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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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verdrehte. Denn schon bald sollte sich herausstellen, dass Jaume ständig in irgendeiner großen Liebe verstrickt war, nur der Gegenstand dieser heftigen Zuneigung änderte sich leider häufig. Seinem sonnigen Gemüt und nicht zuletzt seiner Begabung als Lautenspieler verdankte er, dass sich immer neue, freiwillige Opfer für diese unersättliche Liebeslust fanden.
    Doch das ging mich nichts an. Ich brauchte einen verlässlichen Waffenknecht, und wie er so vor uns stand, machte Jaume einen willigen und tatkräftigen Eindruck. Außerdem hatte sich Brun für seine Treue und Fähigkeiten als
soudadier
verbürgt, so dass ich ihn, ebenso wie Brun, aus unseren mitgeführten Vorräten mit besseren Waffen versah.
    »Wir hätten dich unterwegs gebrauchen können, Jaume.«
    »Habe schon gehört, Herr. Aber auch ohne mich habt Ihr Euch wacker geschlagen, wie ich hörte«, erwiderte er lachend. »Das nächste Mal bin ich dabei, das müsst Ihr mir versprechen.«
    »Kann schneller geschehen, als du denkst, denn wenn sich hier die Aufregung über unsere Ankunft gelegt hat, dann will ich nach diesen Wegelagerern suchen.«
    War Nemos Bande für die Übergriffe verantwortlich, über welche die Bauern geklagt hatten? Obwohl, worin sollte sein Gewinn liegen, Scheunen zu verbrennen oder Brunnen zu vergiften?
    Hamid rieb nach unserem Ritt seinen Hengst ab, und Alexis kümmerte sich um Ghalib. Die Araberstuten, auch Adelas Reittier, hatten wir oben auf den Weiden unter Aufsicht der Männer aus dem Dorf gelassen, denn sie mussten bald rossig werden, und wir hatten noch keine Entscheidung getroffen, wie wir sie decken lassen würden.
    ***
    Am gleichen Nachmittag erschien im Dorf eine Frau auf einem Esel und verlangte nach mir. Alexis führte sie zu mir in die
alberc.
    »
Mossenher
Jaufré?«, fragte sie, als sie vor mir stand. Sie hatte eine angenehme Stimme, tief für eine Frau.
    Ich nickte und musterte sie aufmerksam. Sie war etwas jünger als ich, von gefälligem Aussehen und trug Kleidung von erstaunlich guter Beschaffenheit. Zuerst kam sie mir etwas rundlich vor, bis ich bemerkte, dass sie mehrere Kleidungsstücke gleichzeitig trug, eines über das andere gezogen, so dass man sich wunderte, ob es ihr nicht zu warm würde. Ihre Haut war von der Sonne verbrannt, wie bei jemandem, der sein Leben im Freien verbringt. Hinzu kam, dass sie ganz allein auf einem Esel dahergeritten war. Mir kam der Verdacht, sie trug vielleicht alles, was sie besaß, am Leib und wohnte nicht in einem Haus wie andere Menschen.
    »Was ist dein Begehr, Weib?«, fragte ich misstrauisch.
    »Ich bin Enrics Mutter«, sagte sie geradeheraus. Dabei zitterte ihre Unterlippe, und die Augen füllten sich mit Tränen. »Ist er noch am Leben?«
    »Na, so was, Enrics Mutter!«, erwiderte ich erstaunt. »Es geht ihm gut. Die Frauen füttern ihn täglich mit gebratenen Tauben und Kapaunen.«
    Sie fand meinen Scherz nicht zum Lachen. »Ihr habt geschworen, ihn gehen zu lassen.«
    Das war also Nemos Räuberbraut. Und die Kleider waren Diebesgut, das man frommen Pilgerinnen vom Leib gerissen hatte.
    »Er ist verwundet.«
    »Verwundet?« Ihre Hand war an den Mund gefahren, und in ihren Augen stand die Angst.
    »Nicht sehr schlimm. Nur, dass er für immer humpeln wird.«
    »Mon Dieu!«,
rief sie und rang die Hände. »Wer hat ihn so verletzt?«
    »Er und andere hatten vor, uns die Kehlen durchzuschneiden«, antwortete ich kalt. »Auch meiner eigenen Tochter, wenn du es wissen willst.«
    Sie stöhnte tief auf, ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Dabei nickte sie, als habe sie alles schon geahnt, und meine Worte seien nur die Bestätigung all ihrer Ängste.
    »Sei froh, dass er lebt. Andere waren nicht so glücklich.«
    »Was werdet Ihr jetzt mit ihm tun?«
    »Du wagst viel, hierherzukommen. Ich sollte euch beide richten!«
    Trotz meiner Worte blickte sie mich gefasst an. »Nemo sagt, Ihr habt Euer Wort gegeben und werdet es nicht brechen«, und seltsam entschlossen fügte sie hinzu: »Und wenn Ihr es dennoch tut, so ist es Gottes Wille, und ich will im Tod bei meinem Kind sein.«
    Einige Augenblicke lang schwiegen wir und starrten einander an. Ich abschätzend, sie ernst, fast ergeben. Ihr Vertrauen war entwaffnend. Diese Frau entsprach nicht dem Bild einer Hure von Mördern und Halsabschneidern. Außerdem hatte sie Mut.
    »Sag mir, wie du heißt und wie es kommt, dass dein Sohn unschuldige Reisende überfällt.«
    Ihre Brust hob und

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