Der Bastard von Tolosa / Roman
als sie die Erinnerung noch einmal durchlebte. »Ich habe danach nur noch wenig von Anhes gehört. Nur, was Cecilia wusste. Raimon gelang es, den Papst zu überzeugen, den Kirchenbann zu lösen. Für Guilhem und Anhes waren damit alle Hoffnungen dahin. Deine Mutter hat es als Strafe Gottes für ihre Sünde verstanden und wollte nie mehr das Kloster verlassen. Sie soll später schwermütig geworden sein und ist an der Schwindsucht gestorben.«
Diese Frau, die angeblich meine Mutter war, würde immer eine Fremde für mich bleiben, dennoch rührte mich ihr Schicksal.
Joana schneuzte sich. »Guilhem hat später unter Drängen seiner Vasallen diese Normannin Emma geheiratet. Doch sie konnte ihm nur eine Tochter schenken.«
»Felipa!«
»Richtig. Die Duguessa von Aquitania.«
Plötzlich flog die Tür auf, und Berta kam wieder herein.
Sie warf mir einen kalten Blick zu und setzte sich wortlos. Ihre Augen waren gerötet, und sie sah bleich aus. Mein Lächeln erwiderte sie nicht, sondern sie saß nur gefasst, mit verschlossener Miene da und hörte zu, was wir redeten.
»Was weißt du von einem Testament?«, fragte ich Joana.
»Nur, was Cecilia mir erzählt hat. Danach war Guilhem verzweifelt, dass Gott ihm nur einen Bastard geschenkt hatte und keinen Sohn, den er als Erben anerkennen konnte. Odo aber legte ihm nahe, dass man Gottes Geschenke so annehmen müsse, wie sie gegeben werden. Ein Sohn sei ein Sohn, und für Gott gäbe es keinen Unterschied. Schließlich sei auch die Ehe Raimons nicht von Gott gewollt gewesen, und sein Bruder würde noch in der Hölle büßen, dass er sich dem Heiligen Vater in dieser Sache widersetzt hatte, denn er ist noch ein zweites Mal mit dem Kirchenbann belegt worden. Wusstest du das?«
Ich nickte. »Es ging aber doch auch um Ämterhandel und Ähnliches.«
»Das stimmt. Aber daraufhin wurde diese unselige Ehe aufgelöst. Für deine Mutter war es jedoch zu spät. Dieser zweite Bann hat Guilhem schließlich überzeugt, dass du sein wahrer und gottgewollter Erbe bist. Sie kamen hierher, der Graf, Odo und Borcelencs. Es gab Geheimnistuerei über Wochen. Cecilia, Gott segne ihre Seele, war über alles im Bilde. Ich selbst weiß nicht mehr, als ich gesagt habe. Es tut mir leid, Jaufré, dass du es erst jetzt erfahren musstest.«
»Gibt es kein Andenken an sie?«, fragte ich mit belegter Stimme.
»Das kleine Kreuz. Das Kreuz, das Adela um den Hals trägt.«
»Das hat Odo ihr gegeben. Es ist nicht Cecilias?«
»Nein, deine Mutter hat es getragen, seit ihrer Kindheit.«
So ein hinterlistiger alter Mann, dachte ich. Und doch hatte er recht gehandelt. Für Adela war es das Kreuz ihrer
avia,
mehr musste sie fürs Erste nicht wissen.
»Ich muss diesen Bruder
Jacobus finden.«
»Aber was nützt Robert ein solches Testament?«, warf Hamid ein, der bisher geschwiegen hatte.
»Ich weiß zu wenig über die Mächte im Land«, überlegte ich. »Doch Odo scheint überzeugt zu sein, dass man meinen Anspruch durchsetzen kann. Als er Andeutungen von einem vierten Erben machte, habe ich Esel ihn ausgelacht. Wie konnte ich ahnen, dass von mir selbst die Rede war?«
Ich nahm den Ring vom Tisch und betrachtete ihn.
Der Ring deines Vaters, hatte Odo nur gesagt. Nun stellte sich heraus, das Stück war nicht weniger als der Siegelring eines Fürsten.
»Niemand will Felipa als Herrscherin«, fuhr ich fort. »Elvira hat sich ebenfalls keine Freunde gemacht, wie ich höre. Alfons Jordan ist noch ein Kind, und Bertran ist weit entfernt in Tripolis. Wenn Robert genügend mächtige Familien überzeugen kann, dass meine Blutlinie die wahren Rechte beansprucht, solch ein Bündnis würde vielleicht reichen, um Elvira zu stürzen. Ein Testament und Papst Gregors zweimaliger Kirchenbann gegen Raimons Ehe vermag vielleicht viele zu beeindrucken. Mir kommt es unwahrscheinlich vor, aber da weiß Robert sicher mehr als wir.«
»Gelänge es ihm also, dich stillschweigend aus dem Weg zu räumen«, sagte Hamid, »dann könnte er sich selbst als Vormund des Jungen an die Macht bringen. Oder sich Einfluss und Reichtum als Kopf eines wichtigen Bündnisses verschaffen.«
»So ähnlich, denke ich, ist sein Plan.«
Berta, die lange geschwiegen hatte, starrte mich herausfordernd an. »Graf bist du also«, sagte sie.
»Eher die Frucht eines Fehltritts«, antwortete ich verlegen.
»Muss man dich jetzt mit
Magnificencia
anreden?«
»Was kann er für seine Abstammung?«, erwiderte Joana scharf.
»Ich bin von Anfang an
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