Der Baron und die widerspenstige Schöne
Überraschung, um zu den Steinstufen zu hechten. Doch bevor sie aus dem Becken fliehen konnte, hielt er sie wieder fest umschlungen und zog sie zurück ins tiefere Wasser. Wild strampelte sie mit den Beinen, doch ihre Füße verfingen sich in dem nassen Stoff ihres Kleides. Sir Gilberts Gewicht lastete schwer auf ihren Schultern, drückte sie unter Wasser. Sie entwand sich ihm und tauchte nach Luft schnappend auf. Wieder bekam er sie zu fassen und drückte ihren Kopf unter Wasser.
Der Versuch, den Atem anzuhalten, verursachte ein brennendes Gefühl in ihren Lungen, als ob sie gleich zerbersten würden. Carlotta wusste, sie konnte dem Druck nicht mehr lange standhalten. Sie würde sterben. Langsam atmete sie aus, vor ihrem Gesicht stiegen Luftblasen auf. Bald würde sie einatmen müssen, und das kalte, tödliche Wasser würde ihre Lunge füllen. Sie würde ertrinken. Sie versuchte, die Luft anzuhalten, doch es war unmöglich. Ihre leeren, brennenden Lungen schrien nach dem nächsten Atemzug. Gib auf, sagte eine leise Stimme in ihrem Kopf. Gib auf – ein kurzer Schmerz, dann ist es vorbei. Immer schwächer wurde sie, Blut und Wasser rauschten in ihren Ohren. Es war zu mühsam, länger gegen den Tod anzukämpfen.
Plötzlich verschwand das Gewicht über ihr, und starke Arme zogen sie aus dem Wasser. Mit dem Gesicht nach unten lag sie hustend und keuchend auf dem kalten Steinboden. Als sie es wagte, die Augen zu öffnen, sah sie, dass sie in einer immer größer werdenden Pfütze lag, die von ihren nassen Kleidern und Haaren herrührte.
„Gerade noch rechtzeitig, Gott sei Dank.“ Lukes Stimme klang belegt. Seine Hände legten sich stark und tröstend um ihre Schultern. Er half ihr, sich aufzusetzen. Als sie den Blick hob, erkannte sie, dass Sir Gilbert auf dem Boden kniete. James hielt eine Pistole auf ihn gerichtet und lächelte ihr ermutigend zu, als sich ihre Blicke trafen.
Sie schaute Luke an. „Woher … woher wusstest du es?“
„Billy kam zu mir.“
Sir Gilbert hob den Kopf. „Unmöglich. Er ist tot.“
„Nein, er ist sogar quicklebendig“, erwiderte Luke und deutete mit dem Kopf zur Tür, wo Billy breitbeinig mit angriffslustigem Gesichtsausdruck stand. „Reed dachte, er hätte ihn erledigt, aber meinen Burschen bringt man nicht so leicht um.“
Carlotta griff nach Lukes Hand. „Ich habe dir eine Nachricht geschrieben. Ich dachte, du hättest mir eine Antwort geschickt …“
Luke half ihr auf. „Das kannst du mir alles später noch erzählen. Bring Mattingwood zurück zum Haus, und sorge dafür, dass er nicht entwischt, James. Billy wird dir helfen.“
„Kommst du nicht mit?“
Luke hob Carlotta in seine Arme. „Nein, ich muss zuerst sehen, dass ihr wieder warm wird, und das rasch. Es ist mir gleich, ob dieser Schuft sich eine tödliche Lungenentzündung holt, aber Carlottas Leben setze ich nicht aufs Spiel. Sagt ihrer Zofe, sie soll trockene Kleider für ihre Herrin zusammenpacken, und schickt sie in der Kutsche her.“
James nickte Und packte Sir Gilbert am Kragen. „Kommen Sie, Mattingwood. Newgate wartet auf Sie, und damit ein Schicksal, das viel schlimmer ist, als von der Gesellschaft geächtet zu werden, denke ich.“
Während er Sir Gilbert auf die Füße zog, trug Luke Carlotta in die Wärmestube. Im Zimmer war es dunkel. Nur das Mondlicht warf seinen sanften Schein in das Zimmer. Die Asche im Kamin glimmte noch. Mit großen Schritten durchmaß Luke den Raum und legte Carlotta behutsam auf eine der Liegen.
„Zuerst brauchen wir etwas mehr Licht, dann müssen wir dich der nassen Kleider entledigen.“
Wie betäubt schaute Carlotta zu, wie er ein Scheit in den Kamin schob und danach die Kerzen anzündete. Bald darauf erstrahlte der Raum in warmem Licht, in dem sich noch die Überreste des Dinners der Herren befanden. Teller, Flaschen, Gläser türmten sich auf den Tischen an der Wand. Luke ging zu einer der Truhen und holte ein großes Badehandtuch und einen in fröhlichen Farben gemusterten Morgenrock heraus. „Hier, nimm das. Ich werde das Feuer anfachen. Bald wirst du wieder trocken sein. Und ich muss auch die Kleidung wechseln.“ Er grinste, als er sich seinen Gehrock auszog und ihn über einen Stuhl warf. „Allein dich hierher zu tragen, hat meinen Rock völlig durchnässt.“
Carlotta kämpfte mit den Knöpfen ihres Spenzers, während Luke vor dem Kamin kniete und die Glut mit Anmachholz und kleinen Scheiten fütterte.
„Schon besser.“
Sie schaute in die Flammen,
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