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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Pferde wurden getroffen. Ich zog den Schild vom Rücken und legte die Lanze an. Keine Zeit mehr, den Helm aufzusetzen. Ich stieß dem Hengst brutal die Sporen in die Flanke, riss den Schild hoch und galoppierte zehn Schritte vor, um Bertran zu decken. Dabei brüllte ich: »Zu mir, zu mir! Schützt den Grafen!«
    Pfeile schlugen hart und mit lautem Schlag in meinen Schild ein. Ich sah mich um. Bertran saß regungslos im Sattel und blickte verwirrt um sich. Die Überraschung schien ihn gelähmt zu haben. Sein
escudier,
der ihn hätte schützen sollen, war nirgends zu sehen. Drei Reiter stoben zu unserer Hilfe. Einer erhielt gleich einen Pfeil durch die Kehle. Er starrte mich entsetzt an. Dann drang ihm ein Schwall von Blut aus dem offenen Mund, und sein Schrei erstickte in gurgelnden Lauten. Die beiden anderen halfen, Bertran mit erhobenen Schilden zu decken. Mehr und mehr Pfeile trafen uns, einer prallte von meinem Kettenpanzer ab, ein anderer blieb im Lederwams darunter stecken. Unter der Deckung der Schilde hindurch sah ich einen Mann unserer Vorhut im vollen Galopp aus der Schlucht fliehen, aber ein ganzer Schwarm von Pfeilen traf sein Reittier, und er stürzte schwer aus dem Sattel. Es war unser Freund Guilhem
Galinier.
Ein Pfeil traf ihn am Helm, ein zweiter glitt von seinem Panzer ab, während er sich benommen hochrappelte und seinen Schild vom Boden hob. Da war Hamid schon bei ihm und griff nach seinem Arm. Guilhem ließ den Schild fahren und krallte sich am Sattelknauf fest, und so zog Hamid ihn außer Reichweite der Pfeile.
    Bertran hatte sich inzwischen von seinem Schreck erholt und gab seinem Gaul die Sporen. Wir galoppierten ihm nach. Ich sah, dass einer der Männer, die mir geholfen hatten, Roger, der Ritter aus der Provence war. Ich weiß nicht, wie die Hunde es geschafft hatten, unversehrt zu entkommen, aber da waren sie und liefen in langen, kraftvollen Sätzen hinter mir her. Ohne sie wären wir ahnungslos in die Falle gelaufen. Auch Guilhem war wieder zu Pferde. Er musste sich eins der reiterlosen Tiere gegriffen haben.
    Unser Trupp floh in gestrecktem Galopp über die große Lichtung zurück, verfolgt von feindlichen Kriegstrommeln, die nun über die Lichtung dröhnten. Ich warf einen Blick über die Schulter. Kein Zweifel, es waren Seldschuken auf ihren schnellen, wendigen Pferden, die in Scharen aus ihren Verstecken im Wald brachen. Leicht gerüstete Nomadenreiter von den Stämmen aus Anatolien oder den Steppen Asiens, mit Bögen, kleinen Schilden und langen Schwertern bewaffnet. Sie folgten uns mit Pfiffen und wildem Geheul und dem Ruf
»Allãhu akbar«.
Sie waren weit in der Überzahl, mindestens das Fünffache unserer kleinen Schar von hundert Mann, und unsere kopflose Flucht trieb sie zu hastiger Verfolgung an.
    Die Hufe unserer Schlachtrosse donnerten über den ausgetrockneten Boden. Am Ende der Lichtung blieb uns nur der Waldweg den Berg hinauf, den wir gekommen waren. Mit ihrer leichten Bewaffnung und schnelleren Pferden würden sie uns jedoch bald einholen und zermürben. Angriff und Scheinrückzug. Diese Art zu kämpfen hatten sie zur Vollkommenheit entwickelt. Gelang es ihnen, eine ausreichende Zahl unserer Reittiere lahm zu schießen, dann würden wir absitzen und unser Heil hinter den Schilden suchen müssen. Aber sie würden uns einkreisen und immer wieder mit Pfeilen belegen, bis wir alle tot waren. Unsere Stärke lag allein im Nahkampf, und die einzige Rettung war ein mutiger Gegenangriff.
    Der Boden stieg an, und unter dem Gewicht der gepanzerten Reiter begannen die Gäule, heftiger zu atmen. Schaum flog ihnen von den Mäulern. Es klirrten Waffen, Zaumzeug und Beschläge. Rechts und links warfen die Männer mir unruhige Blicke zu. Sie warteten auf meinen Befehl. Ich blickte abermals über die Schulter. Unser wilder Galopp hatte den Feind überrascht, und es war uns gelungen, Abstand und damit Zeit zu gewinnen. Erneut pfiff ich durch die Finger, zerrte an den Zügeln und riss abrupt den Rappen herum.
    »In Linie, doppelte Schlachtreihe. Auf mein Kommando!«, brüllte ich. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie unser kleiner Tross von Packtieren weiter bergauf flüchtete und sich in Sicherheit brachte. Einer der Knechte hörte jedoch auf Guilhems wilde Flüche und zerrte für ihn Schild und Lanze von einem der Maultiere, bevor er den anderen folgte.
    Ich war froh, dass der harte Drill Früchte trug, denn in wenigen Augenblicken waren wir in gerader Linie zum Angriff formiert und bildeten

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