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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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zu Hause. Der Krieg in Roergue zog sich über Jahre in die Länge und erforderte seinen ganzen Einsatz. Außerdem teilten sie seit langem nicht mehr das Ehebett. Anhes begann, weite Kleider zu tragen, und später zog sie sich in ein Kloster zurück. Dort ist Jaufré in aller Heimlichkeit geboren worden.«
    »Aber die Nonnen!«
    »Nur die Äbtissin wusste Bescheid. Vielleicht die eine oder andere Schwester. Doch sie wurden zur Verschwiegenheit verpflichtet.«
    »Laut Bertran gab es aber Gerede«, sagte ich.
    Joana blickte mich überrascht an. Dann zuckte sie gleichmütig mit den Schultern. »Gesinde tratscht gern, wie du weißt. Zum Glück hat es wohl niemand ernst genommen.«
    Welche Ängste musste Anhes ausgestanden haben, dachte ich. Nicht auszudenken, wenn die Sache herausgekommen wäre.
    »Aber wie kann man ein Neugeborenes im Kloster verstecken? Die guten Schwestern sind doch nicht dumm?«
    Joana war rot geworden. »Ich bin für meine Herrin eingesprungen«, sagte sie leise. »Ich hatte eine kurze Liebschaft, schon vor der Reise nach Carcassona, auf der ihr Graf Guilhem zum zweiten Mal begegnet war. Ein junger Taugenichts, der mich rumgekriegt hat.«
    »Du auch?« Trotz der Schmerzen in meiner Brust musste ich lachen, als ich mir die beiden Verschwörerinnen vorstellte, die eine schwangerer als die andere. »Nicht zu glauben!«
    »Mach dich nur lustig über mich«, sagte Joana drohend. »Aber so war es, bei meiner Seele. Mein Kind habe ich einer Bauersfrau gegeben, die Gott mit Unfruchtbarkeit geschlagen hatte.«
    »Du hast dein Kind weggegeben?«
    Sie nickte. »Zuerst hat es mich fast zerrissen. Doch ich habe es für Anhes getan. Und dann hatte ich ja dich.« Sie tätschelte liebevoll meine Hand. »Ich bin sicher, für meine Tochter war gut gesorgt. Obwohl ich mich manchmal frage, ob sie noch lebt und wie es ihr gehen mag.« Sie seufzte. »So ist das Leben, Jaufré. Gott hat es so gewollt, und man soll sich nicht zu viele Fragen stellen. Du auch nicht. Nimm die Dinge, wie sie sind.«
    Die Dinge nehmen, wie sie sind. Das war leichter gesagt als getan, denn noch sträubte sich alles in mir zu begreifen, dass
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Bertran und ich aus demselben Mutterleib gekrochen waren. Joana sah, wie ich mit mir kämpfte.
    »Du bist Jaufré Montalban. Und hier bist du aufgewachsen. Aber du bist auch der erstgeborene Sohn des wahren Grafen von Tolosa. Daran wirst du dich gewöhnen müssen.«
    »Und Cecilia? Was war mit ihr?«
    »Sie war eine gute Frau, aufopfernd und tapfer. Sie hat dich gut erzogen, und du warst ungerecht zu ihr.«
    »Ich weiß«, murmelte ich. »Aber erzähl, was hat es mit ihr und Rocafort auf sich.«
    »Graf Guilhem, dein Vater, hat Anhes heimlich im Kloster besucht, als sie schwanger war. Er hat auch versucht, Anhes’ Ehe zu hintertreiben. Wäre es gelungen, hätten die beiden vielleicht heiraten können. Odo schrieb an den Papst und bezichtigte Raimon der Ehe mit einer Blutsverwandten. Anhes war seine Base.«
    »Mit Guilhem war sie doch nicht weniger blutsverwandt.«
    »
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aber einen Versuch war es wert. Und sie hätten sich auch ohne den Segen der Kirche vermählt. Guilhem war fest entschlossen gewesen.«
    »Das war also der Grund für Sant Gilles Kirchenbann. Und danach hat er sie verstoßen.«
    »Nein. Erst Jahre später. Zunächst hat er sich geweigert. Aus Trotz. Vielleicht vermutete er sogar Anhes hinter dem Kirchenbann. Er hat sie besucht, und dabei gab es einen gewaltigen Streit, ich erinnere mich. Sie sollte das Kloster verlassen und ihre Ehepflichten wieder aufnehmen, aber sie hat sich widersetzt.«
    »Und was geschah mit mir?«
    »Guilhem wollte nicht, dass du als Sohn einer Magd aufwächst. Odo hat alles eingefädelt. Sie haben einen jungen Ritter gefunden, und Cecilia, Odos Nichte, kam gelegen. Sie war weder schön noch reich.« Joana schlug die Augen nieder und betrachtete die Hände in ihrem Schoß. »Sie hat sich bereit erklärt, Ramon Montalban zu heiraten, und so sind wir, du und ich, in aller Heimlichkeit hierhergekommen.«
    »Cecilia hat sich geopfert?«
    »Es war kein schlechtes Leben, Jaufré. Dein Ziehvater Ramon war ein guter Mann. Sie mochte ihn. Leider konnte sie ihm keine Kinder schenken, das hat sie am meisten betrübt.«
    »Und Anhes?«
    Joana holte tief Luft und seufzte. »Es hat ihr das Herz gebrochen, dich herzugeben. Aber niemand durfte von diesem Ehebruch erfahren. Lieber wollte sie sterben. Vor der Abreise haben wir nächtelang geweint.« Joanas Augen wurden feucht,

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