Der Bastard von Tolosa / Roman
nicht, was ich erwartet hatte, aber nicht dieses herrische und bockige Weib. Und dass sie meinen Tod wünschte, hatte mich tief verletzt.
Bald traf ich auf die Straße nach Quilhan, wandte mich aber in Richtung Rocafort. Linker Hand auf einem sanften Hang fand sich ein Pachthof. Auch auf der rechten Seite erstreckte sich kultiviertes Land bis hin zum Waldgürtel, der den Felshügel umgab. Ich würde auf dem Viehmarkt in Quilhan Rinder kaufen, und mit Gottes Hilfe würden sich unsere Verluste in einigen Jahren ersetzen lassen. Vielleicht sollten wir auch neue Rodungen anlegen oder eine kleine Mühle ein Stück weiter flussaufwärts errichten. Ich erinnerte mich an eine Stelle, wo der Fluss ein paar Teiche bildet. Dort ließe sich ein Wehr bauen, um das Wasser aufzustauen und durch eine Mühle zu leiten. Vielleicht sollten wir sogar Karpfen im Mühlteich aussetzen. Herrgott, wie viele Jahre hatte ich kein fettes Karpfenfleisch im Mund gehabt? Joana hatte sie immer in Kräutersud gedünstet.
Mit triefendem Mantel, denn es regnete seit einer Weile, und dem Kopf voller Pläne kam ich zu unserer Zollstelle an der Brücke über das Flüsschen. Einer der Wachleute, die gestern das Abendmahl mit uns geteilt hatten, trat aus der Wachhütte in den Regen und grüßte ehrerbietig. Der Anblick der großen Hunde verunsicherte ihn, bis ich ihn beruhigte.
»Nicht viel los heute?«, fragte ich.
»Alles ruhig,
Castelan.
Kaum Reisende unterwegs.«
»Solltet ihr nicht zu zweit sein?«
»Nicht am Tag des Herrn. Es sind jetzt nur wenige Wachleute auf der Burg. Da hat die Herrin entschieden, sonntags soll einer genügen.«
»In Ordnung. Wie heißt du übrigens?«
»Lois Bertran, Herr.«
»Ein guter Name. Ich will ihn mir merken.«
Er freute sich über das Lob und lächelte.
»Zeig mal das Kerbholz«, bat ich ihn.
Der Mann lief zur Hütte und holte es. Ein fast armlanges Stück Holz, über den größten Teil seiner Länge durchgesägt, damit es sich später leicht in zwei Teile spalten ließ. Etwa zur Vollmondzeit wurde jeweils ein neues begonnen. Die Kerben wurden über beide Hälften geschnitten und verzeichneten die Einnahmen. Den halben Zoll mussten wir dem Kloster überlassen, so war meine Abmachung gewesen. Am Ende des Monats wurden die Kerbholzhälften endgültig getrennt und eine Hälfte den Klosterbrüdern mit ihrem Anteil an Münzen übergeben. So ließ sich die Richtigkeit jederzeit von beiden Seiten überprüfen. Natürlich konnte man nie ganz ausschließen, dass einen die eigenen Wachleute betrogen. Es war klug, ein Auge auf sie zu halten.
»Da ist wenig drauf«, sagte ich.
»Ist noch früh im Jahr.«
»Da hast du recht.« Später nach der Erntezeit, wenn mehr Kaufleute unterwegs waren, würde die Ausbeute reicher werden.
»Hat das Kloster seine Hälfte vom letzten Monat schon bekommen?«
»Natürlich«, erwiderte er. »Aber nicht nur die Hälfte.«
»Was meinst du?«
»Sie bekommen jetzt alles.«
»Was?«, fragte ich ungläubig. »Wir haben alle Kosten und sie alle Einnahmen?«
»Bis das Geld zurückgezahlt ist, das die
domina
schuldet.«
Sie wollen uns das Blut aussaugen, die frommen Brüder von Cubaria, dachte ich grimmig. Doch das wird sich bald ändern. Ich reichte ihm das Kerbholz zurück.
»Halt die Augen offen, Lois Bertran.«
Er nickte. »Schönes Pferd habt Ihr da, Herr!«
»Davon werden wir bald mehr züchten. Du wirst es sehen.«
Ich winkte ihm zu, pfiff die Hunde zu mir und begann den Aufstieg zur Burg. Dabei dachte ich an Raol und seinen Groll gegen mich. Ich wollte ihn endlich näher kennenlernen. Es war Zeit, mit ihm zu reden, so wie ein Vater mit seinem Sohn spricht.
Aber dazu kam es nicht, denn als ich Ghalib in den Stall brachte, hieß es, Raol sei mit Peire de Lambesc ausgeritten. Seltsam. Ich hatte die beiden unterwegs nicht bemerkt, und niemand konnte mir sagen, welchen Weg sie genommen hatten. Im Stall fehlte der Schimmel. Oje, dachte ich. Das wird Berta gar nicht mögen.
Den Nachmittag verbrachte ich im Turm, um etwas Ordnung in meine Sachen zu bringen. Peire Alfons, der Zimmermann, und zwei Knechte bauten mir ein Bett zusammen. Tisch und Stühle folgten bald, ebenso eine große Truhe. Fürs Erste reichte es.
Adela kam die Stufen heraufgeklettert und schaute sich um. »Nicht sehr behaglich«, war ihr Urteil. »Außerdem zieht es.« Sie schüttelte sich und rieb sich die Arme. Dann erzählte sie von Hamid und Martin, die sie beim Bogenschießen beobachtet hatte.
»Martin mag
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