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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Zicklein auf dem Arm und lächelte vertrauensvoll zu mir hoch. Es war die Kleine, die ich mit ihrer
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gesehen hatte. Mein ist die Verantwortung für sie alle, dachte ich verwundert und seltsam berührt.
    Hamid hatte meine Gedanken erraten.
    »Soldaten sind entbehrlich«, raunte er. »Aber das hier …«
    »Ja«, gab ich zu. »Das hier ist anders.«
    Soldaten rechnen mit dem Tod, denn es ist ihr Handwerk. Aber Alte, Mütter und Kinder? Gelang es dem Feind, irgendwo auch nur eine Bresche zu schlagen, dann waren sie alle der Willkür des Kriegsrechts ausgeliefert. Ich dachte an Outremer. Dort hatten wir Städte belagert, Mauern untertunnelt, uns zum Sturm auf die Befestigungen gerüstet. Immer waren wir die Angreifer gewesen, während unser Feind mit Weib und Kind hinter seinen Mauern gezittert haben musste.
    Nun war es umgekehrt.
    Der Regen hatte aufgehört, und im Westen zeigten sich die ersten Sonnenstrahlen. Die Luft war feuchtfrisch und klar nach dem Sturm. Langsam traf Roberts Hauptmacht ein. Am Waldrand unten, in respektvoller Entfernung vor unseren Pfeilen, füllte sich die Wiese mit Reitern. Helme und Kettenpanzer schimmerten silbern. Gut zwanzig an der Zahl mit einem Dutzend Knechten und Ersatzpferden. Robert musste sich unter ihnen befinden, obwohl ich ihn nicht erkennen konnte. Sie begannen, Zelte zu errichten.
    »Für mich immer noch in Reichweite«, grinste Hamid. »Soll ich ihnen ein paar Pfeile zur Begrüßung schicken?«
    »Nein. So unüberlegt, wie ihre Vorhut angegriffen hat, scheinen sie unsere Kampfkraft zu unterschätzen. Die halten uns für Bauerntölpel. Lass sie in dem Glauben.«
    Da stand plötzlich Martin neben uns. Das Lächeln dieses Jungen konnte saure Milch in Nektar verwandeln. Ich fuhr ihm mit der Hand durch die blonden Locken und musste dabei wieder an Joanas ungeheuerliche Beichte denken. Raol und Martin sollten Nachkommen der Tolosaner Grafen sein? Wenn es stimmte, dann floss das Blut des großen Guilhem
Talha Fer
in ihren Adern! Vergeblich suchte ich nach Sant Gilles oder Bertrans Zügen in Martins fröhlichem Gesicht. Aber da fand ich nur Berta wieder. Raol, mit seinem schmalen Antlitz und seiner Körpergröße, kam der Sache schon näher. Und hatte meine kleine Adela ihre Leidenschaft von Almodis, ihrer verrückten Urgroßmutter, von der hundert Legenden im Umlauf waren? Das alles wollte mir überhaupt nicht in den Schädel hinein. Nach außen gab ich mich ruhig, aber in meiner verwirrten Seele brodelte es.
    Martin blickte neugierig über die Zinne.
    »Da kommt sein Fußvolk«, bemerkte er sachkundig wie ein kleiner General. »Sie sind gut bewaffnet.«
    Ein großer Trupp
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war angerückt, ich schätzte an die achtzig Mann, Schild auf dem Rücken, Schwert an der Seite und Spieß auf der Schulter. Dazu ein Dutzend Bogenschützen. Alle waren in Borcelencs’ Farben gekleidet. Unsere Leute auf der Mauer starrten besorgt auf die schiere Menge der feindlichen Kämpfer hinunter. Ich konnte mir vorstellen, was in ihren Köpfen vorging, und schlug deshalb einen leichten Ton an.
    »Unwichtig, wie viele es sind«, sagte ich so, dass mich alle hören konnten. »Sie können nur an einer Stelle angreifen, und da sind wir im Vorteil.«
    Hamid nickte. »Hier werden sie sich die Zähne ausbeißen.«
    »Robert lässt sich die Sache etwas kosten«, bemerkte ich seelenruhig, als berührte mich der feindliche Aufmarsch wenig. »Das sind Söldner, die für Gold kämpfen. Mal sehen, wie bereit sie sind, für Robert auch zu sterben.«
    »Jedenfalls scheinen sie es bequem zu mögen!«, meinte Hamid lachend und deutete auf den umfangreichen Tross von Maultieren, der die Wiese erreicht hatte. Knechte machten sich daran, die Tiere von ihrer Last zu befreien. Männer holten sich ihr Gepäck und was sie an persönlicher Ausrüstung mitführten. Ein großes Kochzelt entstand etwas abseits, fertig mit Kesseln und Pfannen, einem mächtigen Dreifuß für eine Feuerstelle, Säcke mit Korn und Bohnen wurden unter der Zeltplane gestapelt, Fässer voller Pökelfleisch, Amphoren mit Öl und Wein. Das Futter für die Tiere, Getreide und Gemüse würden sie natürlich von unseren Feldern stehlen. Aber ansonsten würde es ihnen nicht an Annehmlichkeiten fehlen. Hamid hatte recht. Eine gut versorgte Truppe war das da unten.
    »Würde mich nicht wundern«, grinste ich, »wenn Robert auch seinen Badezuber dabeihat und Gaukler zur Unterhaltung.«
    Es war kein wirklich guter Augenblick für Witze, andererseits hat ein

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