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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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auf beiden Seiten, um den Angriff zu decken. Robert saß wieder auf seinem Pferd, mischte sich diesmal aber nicht ein.
    Ein heiserer Befehl schallte zu uns herauf, und mit einem Mal setzten sie sich in Bewegung und kamen in zügigem Trott den Hang heraufgestürmt. Hamid winkte Gustau und seine Männer auf den Wehrgang. Schnell kamen sie heraufgeklettert und machten Bögen und Schleudern bereit. Auf dem Hüttendach unten sah ich Ricard überrascht auf unsere Zinnen zeigen. Sie hatten die plötzlich angewachsene Zahl von Verteidigern entdeckt und versuchten, ihre Leute zu warnen.
    Doch die hörten nicht, sondern rannten stur den Hang hinauf, den Blick auf den Boden geheftet. Der Vorderste brach in eine der Fallen und schrie, als ihn der scharfe Pflock durchbohrte. Sein Hintermann versuchte, über ihn hinwegzuspringen, und stürzte dabei zu Boden. Das brachte die anderen Träger durcheinander, und das Leiterende bohrte sich in die Erde. Jemand aus einer anderen Gruppe trat ebenfalls in eine Falle, verfehlte den Pflock und sprang wieder aus dem Loch. Zwei weitere brachen ein und blieben mit durchbohrtem Schenkel liegen. Der Leiterangriff kam ins Stocken. Unten befahlen sie der zweiten Welle loszulaufen. Wahrscheinlich, um die Lücken zu füllen und die Leitern weiter an die Mauer zu tragen. Nur eine Leitergruppe lief unbeirrt auf die Burg zu. Irgendwie hatten sie die Fallen verfehlt. Nach dem langen Lauf bergauf hörten wir sie keuchen, als sie näher kamen. So vertieft waren sie in ihre Aufgabe, dass sie sich nur ungenügend mit den Schilden deckten.
    Da gab Hamid das Zeichen.
    Sechs Pfeile gleichzeitig verließen die Sehnen. Zwei
pezos
wurden am Hals getroffen und gingen blutspuckend in die Knie, einer ließ Leiter und Schild fahren und fasste sich an die Brust, zwei weitere waren nur leicht an Schultern und Arm verwundet. Diese und die anderen drei wandten sich zur Flucht. Ein Hagel von schweren Steinen aus den Schleudern der Hirten folgte ihnen, und alle gingen zu Boden außer einem, der es schaffte, zu entkommen und den Hang hinunterzulaufen.
    Die restlichen Leiterträger waren in einem unordentlichen Knäuel zum Stehen gekommen und starrten mit offenen Mündern zu uns herauf. So viel Gegenwehr hatten sie nicht erwartet. Ihre Bogenschützen legten an und suchten sich Ziele auf der Mauer. Auf Bruns Ruf sprangen die Schildträger vor, um ihre Kameraden zu schützen. Einer unserer Hirten schrie auf. Die anderen schickten unbeirrt einen weiteren Hagel von Pfeilen und Steinen auf die eng gruppierten Angreifer. Vier gingen zu Boden, auch zwei Bogenschützen. Da ließen die anderen die Leitern fahren und rannten, so schnell sie konnten, bergab und in die zweite Welle hinein, was das Durcheinander noch erhöhte. Hamid und Gustaus Männer schossen Pfeil um Pfeil, und es gab weitere Verwundete und Tote. Zuletzt feuerte unsere
ballistae
in das Menschenknäuel, und noch einmal gingen drei
pezos
zu Boden. Bevor man nachladen konnte, begann der Feind, sich eiligst zurückzuziehen. Nur Tote und Schwerverwundete blieben, von denen Gustau noch einen niederstreckte.
    »Das genügt!«, rief ich. »Töten wir nicht mehr als notwendig.«
    »Certas, Castelan!«
Alle atmeten tief durch.
    »Das hat ihnen erst einmal den Geschmack verleidet«, grinste Hamid und schoss noch zwei Pfeile auf die Hütte ab, auf der Ricard und seine Kumpane ungläubig das Geschehen verfolgt hatten. Beide Geschosse verfehlten ihr Ziel nur knapp, und die vier sprangen eiligst herunter, um sich in Sicherheit zu bringen. Als unsere Männer sie laufen sahen, jubelten sie zum ersten Mal, und es war wie eine Befreiung.
    Ich blickte mich nach dem verwundeten Hirten um. Ein Pfeil hatte ihn am Oberarm verletzt, aber nicht gefährlich. Der Mann feierte auch schon mit den anderen, wenn auch mit schmerzverzerrtem Gesicht.
    »Ein klarer Sieg, Herr«, strahlte Brun.
    »Das ist es«, bestätigte ich und rief mit lauter Stimme, so dass alle mich hören konnten: »Ihr habt eure Sache gut gemacht!«
    Die Männer klopften sich gegenseitig auf die Schultern und waren höchst zufrieden mit sich und ihrer Leistung. Es war so einfach gewesen, sagten sie erstaunt. Ja, einfach. Ein Spiel mit Pfeilen, Speeren und Steinen. Aber warten wir ab, bis ihr dem Feind in die Augen seht, seinen Atem spürt und seinen Schweiß riecht, ob ihr dann noch so mutig seid.
    »Hört her, Männer!«, rief ich. »Es war einfach, weil sie uns unterschätzt haben, weil wir gut vorbereitet waren und sie

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