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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Reitknechte führte einen noblen Braunen vor, und Robert schickte sich an, ebenfalls in den Sattel zu steigen.
    Unter den Pferden in Borcelencs’ Gefolge befand sich ein prächtiger Schimmel, gepflegt und kostbar aufgezäumt. Dieser Hengst machte einen lebhaft feurigen, dennoch beherrschten Eindruck. Wahrhaft das Reittier eines Fürsten. Umso erstaunter war ich, dass es Raol war, der die Zügel dieses Tieres ergriff und schon den Fuß in den Steigbügel setzte, als Berta ihn scharf zurückrief.
    »Raol!«, befahl sie. »Hiergeblieben! Du wirst nicht mit ihnen reiten!«
    »Aber Mutter!«, rief der Junge kläglich und blickte hilfesuchend zu Robert, der mit finsterem Gesicht auf seinem Braunen saß und schließlich mürrisch mit den Schultern zuckte. »Er ist wie immer bei mir willkommen!«, sagte er widerwillig und zu Raols Erleichterung.
    »Kommt nicht in Frage!«, erwiderte Berta scharf. »Nimm deine Habseligkeiten, Raol, und gib das Pferd zurück!«
    »Aber Mutter!«, schrie der Junge noch einmal.
    Robert raffte sich auf und sprang ihm mit mehr Nachdruck zur Seite. »
Domna
Berta. Der Hengst ist ein Geschenk. Ich sehe nicht, warum Ihr Euren Sohn bestrafen wollt, nur weil …«
    Der Gaul musste ein kleines Vermögen wert sein. Warum bestand Robert darauf, dass Raol ihn behalten durfte? Kaum aus Liebe zu meinem Sohn.
    »Du tust, was ich dir sage, Raol!«
    Ihre Stimme hatte schneidend und endgültig geklungen. Dem Jungen schoss das Blut in die Wangen, aber er gehorchte. Mit hochrotem Kopf und bitter heruntergezogenen Mundwinkeln hob er eine Satteltasche vom Hengst und schickte sich an, auch Helm und Schild herunterzunehmen.
    »Diese Waffen gehören dir nicht!« Berta war unerbittlich.
    Raol sah sie gequält an, nahm langsam sein Schwert vom Gürtel, ihm als Einzigen hatten meine Männer die Waffe gelassen, und schleuderte es ihr zusammen mit dem Rest der Ausrüstung trotzig vor die Füße. Dann warf er sich die Satteltasche über die Schulter und stürmte ohne ein weiteres Wort den Weg zur Burg hinauf, Rücken steif vor Entrüstung und verhaltener Wut. Ich blickte ihm nach und konnte seine Scham und Erniedrigung fast am eigenen Leibe spüren. Es war, als sähe ich mich selbst vor so vielen Jahren unter Cecilias scharfer Zunge ducken. Aber Berta hatte natürlich recht.
    Auch Robert widersprach nicht länger. Als er sich von mir beobachtet fühlte, tippte er bedeutsam mit dem Finger auf die Brust seines
surcots,
wo er meine Sterbeurkunde eingesteckt hatte, und grinste bösartig, ganz so, als hielte er mit diesem Schriftstück mein Leben in seiner Hand. Für jetzt allerdings gab er dem Braunen die Sporen und verließ grußlos das Dorf, eiligst gefolgt von seinen Männern.
    Berta nickte grimmig, aber befriedigt.
    Ohne mich oder irgendjemanden eines weiteren Blickes zu würdigen, machte sie sich ebenfalls auf den Weg zur Burg. Nur der kleine Martin war zurückgeblieben und starrte mich nachdenklich an. Ernst nickte ich ihm zu. Da erschien ein schüchternes Lächeln auf seinen Zügen. Er hob zögernd die Hand wie zum Gruß. Dann drehte er sich um und folgte seiner Mutter.
    Später fanden sie den weißen Hengst unten am Fluss an einen Baum gebunden, mitsamt Sattel und Raols Waffen. Ich dachte darüber nach, was das bedeuten mochte. Wie eine Einladung kam es mir vor. Eine Einladung für Raol. Und was hatte er vom
Ring der Tolosaner
gefaselt? Das war noch seltsamer.

Bertas scharfe Zunge
    Sancta Chlotilda, Patronin der Frauen, Bekehrung der Ehegatten
    Sabbatum, 4. Tag des Monats Juni
    T rotz des gestrigen Vorfalls blieb das Burgtor weiterhin verschlossen. Aber inzwischen war es mir damit nicht mehr so eilig, denn Berta hatte sich ehrenhaft verhalten, und wenn sie noch etwas Zeit brauchte, dann sollte mir das recht sein. Ich war überhaupt beeindruckt, wie selbstbewusst und entschlossen sie aufgetreten war. Das war tatsächlich nicht mehr das schüchterne Mädel, das ich in Erinnerung hatte.
    In der
alberc
saßen meine Gefährten und ich beim Morgenmahl, ebenso wie Joana, die ihr Nachtlager mit Adela in einer der winzigen Kammern aufgeschlagen hatte. Die beiden waren gestern lange im Wald gewesen, um Joanas Kräutersammlung aufzufrischen, und hatten dadurch ein Gutteil des Aufruhrs versäumt. Cortesa stellte eine große Holzschüssel mit warmem Haferbrei auf den Tisch und verteilte Löffel, damit sich jeder bedienen konnte. Joana warf eine Handvoll Nüsse hinein und süßte mit Honig.
    »Dieser ewige Brei!«, murrte

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