Der Bastard von Tolosa / Roman
Flusslauf aus den Bergen gespeist wird. Es gibt genug Wasser, um die üppigsten Gärten zu unterhalten. Die Stadt ist sehr alt. Schon seit Kain und Abel ist dieser Ort bewohnt.«
Die meisten in der Tafelrunde konnten sich unter einer Wüste nicht viel vorstellen, bis Hamid die Unendlichkeit der Sanddünen beschrieb, von Beduinen in ihren Zeltlagern erzählte und von diesen einzigartigen Tieren, den Kamelen, die große Lasten tragen und viele Tage ohne Wasser auskommen können. Alles lauschte mit aufgesperrten Ohren und gelegentlichen Ausrufen des Erstaunens.
Berta saß am Kopf der Tafel mit Hamid als Ehrengast zu ihrer Rechten, ihm gegenüber Raol und Martin, dann in bunter Reihenfolge Adela, Joana, Brun, Jaume, ein gewisser Peire de Lambesc, Hauptmann der Burgbesatzung, und weitere Waffenknechte, deren Namen ich mir noch nicht gemerkt hatte, der alte Albin, Drogo und seine Frau Gisla sowie Drogos Sohn Jaufré, mein Patenkind. Und zuletzt ich selbst am anderen Ende der Tafel.
Wir befanden uns in der
aula,
ein großer Name für den kleinen Saal auf der Burg, dichtgedrängt um eine aufgebockte und mit sauberem Leinen bedeckte, festliche Tafel. Löffel und bemalte, glasierte Teller an jedem Platz, Trinkbecher aus Zinn, dazu irdene Wassergefäße, um zwischen den Gängen die Finger zu reinigen. Kerzen auf der Tafel umgaben die Gesellschaft mit warmem Licht, an den Wänden brannten Fackeln in eisernen Haltern. Die Hitze der offenen Flammen machte den Raum trotz der weit geöffneten Fenster etwas stickig. Weinkrüge gingen reihum und mussten häufig nachgefüllt werden. Dank der vielen Vorräte, die Joana herangeschafft hatte, war das Essen reichhaltig und schmackhaft. In Knoblauchsud geschmortes Hasenfleisch, Fasan vom Rost, in Rotwein gekochten Schinken, Hirsebrei mit Rosinen und Bohnengemüse mit frischen Zwiebeln und Kräutern. Nur an Brot fehlte es, denn zum Backen hatte die Zeit gefehlt.
Verstohlen beobachtete ich Berta am anderen Ende der Tafel. Sie war in ein einfaches, ungefärbtes Leinengewand gekleidet, das Haar unter einem schlichten Stirnband hochgesteckt. Auch Schmuck trug sie nicht. Und dennoch hielt sie Hof wie eine Königin. Ihre Wandlungsfähigkeit war erstaunlich. Bei unserer ersten Begegnung war sie eine fauchende Wildkatze gewesen, dann, während Roberts Besuch, die würdige und selbstbeherrschte Burgherrin, und nun gab sie sich als freundliche Gastgeberin, bedachte alle Anwesenden mit einem herzlichen Lächeln und sorgte sich, dass die Mägde jedem ein gutes Stück auf den Teller legten.
Mich hatte sie höflich begrüßt, ansonsten jedoch wenig beachtet. Kein Wort über die vergangenen Tage, nicht einmal über Borcelencs, als wäre das alles nicht geschehen. Dafür widmete sie sich umso mehr Hamid, zeigte sich wissbegierig und folgte all seinen Ausführungen mit großer Hingabe.
»Lieber
Cavalier
Sarasin!
Einem Mann wie Euch zu begegnen«, rief sie entzückt, »das hätte ich mir nie träumen lassen. Man kann sich kaum eine Vorstellung von Eurer fremden Welt machen.«
Mein Freund deutete eine kleine Verbeugung an. »Ich bedanke mich für Eure Gastfreundschaft,
Domna
Berta, möge Allah Euch segnen.«
So turtelten sie schon den ganzen Abend, während ich mich langweilte. Aber wenn mein Freund sich zum Hanswurst machen wollte, dann sollte es mir recht sein. Zur Abwechslung fragte ich Gisla nach ihren Kindern, hörte jedoch nur halb zu. Magdalena kümmere sich um ihren Sohn, und dessen Wunde beginne, langsam zu heilen, nicht zuletzt dank Joanas Pflege. Albin und Drogo waren in ein Gespräch über die Geheimnisse der Damaszener Schmiedekunst verwickelt. Brun und Jaume machten leise Bemerkungen untereinander und lachten. Plötzlich fiel mir auf, dass dieser Peire de Lambesc mich aus halb geschlossenen Lidern und mit einem abfälligen kleinen Lächeln auf den Lippen beobachtete, dann aber schnell wegsah, als mein Blick ihn traf.
»Woher kommt dieser Lambesc?«, fragte ich Drogo verstohlen.
»Ein Gascogner
soudadier
«, raunte er. »Ich mag ihn nicht besonders, aber er scheint seine Sache gut zu machen. Berta nahm ihn als Ersatz für Brunon. Du erinnerst dich doch an Brunon, oder? Ist leider vor sechs Monaten gestorben.«
»Brunon ist tot?« Fast hatte ich unseren alten Waffenmeister vergessen, mit dem ich mich oft im Schwertkampf geübt hatte.
»Wir haben seine Leiche mit eingeschlagenem Schädel im Wald gefunden. Wilderer oder Viehdiebe vermutlich.«
Zu viele unglückliche Zufälle in Rocafort.
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