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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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den Armen und schrie Anweisungen. Der einäugige Graubart war nicht einverstanden und widersprach heftig. Der
capitan
der Fußtruppen stand unschlüssig daneben. Auch Ricard hielt sich im Hintergrund, wie die übrigen Reiter, die das Treiben eher gleichmütig beobachteten. Sie waren bei einem Sturmangriff nicht gefordert.
    Schließlich brachen sie alles wieder ab. Robert, Ricard, der Graubart und der Anführer der
pezos
verschwanden in Roberts Zelt. Die Mannschaften ließen sich ins Gras fallen und reichten Weinschläuche herum. Sie schienen die Sache nicht allzu ernst zu nehmen.
    »Ein kluger Höfling mag er sein«, spottete ich. »Aber ein erfahrener Kriegsherr wohl nicht. Ich frage mich, warum sie mit ihren
ballistae
nicht Brandpfeile in die Burg schießen.«
    »Soll er das verbrennen, nach dem er sucht?«, fragte Hamid.
    »Ah, das Testament. Da hast du recht.«
    Ich befahl, einen Eimer Wasser zu bringen, und die Männer ließen die Trinkkelle von einem zum anderen gehen, denn auch das Nichtstun machte durstig.
    »Verdammt, worauf warten die?« Brun schritt ungeduldig auf und ab.
    »Sie streiten sich über ihren Schlachtplan«, antwortete Hamid gleichmütig und zupfte an der Sehne seines Bogens. Sie gab einen melodischen Ton von sich, fast wie eine Harfe. Aber ein tödlicher Ton.
    Berta und Joana kamen in den Vorhof und wollten wissen, was da vor sich ging. Die Leute verließen die Sicherheit der Kellergewölbe und begannen, wild durcheinanderzureden. Vor lauter Unruhe brüllten auch noch die Kühe im Stall.
    »Beruhigt die Leute«, rief ich. »Im Augenblick geschieht gar nichts. Alle sollen sich wieder in Sicherheit bringen, falls es Robert in den Sinn kommt, uns zu beschießen. Und haltet das verdammte Vieh ruhig!«
    So ging der halbe Vormittag dahin.
    Schließlich, die Sonne stand schon hoch, kamen Borcelencs und seine Unterführer wieder aus dem Zelt. Es schien, dass der einäugige Graubart sich durchgesetzt hatte, denn er übernahm das Kommando und brachte die
pezos
mit Flüchen und Tritten auf die Beine. Ricard und Lambesc kletterten auf das Dach einer Hütte, um das kommende Schauspiel besser beobachten zu können. Zwei der Reiter schlenderten zu ihnen hinüber und stiegen ebenfalls auf das Hüttendach. Die kamen mir bekannt vor. Der eine war ein blonder Hüne, der andere dunkel und von kleiner Statur. Und dann erkannte ich sie. Duran
lo Bovier
und Leon
la Vespa,
Ricards Galgenvögel, die mich in Tripolis fast ermordet hatten.
    »Noch lachen sie da unten«, sagte Hamid so kalt, dass es mir einen Schauer den Rücken hinunterjagte. »Doch der Tod hat sie schon gezeichnet.« Er spielte mit seinem Bogen und ließ wieder leise die Sehne erklingen. Ich spürte die Wut in ihm, auch wenn er sich äußerlich ruhig gab.
    Endlich hatten sich Roberts Mannschaften gesammelt. Fünf Leitern trugen sie, zu jeweils acht Mann. Damit sollte die Hälfte der
pezos
den ersten Angriff wagen. Der Rest dahinter bildete die zweite Welle. Die Bogenschützen näherten sich als Erste und brachten sich in einer Reihe in Stellung. Das beunruhigte die Krähen, die an den Leichen vor dem Tor zerrten, und sie erhoben sich mit gereiztem Krakeelen in die Luft.
    »Alles in Deckung!«, schrie ich und nahm Zuflucht hinter einer Zinne.
    Die feindlichen Schützen rannten vor und spannten ihre Bögen. Ein Schwarm von Pfeilen stieg auf und regnete auf uns herab. Ich schaute umher. Niemand schien getroffen zu sein. Wir hatten verabredet, nur auf Hamids Befehl zurückzuschießen.
    Unten hatten sie wieder aufgelegt, und weitere Pfeile flogen über die Mauer. Dann noch eine dritte Salve. Ein Pfeil zischte an meinem Ohr vorbei, andere prasselten auf den Wehrgang. Sie hatten ihre Reichweite gefunden. Hamid gab den Männern der
ballistae
ein Zeichen, und gleich darauf hörten wir den scharfen Knall der zurückschnellenden Katapultarme. Einer der Bolzen flog weit über die Köpfe der Angreifer hinweg und bohrte sich in die Wiese, der andere aber riss einen der Bogenschützen um. Der schwere Bolzen hatte ihm den Arm abgetrennt. Der Mann schrie erbärmlich, während sein Blut ins Gras pumpte. Daraufhin zog sich der Rest der Schützen verunsichert zurück, wobei sie den tödlich Verwundeten ohne viel Aufheben hinter sich herschleiften.
    Die Unsrigen luden die Katapulte nach.
    Graubart marschierte nun die Front der Leitermänner ab. Mit einer Hand hielten sie die Leitern gepackt, mit der anderen trugen sie Schild und Speer. Die Bogenschützen verteilten sich

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