Der Bastard von Tolosa / Roman
mit Hamid einen belustigten Blick aus.
»Vater ist der beste Krieger in Outremer«, krähte Adela plötzlich und wurde rot, als alle sie erstaunt ansahen.
»Also raus damit!«, wandte ich mich wieder an den Jungen. »Was hat dir deine Mutter aufgetragen?«
»Sie lädt euch alle ein!«, sagte er aufgeregt, und seine Armbewegung umfasste den ganzen Raum. »Heute zum Abendmahl in die
aula.
«
»Deable!«,
rief ich überrascht. »Sie will wohl Frieden schließen!«
Er nickte ernst. »Ich glaub schon … Vater.«
Das erleichterte Gelächter, das die Tischrunde daraufhin anstimmte, überraschte den Jungen, doch dann lachte er kräftig mit.
***
Über den Nachmittag verteilt kehrten Maultiere und Wagen vollbeladen zurück, und mit dem letzten kamen auch Joana und Alexis. Die Mönche in Cubaria hatten seltsamerweise nur wenig von ihren Vorräten herausgeben wollen, und Joana hatte mehrere Dörfer unserer adeligen Nachbarn abwandern müssen.
Wohlig stöhnend kühlte sie ihre Füße in einem Bottich mit Wasser. »Es war nicht einfach, Jaufré«, erzählte sie und reichte mir den Rest meines Silbers. »Um diese Jahreszeit müssen alle mit ihren Vorräten haushalten. Morgen treiben sie eine kleine Herde Kühe her, die wirst du noch bezahlen müssen. Das ersetzt nicht, was wir an Vieh verloren haben, aber es ist ein Anfang.«
»Wie würdest du alles verteilen?«
»Wir haben einiges zur Burg hinaufgeschafft. Der Rest hat Zeit bis morgen. Berta wird es entscheiden. Wie immer.«
Aha. Berta entscheidet. Wie immer. Nun, langsam würde ich selbst die Zügel in die Hand nehmen müssen, dachte ich unmutig. Es gab viel zu klären.
»Hast du mit ihr geredet? Was hat sie jetzt vor?«
»Du kannst auf der Burg wohnen. Sie wird dir den Platz räumen.«
»Welch ein Sinneswandel!«, rief ich erstaunt.
»Es fällt ihr nicht leicht, glaub mir. Aber sie sieht ein, sie kann dir nicht dein Haus verwehren. Wir werden alle enger zusammenrücken und ihr ein paar Kammern in der Vorburg einrichten müssen.« Sie sah sich um. »Oder vielleicht hier.«
»Ein Umzug aus ihren Gemächern? Das sieht vor den Leuten im Dorf nicht gut aus. Ich will sie nicht erniedrigen. Warum bleibt sie nicht einfach, wo sie ist?« Da ich gewonnen hatte, konnte ich es mir leisten, großzügig zu sein.
»Dein Bett wird sie gewiss nicht teilen«, erwiderte Joana spitz, »falls du darauf anspielst.«
»Natürlich nicht!«, sagte ich entrüstet. »Ich könnte mich oben im Turm einrichten. Hamid wird bald sein eigenes Haus haben, und Adela schläft in deiner Kammer. Dann muss niemand umziehen. Was meinst du?«
»Im Turm?«, fragte sie, und ihr Gesicht verdunkelte sich. »So wie früher, als du dich da oben eingesperrt und mit niemandem mehr geredet hast?«
»Ich sperre mich nicht ein. Diese Zeiten sind vorbei«, beruhigte ich sie. »Nein, ich möchte nur das Beste für alle, auch für Berta. Außerdem mag ich den Turm. Wo gibt es einen besseren Ausblick, eh?«
Joana sah mich misstrauisch an. »Wir werden sehen, ob das gutgeht«, seufzte sie schließlich. »Bertas Burgfrieden ist auch an einige Bedingungen geknüpft. Das solltest du wissen.«
»Was für Bedingungen?«
»Das wird sie dir selbst erklären.«
Ich zuckte unbekümmert mit den Achseln. Über Bedingungen machte ich mir keine Gedanken. Es gab nur einen
Castelan
hier, und der war ich. Der Rest würde sich ergeben. Es sollte nichts überstürzt werden, aber zur rechten Zeit würden wir in aller Ruhe Bertas Zukunft regeln. So jedenfalls stellte ich mir die Sache vor.
***
Bertas Abend war ein Erfolg, auch wenn das nachfolgende Gespräch unter vier Augen weit weniger angenehm wurde.
Zur Unterhaltung aller Anwesenden hatte Hamid von seiner Heimatstadt Damaskus erzählt. Von Märkten und Plätzen, von Moscheen und Palästen, von den Einrichtungen für Kranke, von Häusern der Wissenschaft und Gelehrsamkeit. Er erzählte von Karawanen, die Gewürze und Seide aus dem fernen Osten brachten, und vom Überfluss in den
villae
der Reichen. Hamids Redseligkeit überraschte mich, da er sonst wenig über seine verlorene Heimat sprach. Es musste Berta sein, die diese Wirkung auf ihn hatte.
»Und wo liegt diese wunderbare Stadt?«
Man merkte, sie hatte Schwierigkeiten, sich einen solchen Ort auszumalen, aber mit klugen Fragen ermunterte sie Hamid und entlockte ihm immer neue Einzelheiten.
»Drei bis vier Tagesreisen von Tripolis entfernt. Damaskus liegt in der Wüste. Es ist eine fruchtbare Oase, die von einem
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