Der Bastard von Tolosa / Roman
im Namen der Jungfrau Maria eine Kapelle zu errichten.
»Das hast du versprochen? Für mich?« Sie schaute mich mit runden Augen an. »Wo soll denn die Kapelle stehen?«
»Vielleicht hier im Dorf oder in Tripolis. Und die
Comtessa
und ihre Tochter Anhes könnten zur Einweihung kommen. Was meinst du? Es wird ja eigentlich deine Kapelle sein. Also sollst du es bestimmen.«
»Ich darf sagen, wo die Kapelle gebaut wird? Bist du sicher?«
Der Gedanke gefiel mir.
»Certas!«,
sagte ich mit Bestimmtheit.
Nach kurzer Überlegung antwortete sie entschlossen: »Dann bauen wir sie in deiner Heimat, im Land der Franken.«
»Warum denn das?«, fragte ich entgeistert.
»Weil Mama es sich so gewünscht hätte.« Sie sagte dies mit großem Nachdruck, als ob die Autorität ihrer Mutter für uns beide unantastbar sei.
»Adela, mein Täubchen, wir sind in Tripolis, und ich bin
castelan
der Festung des Grafen. Hast du das vergessen?«
»Du schuldest es Mama«, erwiderte sie mit Entschiedenheit und sah mich mit großen Augen an. Ich war sprachlos. Was, um Himmels willen, hatte sie sich denn da ausgedacht? Aber ich wollte sehen, wohin dies führen würde.
»Und was ist mit dieser Frau in meinem Haus? Ich kann sie nicht fortschicken. Es ist ja auch ihr Haus.«
Adela überlegte einen Augenblick. »Das brauchst du auch nicht.«
»Stört sie dich denn nicht?«
»Nein. Jetzt nicht mehr.«
»Wieso?«
»Du darfst nicht zwei Frauen haben, oder?«
»Richtig.«
»Jetzt gibt es ja nur eine«, erwiderte sie. »Also wird es darüber keinen Streit geben. Und du hast selbst gesagt, dass sie dir nichts bedeutet. Da kann sie uns ja nicht stören.«
»Sie lebt aber in meinem Haus«, erinnerte ich sie.
»Mama hat gesagt, es ist ein großes Haus. Wir wohnen in einem Teil und sie im anderen.«
»Und das hast du jetzt entschieden?«, fragte ich verwundert.
»Du hast gesagt, ich darf sagen, wo die Kapelle gebaut wird.« Sie sah mich angriffslustig an. »Außerdem bin ich neugierig auf dein Haus. Es gehört doch uns. Warum sollen wir dort nicht wohnen? Mama hat es sich gewünscht. Es ist bestimmt ein schönes Haus. Viel besser als die hässliche Festung.«
»Mein Haus ist auch eine Festung. Eine Wachtburg. Viel kleiner allerdings, aber mir gefällt sie gut.«
»Wirklich?« Sie lächelte, fast ein wenig verträumt. »Und wie ist das Land so drum herum?«
»Berge und Flüsse. Es ist grüner als hier. Es wächst alles, was du dir denken kannst. Weizen, Wein, Obst, Oliven und Gemüse. Es regnet mehr als hier, und der Boden ist gut.«
»Hast du Tiere?«
»Natürlich. Pferde und Rinder, Schweine und Ziegen. Und Geflügel, viele Gänse. Morgens gibt es frische Eier.«
Adela strahlte. »Siehst du, Mama hatte recht. Besser als hier.« Ihre gute Laune war ansteckend.
»Seltsam«, sagte ich nachdenklich. »Vor ein paar Tagen habe ich einen Brief von meinem alten Onkel Odo bekommen. Der will auch, dass ich heimkehre.«
»Siehst du? Jetzt sind wir schon zu dritt. Mama, ich und dein Onkel.« Sie grinste mich herausfordernd an. »Jetzt musst du auch ja sagen, Vater.«
Ich musste lachen und konnte sie gut verstehen. Das Gut war unsicher geworden, und wir fühlten uns beide nicht mehr wohl an diesem Ort. Zumindest nicht im Augenblick. Später vielleicht würden wir uns hier auf dem Lande wieder einrichten können. Aber für die nächste Zeit war ich ratlos.
»Wir sollten uns auf den Weg machen«, sagte ich und erhob mich.
»Fahren wir mit dem Schiff?«
»Adela«, erwiderte ich etwas ungeduldig. »Zunächst reiten wir nach Tripolis. Und über Seereisen denken wir nach, wenn du größer geworden bist.« Ihre Schultern sackten gleich nach unten, und sie sah mich mit traurigen Augen an. Schon tat sie mir leid. »Ich werde es mir ernsthaft überlegen. Aber versprochen ist gar nichts!«
»
Paire
Georgios hat einen Rosenstrauch für mich«, verkündete sie auffällig rasch wieder froh und lief, um den Priester zu suchen. Ich sah ihr kopfschüttelnd nach und wurde den Eindruck nicht los, dass sie mich geschickt zu lenken verstand. Eine durchtriebene kleine Eva war meine Tochter, dachte ich vergnügt. In Zukunft sollte ich auf der Hut sein.
Bald kehrte sie mit dem Priester im Schlepp zurück. Der trug eine Schaufel und einen kleinen Rosenbusch, den Adela selbst liebevoll neben den Grabstein pflanzte. Dabei stach sie sich an einem Dorn, und ein kleiner Blutstropfen trat hervor. Den betrachtete sie aufmerksam, dann drückte sie den Finger auf den
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