Der Bastard von Tolosa / Roman
bestimmt deine Heimat vermisst.«
»Mir hat sie so etwas nie gesagt.«
»Und dass Gott dieses Land verflucht hat. Immer nur Krieg. Ihre Großeltern seien von den Türken vertrieben worden. Und die Christen hätten alle in der Familie umgebracht. Und zuletzt hatte sie Angst, dass die Türken am Ende doch gewinnen und uns wieder alles wegnehmen. Ist das wahr, Papa? Gewinnen die Türken?«
»Nein. Ich glaube, wir sind immer noch ein wenig stärker als sie«, sagte ich, aber ihre Worte hatten mich betroffen gemacht. »Warum durfte ich nicht wissen, was ihr geredet habt?«
»Sie wollte dich nicht bitten. Du hättest es sonst für sie getan. Zu den Franken ziehen, meine ich. Aber es sei in Wahrheit unmöglich gewesen, hat sie gesagt.«
»Und warum?«
Adela starrte mich einen Augenblick lang prüfend an und überlegte, ob es richtig war, mir Nouras Geheimnis anzuvertrauen. Doch dann entschloss sie sich kurzerhand. »Weil du bei den Franken schon eine Frau hast! Und weil Christen nicht zwei Frauen haben dürfen.«
Jetzt war ich wie vom Donner gerührt. »Das hat sie dir erzählt?«
»Ist es denn nicht wahr, Vater?«, fragte sie in scharfem Ton.
Ich sprang erregt auf und ging ein paar Schritte auf und ab, während Adela mich dabei ängstlich beobachtete. Wie konnte Noura ihr solche Dinge erzählen? Ich fühlte mich ertappt, verdammt noch mal! Adela war viel zu jung. Sie wusste nichts vom Leben. Wie sollte ich all dies einem Kind erklären? Aber was half es? Ausflüchte waren nun nicht mehr am Platz. Ich drehte mich um und sah ihr offen ins Gesicht.
»
Certas, filheta.
Es ist wahr.«
Ergeben senkte sie den Kopf, als habe sie nichts anderes erwartet, und ich fühlte mich wie ein lausiger Sünder.
»Warum, in Gottes Namen, hat Mama dir das erzählt?«
Einen Augenblick lang hielt sie die Antwort zurück, und als sie sprach, kamen die Worte nur zögerlich. »Weil
Paire
d’Aguiliers gesagt hat, es sei eine Schande, dass du Mama nicht heiraten würdest.«
»Eine Schande?« Dieser verdammte Pfaffe! Konnte er die Menschen nicht in Ruhe lassen?
Adela runzelte unglücklich die Stirn und nickte. »Das habe ich gehört, und dann habe ich ihr dazu so viele Fragen gestellt, bis sie alles erzählt hat. Mama hat gemeint, ihr könntet nie heiraten und auch nie im Reich der Franken leben. Wegen der Frau dort.« Das hatte sie zornig hervorgestoßen, und nun schluchzte sie heftig. »Und als Mama dann tot war und du mich zu Euthalia geschickt hast, da hab ich gedacht, du willst mich jetzt nicht mehr haben und wirst mich hier allein lassen. Weil du zu deiner anderen Frau heimkehren willst.«
Sie saß wie ein wimmerndes Bündel auf den Steinen und barg ihr Gesicht in den Händen. Ich kniete vor ihr auf den Boden und wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht.
»Adela, mein Liebling! Was für einen Unsinn hast du dir da nur ausgedacht.« Ich rang nach Worten. »Weißt du, diese Frau in meiner Heimat, die hat gar keine Bedeutung. Ich wurde gezwungen, sie zu heiraten, obwohl ich nichts mit ihr zu tun haben wollte. Vor langer Zeit habe ich sie verlassen und habe keinesfalls vor, zu ihr zurückzukehren, hörst du? Deine Mama Noura, sie war meine einzige Frau. Ich habe sie immer liebgehabt, genauso wie dich. Und auch dich würde ich nie allein lassen. Schau her, welch schreckliche Angst ich heute um dich hatte. Ich hätte es nicht ertragen, wenn dir auch nur das Geringste geschehen wäre. Bitte lauf nicht wieder weg. Versprichst du mir das?«
»Ich hab dich auch lieb, Papa«, schluchzte sie und warf mir die Arme um den Hals.
»Wir müssen jetzt zusammenhalten, du und ich. Ich will dich wieder froh sehen. Und du musst mich auch ein bisschen aufmuntern.«
Ein vorsichtiges Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, und sie küsste mir die Wangen. »Mama freut sich bestimmt, dass wir hier zusammen an sie denken.«
Ich hielt sie in den Armen und strich ihr über das dunkle Haar. Es dauerte nicht lange, und Adela schien ihre Tränen vergessen zu haben. Sie machte sich los, und ich bekam Anekdoten über Mägde und Knechte auf dem Gut zu hören, und ihre einfache und direkte Art, Dinge zu sehen und zu beschreiben, machte mir Freude. Wie frühreif sie war. Aber dann dachte ich, wie dumm von mir, anzunehmen, sie sei noch ein Kind und verstünde nichts. War sie doch schon elf Jahre alt und hatte ganz offensichtlich einen klaren Kopf und die Gabe der Beobachtung. Warum war mir dies nicht schon früher aufgefallen? Ich erzählte ihr von meinem Gelübde,
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