Der Bastard von Tolosa / Roman
heilig, wie Ihr wisst.«
»Ebenso wie den Mauren«, entgegnete ich. »Jeder will Jerusalem für sich. Das ist keine Stadt, sondern ein ewiger Zankapfel. Für den Augenblick gehört sie uns, doch da wird noch mehr Blut fließen, schätze ich.«
»Bittere Worte,
Cavalier,
aber sicher wahr. Dabei habt ihr Christen euch doch redlich bemüht, die Stadt zugrunde zu richten.« Er sprach leise, doch seine Stimme war kalt geworden, und er lächelte nicht mehr. »
Ad dei gloriam,
so heißt es doch, nicht wahr? War es auch zum Ruhme Gottes, dass ihr die Synagoge meines Volkes angezündet habt, gefüllt mit Flüchtenden, Alten, Frauen und Kindern?« Er blickte aus dem Fenster, als wolle er mir nicht in die Augen sehen.
Ich schwieg, denn er hatte die Wahrheit gesprochen, und sich an die Greuel und Massentötungen von Jerusalem zu erinnern, war selbst für mich allzu schmerzlich.
»Ihr habt also Beute gemacht?«, fragte er schroff und mit einem verächtlichen Unterton, nachdem er sich mir brüsk wieder zugewandt hatte. Dachte er, ich hätte seine Brüder in Jerusalem ausgeraubt? In der Tat, wer konnte schon wissen, wessen Haus geplündert wurde. Aber Beute ist der Lohn des Soldaten, sagte ich mir und ertrug seinen frostigen Blick.
»Können wir zur Sache kommen?« Ich war ungeduldig geworden.
Er streckte mir wortlos die offene Hand entgegen, um die Wechsel, die ich in Händen hielt, in Empfang zu nehmen.
Aber ich hielt sie zurück. »Es ist wahr, ich war in Jerusalem, doch Juden habe ich nicht verbrannt. Aber wenn Ihr meinen Anblick nicht ertragen könnt …« Ich wandte mich zum Gehen.
»Verzeiht!« Er war näher getreten. »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Es ist sonst nicht meine Art.«
»Ihr habt recht, verbittert zu sein. Auch ich habe so viel an Grässlichkeiten erlebt, dass ich für mein Lebtag genug von Hass und religiösem Eifer habe. Euer verfluchtes Jerusalem kann mir gestohlen bleiben. Ich wünschte, sein unseliger Anblick wäre mir erspart geblieben!« Ich hatte mit mehr Heftigkeit gesprochen als beabsichtigt.
»Das sagt Ihr, ein Krieger Eures Gottessohnes?«
Ich grinste bissig. »Erzählt es niemandem weiter!«
Er schüttelte traurig den Kopf. »Und alles im Namen Gottes!«
»Das glaubt Ihr doch wohl selbst nicht.«
»Nein?
Dieu lo volt!
haben sie geschrien.«
»Ich weiß. Ich habe es selbst geschrien.«
»Und jetzt seht Ihr es anders?«
»Wir sind alle Abrahams Söhne, oder etwa nicht?«
Damit reichte ich ihm die Wechsel. Sein Blick ruhte unverwandt auf meinem Gesicht. Dann ging er ohne ein weiteres Wort mit den Papieren zum vergitterten Fenster und sah sie sorgfältig durch, auch den Fetzen Pergament, den der Genuese mir mitgegeben hatte und in dem er sich für meine
documenti
verbürgte.
»Es hat alles seine Ordnung,
Senher
Jaufré.« Er deutete auf einen Stuhl und bat mich freundlich, Platz zu nehmen. »Und Ihr müsst mir glauben, ich wollte Euch nicht beleidigen. Vergesst meine harschen Worte. Es geht mich nichts an, wie Ihr zu Eurem Gold gekommen seid.«
Von diesem Augenblick an hatte sich die Stimmung gewandelt, und Ephraim behandelte mich zuvorkommend und geflissentlich. Er entschuldigte sich und verschwand im Inneren des Hauses. Eine junge Frau erschien und brachte mir Erfrischungen. Ich bat sie, auch Brun draußen einen kühlen Trunk zu bringen. Nach geraumer Zeit erschien der Alte in Begleitung zweier kräftiger Männer, die mich misstrauisch musterten. Sie trugen Ledersäcke voller Gold und Silber, die sie auf einem Tisch ausleerten, der an der Wand stand. Darauf befand sich eine Waage, wie sie Geldwechsler benutzen. »Ihr seid der Neffe des Erzbischofs, nicht wahr?«, sagte Ephraim, während die Männer Münzen abwogen und in passende Häufchen legten.
»Das bin ich.«
»Und Ihr besitzt ein
castel
in der Corbieras.«
»Auch das.« Es schien, als gebe es nichts in dieser Stadt, von dem er nicht wusste.
»Euer Oheim ist immer ein gerechter Patron für uns Juden gewesen. Es freut mich deshalb, Euch gefällig sein zu dürfen.«
Sie waren mit dem Zählen der Münzen fertig, und Ephraim wies auf meinen überaus beachtlichen Hort.
»Das also ist Euer Schatz.« Nun entfernte er einen kleinen Teil davon und schob ihn auf die Seite. »Und das ist ein halbes Zehntel. Meine Bezahlung dafür, dass Ihr das Gold schon jetzt bekommt und nicht erst in vier Wochen.«
So lief das also, dachte ich. So viel kostete mich meine Ungeduld. »Es ist der gängige Preis«, fühlte er sich
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