrem Finger und streckte die Hand aus, damit er ihn zurücknehmen konnte.
Für lange Zeit sprach niemand ein Wort. Carlotta war bewusst, dass Luke, James und Mr. Woollatt sie anstarrten, und es brauchte all ihre Willenskraft, mit ausgestrecktem Arm reglos auszuharren. Schließlich nahm Mr. Woollatt mit leichtem Nicken den Ring. Erst da bemerkte Carlotta, dass sie unbewusst die Luft angehalten hatte. Nun atmete sie so leise wie möglich aus und hoffte, dass niemand ihren Seufzer der Erleichterung hören würde.
„Möglicherweise sind wir die Dinge in der Tat etwas übereilt angegangen“, sagte Mr. Woollatt. „Aber da die Verlobung zum Glück noch nicht offiziell verkündet wurde, wird dies auch keinen Schaden auf unser Ansehen nehmen. Wir werden beide in Ruhe noch einmal darüber nachdenken.“ Er kniff die Lippen zusammen und schaute nachdenklich drein. „Vielleicht bringe ich meine Mutter in der nächsten Saison mit in die Stadt und stelle Sie ihr vor. Natürlich wird sie Ihnen kaum verzeihen, dass sie die Verlobung gelöst haben. Wenn
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