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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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ihrer Meinung freien Lauf, redete viel und brachte mich zum Lachen mit witzigen Anspielungen und Beobachtungen. Sie zeigte ohne Scheu ihre Gefühle, war stürmisch in der Freude wie im Leid, doch mit einem scharfen Verstand ausgestattet. Überraschend für mich war, wie sehr ich es genoss, ihr Vater zu sein. Sie berührte mein Herz und gab mir die Freude am Leben zurück.
    Wir befanden uns in der heiligen Woche, und eingedenk der Leiden Christi verlangt die Kirche, dass man auf fleischliche Genüsse und Vergnügungen verzichtet. Völlerei und Feste hatten mir nie viel bedeutet, doch täglich die Messe zu besuchen, danach stand mir nicht der Sinn, und so unternahmen wir Ausritte. Adela saß erstaunlich gut im Sattel und hatte eine sichere Hand mit ihrer geliebten Stute Kohar, was Juwel auf Armenisch bedeutet. Meist galoppierten wir lange Strecken am Strand entlang, besuchten meine neuen Freunde, die Fischer, und aßen gegrillten Fisch, Krebse oder Muscheln mit ihnen. Adela gewann in kurzer Zeit die Herzen der einfachen Männer, die sich überboten, ihr Leckerbissen zuzubereiten. Ich trank ihren süßen Minztee und beobachtete Adelas ausgelassenes Spiel mit den Pferden und Hunden am Strand.
    Einmal, als es ihr zu warm wurde, sprang sie vom Pferd, riss sich den Umhang vom Leib und warf sich, nur mit ihrem Leinenhemd bekleidet, mit Lachen und Gekreische in die anrollenden Wogen. Die Hunde sprangen laut bellend hinterher. Das war nach ihrem Geschmack. Später schüttelten sie sich, dass das Wasser in alle Richtungen flog. Adela wickelte ich in meinen Mantel, aber sie zitterte den ganzen Weg bis zur Festung, denn das Meer war noch kalt. Ihrer guten Laune und ihrem Redeschwall tat dies jedoch keinen Abbruch. Seltsamerweise kam der Gegenstand einer Reise ins Frankenreich, wie sie meine Heimat nannte, nicht mehr zur Sprache. Doch ich war sicher, die Sache war nicht vergessen.
    Auch Alexis schien weniger bedrückt, stellte ich befriedigt fest, und Euthalia war zum siebten Mal schwanger, wie Arnaud mir freudig mitteilte. Diese Frau schien wie geschaffen zum Gebären gesunder Kinder, denn alle hatten bisher überlebt, ist doch der Tod im zarten Alter häufig genug. Ich schalt Arnaud, dass es nun genug sei und seine Brut uns bald alle Vorräte wegfressen würde, und ob er meine, es fehle an Normannen in der Grafschaft.
    Nach dem neuerlichen Überfall auf mein Dorf war es mir wichtig, die Plage der türkischen Freischärler zu beenden. Deshalb bat ich Bertran, sie aufstöbern zu lassen und das umliegende Land zu sichern. Zuerst zögerte er, denn er hatte vor Wochen bereits einen Teil des Heeres zur Unterstützung König Balduins Belagerung von Beirut ausgesandt. Aber dann sah er ein, dass wir ein Zeichen setzen mussten. Er bestimmte, Raimon Pilet selbst solle das Kommando führen, und wollte nun die Sache gleich auf den Weg bringen. Noch am Tag des letzten Abendmahls unseres Herrn kam Pilet zu mir, um seinen Kriegsplan zu besprechen, denn trotz der
festa de pasquas
würden sie im Morgengrauen ausrücken. Nach dem Gespräch umarmten wir uns, und ich wünschte ihm Glück.
    »Sag den Mädels bei Barbara, sie sollen ihr Bett für mich warm halten«, grinste er und stolperte mit klirrenden Sporen die Stiege hinunter.
    Trotz des üblichen Streits mit dem alten Geizkragen Bruder
Albertus befahl ich dem Eunuchen Philippos, nach Ostern einen Bautrupp mit Ochsenkarren voller Bauholz in die Hügel zu schicken, um den Dorfbewohnern gegenüber mein Versprechen einzulösen. Die drei Gefangenen, Ricards zwielichtige Kumpane, wurden aus dem Verlies entlassen und fortgeschickt. Ich hörte, dass der Mann, der Joan hieß, sein Glück in Jerusalem versuchen wollte. Die anderen waren kaum fähig zu laufen, und halb trug man sie irgendwo ins Lager. Wo sie dort unterkamen oder was mit ihnen weiter geschah, scherte mich nicht im Geringsten.
    Ricard selbst hatte sich bislang nirgends öffentlich gezeigt. Ich hatte die ganze Begebenheit fast vergessen, als er mir unverhofft über den Weg lief. Es war an dem Tag, als ich wegen der türkischen Plünderer um eine Audienz bei Graf Bertran gebeten hatte. Der maulfaule Mönch mit der düsteren Miene, der ihm als
secretarius
diente, hieß mich warten, da der Graf noch beschäftigt sei. Ich ließ mich gegenüber Bertrans Audienzsaal auf einer Bank nieder und sammelte meine Gedanken für das Gespräch mit ihm. Lange dauerte es nicht, bis durch die großen Flügeltüren die Laute einer aufgeregten Zwiesprache

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