Der Bastard von Tolosa / Roman
jetzt von dort zurück?«
Ich nickte.
»Verdammt, ich hab mich oft gefragt, was aus dir geworden ist.« Er zog mich mit einem Bärengriff an sich und schmatzte mir einen Kuss auf die Wange. Dann packte er meine Schultern und musterte mich von oben bis unten mit feuchten Augen.
»Was bin ich froh, dich lebend und bei guter Gesundheit zu finden! Eines hab ich gelernt. Nichts ist wichtiger, als gesund an Leib und Seele zu bleiben, das kannst du mir glauben!« Mein Freund murmelte nochmals sein Beileid, dann fasste er Adela unters Kinn und schaute ihr lächelnd ins Gesicht. »Bei allen Heiligen! Was für ein hübsches Mädel.« Dabei boxte er mir in die Rippen und grinste.
Obwohl Alfons und Hamid sich nicht kannten – Hamid war erst später zu mir gestoßen – und der eine Christ, der andere Muslim war, so fühlten sie sich dennoch gleich vertraut miteinander, denn gleiches Los verbindet. In groben Zügen erzählten wir Alfons, wie es uns im weiteren Verlauf des Krieges ergangen war, und berichteten über gemeinsame Freunde, was sich leider zumeist darauf beschränkte, wann und wo sie gefallen waren. Das stimmte uns für einen Augenblick traurig, und wir hoben feierlich die Becher und tranken auf tote Kameraden. Irgendwann kamen wir auf
Coms
Bertran zu sprechen.
»Bertran ist kein schlechter Mann. Ich sah es ungern, dass er Tolosa verließ«, seufzte Alfons.
»Man sagt, die großen Familien wollten ihn loswerden.«
»Das ist richtig. Jetzt haben sie mehr Spielraum für eigene Zwecke, denn Elvira herrscht nicht wirklich. Ihre sogenannten Berater entscheiden alles.«
»Sagt dir der Name Borcelencs etwas?«
»Natürlich«, entgegnete Alfons. »Die rühren in diesem Brei mit einem besonders großen Löffel.«
»Sie sollen, zusammen mit anderen Baronen, Bertran das Gold für sein Heer gegeben haben, damit er sich aus Tolosa heraushält.«
»So sagt man. Der alte Borcelencs hat es nie verwirkt, dass sein Fürst, Graf Guilhem, so schmählich abtreten musste, auch wenn es Ewigkeiten her ist.«
»Waren die Borcelencs denn auf der Seite der Aquitanier, als diese Tolosa einnahmen? Ich meine, Felipa hat doch gerechtfertigte Ansprüche.«
»Nein, nein! Der Alte war ein redlicher Mann. Die Grafschaft den Aquitaniern auszuliefern, wäre in seinen Augen Verrat gewesen. Gerade deshalb war er hochgeachtet unter den Baronen.«
»Und jetzt ist er tot?«
»So ist es. Und die beiden Söhne gieren nach Macht. Die sind nicht aus dem gleichen Holz wie der Alte und haben wenig Bedenken, jeden aus dem Weg zu räumen, der sich ihnen entgegenstellt. So heißt es zumindest. Der Ältere ist immer bei Hof. Er scheint Elviras erster Berater zu sein. Vielleicht sogar mehr, so anmaßend, wie der sich gibt.« Alfons lachte gehässig. Dann zog er mit verschmitztem Grinsen die Schultern hoch. »Aber was weiß ich? Vielleicht nur Geschwätz.«
»Und der andere?«
»Die Brüder sind sich nicht besonders grün. Im Gegensatz zu seinem Bruder macht der Jüngere sich lieb Kind bei den ehemaligen Anhängern des Vaters. Man munkelt, dass er ihnen süßes Gift in die Ohren träufelt. Es wird von Aufruhr gegen Elvira und Raimons Balg geflüstert.«
Mein Gott, dachte ich. In einer solchen Vipernhöhle hatte Bertran sein Leben verbracht. »Und Felipa hält sich ruhig?«
»Im Augenblick zumindest. Aber es heißt, sie hat überall Spione. Wie eine Schlange, die ihr Opfer anstarrt, wartet sie auf die erste Gelegenheit, über Tolosa herzufallen. Ich sag dir, Jaufré, es brodelt im Kessel, und ich fürchte, bald fliegt der Deckel ab, denn es fehlt die starke Hand.« Er seufzte. »Der alte Raimon hatte die Dinge im Griff. Auch Bertran auf seine Weise. Jetzt herrscht Gesetzlosigkeit.«
Und das brachte ihn darauf, von Gaunereien und Überfällen im Allgemeinen zu reden, die in den letzten Jahren stets schlimmer geworden waren. »Seid auf der Hut, besonders, wenn ihr Wertvolles mitführt. Wegelagerer gab es schon immer, aber inzwischen hat es Ausmaße angenommen …«
»Und wieso?«
»Zu viele überzählige Mäuler. Herrenlose Söldner, Söhne, die nichts zu erben haben. Was soll ein Mann dann anderes tun, als seine Klinge dem Meistbietenden zu verkaufen? Und findet er keinen Brotherrn, dann ist der Pfad der Tugend schnell verlassen. Weißt du, wie viele zerlumpte Heimkehrer am Bettelstab gehen?«
»Aber sie haben doch ehrenvoll gekämpft. Wird ihnen keine Achtung gezollt?«
»Es wird viel über unser Heldentum geredet. Die adeligen Krieger sonnen
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