Der Bastard von Tolosa / Roman
plötzlich zwischen den Zähnen hervor. »Und den Ring! Tut nicht so unschuldig. Ihr wisst genau, was ich will.«
Es gab also tatsächlich ein Testament, zumindest schien Robert es zu glauben. Die Frage nach dem Ring meines Vaters überraschte mich. Und dann begriff ich. Es musste Guilhems Ring sein, nicht Ramons. Roberts Züge waren hart und lauernd geworden. Der Graubart und Lambesc trugen das gleiche dümmliche Grinsen wie vorher. Sie waren nur gedungene Schergen und hatten nichts verstanden. Aber Ricard nickte wissend und wartete ebenso gespannt auf meine Antwort. Dieser Höllenhund weiß Bescheid, dachte ich. Was hat Robert ihm versprochen?
Ich ließ mir Zeit mit meiner Antwort. »Natürlich«, sagte ich dann langsam, während sich mein Blick in Roberts Augen bohrte. »Das Testament und der Ring. Das Siegel der Macht, nicht wahr?« Als er meinen Gesichtsausdruck sah, zogen sich seine Brauen zusammen, und sein Mund wurde hart. Er wusste, was ich ihm antworten würde, noch bevor ich es sagte.
»Va en enfern!«,
murmelte ich schließlich und wiederholte es lauter, dass alle es hören konnten. »Fahr zur Hölle, Borcelencs!«
In diesem Augenblick gab es einen unerwarteten Aufruhr hinter uns am Burgtor und schnelle Schritte, die sich näherten. Wie ich später erfuhr, hatte Berta die Unterhandlung in äußerster Unruhe beobachtet. Verstehen konnte sie kein Wort von ihrem Standort auf der Mauerzinne, und die Sorge um Raol hatte sie halb um den Verstand gebracht. Da stand der Kerl, der ihren Sohn in seiner Gewalt hatte. Wie konnten wir so gesittet mit seinen Entführern reden? Sie hatte sich nicht mehr beherrschen können.
»Wo ist mein Sohn, du Bastard?« Ihre Stimme überschlug sich fast. »Was hast du mit ihm gemacht?«
Was, zum Teufel, tat sie hier? Ich drehte überrascht den Kopf. Sie näherte sich rasch. Mit sprühenden Augen, wehenden, blonden Haaren und fliegenden Röcken sah sie wie eine Rachegöttin aus, als wolle sie sich auf Borcelencs stürzen und ihm die Augen ausreißen.
Da bemerkte ich aus dem Augenwinkel eine Handbewegung, sah, wie Ricard plötzlich den Umhang zurückwarf, hinter seinem Rücken eine gespannte Armbrust hervorholte und diese in einem Schwung auf mich richtete. Das war die Erklärung für die Mäntel, die sie trugen. Es ging so schnell, dass ich keine Zeit hatte, den Schild zu heben, bevor der Bolzen auf mich zuraste. Nur leicht nach rechts konnte ich mich noch drehen, und schon schlug der Pfeil mit Wucht in meine linke Brustseite ein. Ich spürte einen stechenden Schmerz und strauchelte über einen Stein, mehr aus Überraschung eigentlich, und fiel schwer zu Boden.
Jetzt geschah alles gleichzeitig.
Brun und Hamid sprangen vor, um mich mit ihren Schilden zu decken. Graubart und Lambesc hielten plötzlich ebenfalls Armbrüste in den Händen, so erzählten sie mir später. Jaume versuchte, Berta abzufangen. »Jaufré,
mon Dieu!
«, hörte ich sie aufschreien und fand sie plötzlich neben mir auf den Knien und spürte ihren heißen Atem auf dem Gesicht. Dann ein dumpfer, hohler Schlag. Ein Bolzen musste einen Schild getroffen haben. Ein weiterer schlug in den Boden neben uns ein. Ich blickte hoch, und da sah ich sie rennen. Robert und seine Mörderbande liefen den Hang herunter. Gleichzeitig preschte unten eine johlende Masse feindlicher Söldner vor. War das der Angriff?
Jaume bekam endlich Berta zu fassen und zerrte sie hoch und hinter sich her. Hamid und Brun packten mich unter den Achseln und schleiften mich rücklings den Hang hinauf auf das Tor zu. Mit Bedauern blickte ich meinem Schild nach, der vergessen liegen geblieben war. Ein verdammt guter Schild.
»He!«, schrie ich. »Was soll das? Ich kann selbst laufen.«
Doch sie hörten nicht, bis sie mich in Sicherheit hatten und das Tor mit lautem Krachen hinter uns zugefallen war. Schon das zweite Mal heute. Erst dann ließen sie mich los. Ich stöhnte vor Schmerz, als ich zu Boden glitt, und fasste mich an die Brust.
Diesmal war es Berta, die sich harsche Worte gefallen lassen musste. Verlegen und noch atemlos saß sie auf dem Stein der Pferdetränke und ließ Joanas Vorhaltungen über sich ergehen. Wie könne eine erwachsene Frau sich so unsinnig benehmen, tobte diese, während Hamid ihr half, mein Kettenhemd abzustreifen. Er brach den befiederten Teil des Bolzenschafts ab, um ihn von den Kettengliedern befreien zu können. Jede Bewegung schmerzte, und ich fluchte leise vor mich hin. Genau so war es Pilet ergangen.
»Sie
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