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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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landwirtschaftlichen Domäne war mit einem Mal eine waffenstarrende Festung geworden, die auf herrische Weise alles dem Soldatischen unterordnete. Ich nahm an, dies war der Grund für Bertas Zurückhaltung und verändertes Wesen. Fühlte sie sich etwa nutzlos? Was natürlich Unsinn gewesen wäre, denn es gab auch für die Frauen genug zu tun. Doch Berta zog sich die meiste Zeit in ihr Gemach zurück und überließ die Aufsicht Joana und der Magd Cortesa, die sich immer mehr als zupackende und beherzte Seele entpuppte.
    Später am Nachmittag wusch Joana meine Verletzung aus und erneuerte den Verband. »Du musst dich schonen, Jaufré. Sonst beginnt die Wunde, womöglich zu schwären und zu eitern. Hamid und Brun können sich um alles kümmern. Versuch, ein wenig zu schlafen!«
    Sie hatte recht, denn mir war heißer als sonst, und der Kopf schmerzte. Als ich mich erhob, wurde mir einen Augenblick lang schwarz vor Augen, und ich merkte plötzlich, wie müde ich war.
    Da betrat Berta die
aula.
Die Haare hingen ihr wirr und ungekämmt herunter, sie war bleich und hatte dunkle Schatten unter den Augen. Auch vermisste ich ihren regen, aufrechten Gang. Stattdessen stahl sie sich still in den Raum mit verschlossener Miene. Es war allzu offensichtlich, dass ihr etwas mächtig zusetzte, nur was das sein mochte, neben der Sorge um Raol, das konnte ich mir nicht erklären. Natürlich lebten wir alle auf der Burg unter Angst und Anspannung, doch Berta schien mehr als andere darunter zu leiden.
    »So habt ihr also bei den Sarazenen gehaust!«, griff sie mich unerwartet an. »Mit Grausamkeiten, wie gegen den armen Mann gestern, den du in der Hitze hast verrecken lassen.«
    »Hast du vergessen? Er und seine Leute sind gekommen, uns zu ermorden, Berta. Nicht, weil sie uns hassen, sondern für Geld. Was noch verachtenswürdiger ist.«
    »Selbst ein Tier behandelt man besser!«, rief sie entrüstet. »Obwohl … man muss sich fragen, wer hier das reißende Tier eigentlich ist.«
    »Die Verteidigung der Burg musst du schon mir überlassen«, sagte ich wütend. »Darin habe ich mehr Erfahrung.«
    »Wohl dem, der keine solche Kenntnisse hat!«, zischte sie und funkelte mich herausfordernd an.
    Ich sprang auf und packte sie am Arm. »Was denkst du, was das hier ist? Ein Wettstreit unter edlen Rittern?«, rief ich aufgebracht. »Du hast gesehen, zu welchen Niedrigkeiten die Kerle fähig sind. Und diesen Ricard kenne ich gut.« Ich redete mich in Zorn und schüttelte ihren Arm. »Weißt du überhaupt, was Krieg ist? Und was sie dir antun, wenn wir es ihnen erlaubten? Hast du schon mal zerstückelte Kinderleiber gesehen und die Leichen von geschändeten Weibern? Rede nicht von Tieren. Menschen im Krieg sind schlimmer und schändlicher als alle Tiere!«
    »Lass mich los«, schrie sie auf. »Du tust mir weh!«
    Ich hatte nicht gemerkt, wie fest ich zugepackt hatte, und ließ sie erschrocken los. Mit Tränen in den Augen rieb sie sich den Arm.
    »Bist du denn besser?«, flüsterte sie.
    Ihr Blick war voller Trauer, und sie schüttelte entmutigt den Kopf, als habe sie nicht einmal mehr die Kraft, sich mit mir zu streiten. Die Berührung mit ihrem kühlen Fleisch brannte in meiner Hand. Verlegen versteckte ich sie hinter dem Rücken. Berta aber ließ mich stehen und schlich aus dem Raum. Ähnliches hatte sie schon einmal gesagt. Spürte sie das kalte Herz des Gotteskriegers in meiner Brust? Dabei hatte ich geglaubt, es für immer in Tripolis gelassen zu haben. Ich holte tief Luft und setzte mich wieder.
    »So ist Adelas Mutter gestorben«, flüsterte ich. »Ich will es nicht noch einmal erleben.«
    Joanas Hand fuhr an ihren Mund. »Man hat sie …?« Sie wagte es nicht auszusprechen.
    »Nein. Das ist ihr erspart geblieben, denn sie hat sich nicht lebend ergeben. Aber andere lagen übel zugerichtet neben ihrer Leiche.«
    »Jes Maria!«,
flüsterte Joana. Sie trat zu mir und legte den Arm um meine Schultern. »Du hast Schlimmes erlebt«, murmelte sie. »Man sieht es manchmal in deinen Augen. Sprich darüber, wenn es dich erleichtert.«
    »Ich will es nur vergessen.«
    »Gut. Dann reden wir nicht mehr davon.« Sie fuhr mir liebevoll durch die Haare. »Deine Stirn ist heiß, und du sollst dich jetzt ausruhen, hast du gehört?«
    »Was nagt eigentlich an Berta? Was hat sie gegen mich?«
    »Sie hat Angst. Wie wir alle.«
    »Nein. Da ist noch etwas anderes.«
    »Du hast recht«, antwortete Joana zögerlich, »sie macht sich weniger Sorgen um die

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