Der Bastard von Tolosa / Roman
einmal mir sagt er etwas.«
Ich warf meinem Freund einen dankbaren Blick zu, denn um die Wahrheit zu gestehen, ich hatte überhaupt keinen Plan. Nicht, dass ich mir nicht schon endlos das Hirn zermartert hätte. Berta lag mit ihrer Vermutung richtig. Wir saßen in der Falle. Wir konnten viele töten und sie lang genug hinhalten, bis Robert schließlich die Lust verging oder ihm die Leute wegliefen. Deshalb mein Anliegen, seine Söldner zu entmutigen. Aber wenn er zäh und entschlossen genug war, dann hatten wir ihm auf lange Sicht wenig entgegenzusetzen. Einzig Drogos kleine Schar in den Bergen gab mir Hoffnung, obwohl ich noch nicht wusste, wie wir diesen Vorteil nutzen sollten.
»Zunächst warten wir ab, bis Odo uns Unterstützung schickt. Das sollte nicht allzu lange dauern.« Meine Stimme klang zuversichtlicher, als ich mich fühlte.
Und während wir schweigend dasaßen, eine Kanne Wein miteinander teilten und jeder über das Gesagte nachdachte, fiel uns auf, dass der Verwundete da draußen schon lange keinen Laut mehr von sich gegeben hatte. Seltsamerweise wog die ungewohnte Stille schwerer als sein Schreien. Brun bekreuzigte sich, und Lois Bertran sprach ein schnelles Gebet für die Seele des Toten, das wir alle mit einem Amen beendeten, sogar Hamid.
***
Am nächsten Tag geschah immer noch wenig.
Roberts Reiter schwärmten aus, wahrscheinlich um das Tal zu erkunden, denn Futter für ihre Pferde gab es genug in der näheren Umgebung. Ein Trupp
pezos
mit Äxten über der Schulter, begleitet von ihrem Heuwagen, machte sich in Richtung Wald auf, um noch mehr Holz zu schlagen. Robert selbst erschien in Begleitung seines
escudiers
und seiner Unterführer. Dazu gehörte auch Ricard. Sie ritten eine große Runde um die Burg, immer in gebührendem Abstand, und deuteten gelegentlich auf unsere Zinnen. Sie besprachen wohl, wo und wie der nächste Angriff stattfinden sollte, nicht dass aufgrund des schwierigen Geländes die Auswahl besonders groß gewesen wäre.
Auf Rocafort hielten wir die Mauern zu jeder Tageszeit besetzt. Die Männer wechselten sich regelmäßig ab, um zu essen oder zu schlafen. Den ganzen Tag über wurde in der Werkstatt gearbeitet, um den Vorrat an Pfeilen und Bolzen für die Katapulte zu ergänzen. Gisla hatte sich der Mütter und kleinen Kinder angenommen. Die hielten sich tagsüber im Hof der oberen Burg auf, wo sie den Männern am wenigsten im Weg waren. Kindergeschrei und die Stimmen der Frauen drangen herab und bildeten einen seltsamen Gegensatz zur kriegerischen Betriebsamkeit in der Vorburg.
Cortesa und andere Mägde waren beschäftigt, die Leute mit Nahrung zu versorgen, wobei alles sorgfältig eingeteilt wurde, besonders unser Wasserverbrauch. Selbst Urin wurde gesammelt, denn besser mit Pisse löschen als kostbares Wasser verschwenden. Mit einem gelegentlichen Regentag, um die Zisternen nachzufüllen, konnten wir es vielleicht bis zum Herbst schaffen, schätzte ich. Ich hoffte aber, dass uns Odos Krieger schon lange vorher erreichen würden.
Berta und Cortesa verbrachten den Tag damit, das Testament zu suchen, ohne den geringsten Erfolg. Die verriegelte Kammer im Turm enthielt uralte Pergamente, die mit der Vergabe und den Bedingungen des Lehens zu tun hatten, aber nichts, das wie ein Testament aussah. Auch in Cecilias Truhe fand sich nichts von Bedeutung. Die Frauen hatten jede Kammer durchsucht, nach geheimen Fächern oder herausnehmbaren Dielen geforscht, ebenso im Turm wie in der
aula
oder den Frauengemächern. Eine verblichene Ahnentafel hatten sie gefunden. Sonst nichts. Sie musste dem verschollenen Geschlecht der früheren Besitzer der Burg gehört haben.
»Es gibt kein Testament. Und ich habe auch nie davon gehört«, sagte Berta müde, die sich mit einem Seufzer auf einem Schemel niedergelassen hatte.
Mir fiel auf, dass Bertas Verhalten sich verändert hatte. Zuvor war sie die unbestrittene Herrin von Rocafort gewesen. Aber seit Joanas Enthüllungen hielt sie sich abseits und benahm sich zunehmend teilnahmslos, als ginge sie das alles nichts mehr an, als sei es allein mein Kampf und nicht länger der ihre.
Jetzt, da es Krieg gab, wurde die Burg von Männern beherrscht. Wo zuvor Berta und ihr Dienstvolk die Verwaltung des Besitzes in der Hand gehalten hatten, diente nun jede Arbeit und jede Entscheidung nur noch dem Zweck, Rocafort in eine Kriegsmaschine zu verwandeln. Die Frauen halfen, wo sie konnten, aber aus dem friedlichen Mittelpunkt einer großen,
Weitere Kostenlose Bücher