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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Belagerung als um dich.«
    »Um mich?«
    »Ich hoffe, du findest einen Weg, dass wir lebend aus dieser Sache herauskommen. Aber was wirst du dann tun? Wirst du dein Erbe antreten wollen? Wirst du von neuem dem Ruf des Krieges folgen, um deine Ansprüche durchzusetzen? Denn freiwillig wird dir niemand etwas zugestehen.«
    »Darüber macht Berta sich Sorgen?«
    »Darüber und was aus Rocafort wird. Nichts wird mehr sein wie früher.« Sie seufzte tief. »Und dich werden wir aufs Neue verlieren.«
    Wenig später lag ich auf meinem Bett im Turm und dachte über ihre Worte nach. Dass Berta sich Gedanken machte, mich zu verlieren, konnte ich mir kaum vorstellen. Das war wohl eher Joanas Sorge. Nein, Berta war einfach von allem überwältigt. Und wen mochte es wundern? Die andere Frage beschäftigte mich mehr. Falls ich wirklich Guilhems geheimnisvoller Erbe war, was würde ich dann tun? Lange grübelte ich darüber nach, ohne die geringste Antwort zu finden. In meinem Kopf war nur dumpfe Leere. Nach einer Weile fiel ich in einen bleiernen Schlaf.
    ***
    Mitten in der Nacht wachte ich auf.
    Der Kopf schmerzte mehr als zuvor, und mein Herz schlug wie wild. Benommen setzte ich mich auf, und eine ungeschickte Bewegung ließ mich dabei vor Schmerz zusammenzucken. Gottverdammte Wunde! Mühselig und mit zusammengebissenen Zähnen zog ich mir im Dunkeln die Stiefel über. Was hatte mich nur geweckt? Ich lauschte. Nichts zu hören. Es war Neumond und stockdunkel im Turmgemach. Nur die schmalen Fenster ließen ein wenig Licht herein. Das musste die alte Funzel am Fuß des Turms sein, die den Wachen die Stiege leuchtete.
    Ich erhob mich und tastete mich bis zum Fenster. Der Lichtschein kam jedoch von einer Laterne unten auf der Mauer der Vorburg.
Malvat pec!
Welcher verdammte Dummkopf stellte eine Lampe auf die Mauer? Das machte die Wache zur Zielscheibe und zerstörte die Nachtsicht. Neben der Laterne hatten es sich zwei unserer Waffenknechte gemütlich gemacht. Der eine war Escobon, der andere hatte mir den Rücken zugekehrt. Sie verkürzten sich die lange Nachtwache mit Wein und Würfelspiel. Das leise Klicken musste mich geweckt haben. Nun war an Schlaf nicht mehr zu denken, und ich würde hinuntergehen, um sie zurechtzuweisen. Außerdem hatte ich genug geschlafen, und die frische Nachtluft würde mir guttun.
    Ich ließ noch kurz einen Blick über die dunkle Landschaft wandern. Alles war still und trotz klaren Sternenhimmels kaum etwas zu erkennen in der Finsternis. Auch in Roberts Lager regte sich nichts. Kein Licht, keine Bewegung, nicht einmal der Hauch eines Lüftchens in den Blättern der Bäume. Es war fast unheimlich still, nur ab und zu das leise Kichern der beiden Wachen auf der Mauer.
    Als ich dem Fenster den Rücken zukehrte, hörte ich ein winziges Geräusch, das nicht zu dem, was ich gesehen hatte, passte. Ein kaum merkliches metallisches Klirren, so leise, dass ich es fast überhört hätte.
    Ich nahm an, es müsse einer der beiden Zecher gewesen sein, der an sein Schwert gestoßen war, blickte dann aber doch noch einmal aus dem Fenster. Sie lachten leise, und wieder ließ sich das Klicken der Würfel vernehmen.
    Und plötzlich erstarrte ich zu Eis.
    In der Dunkelheit vor der Mauer bewegte sich etwas. Als ich genauer hinsah, ließen sich entfernte, kaum wahrnehmbare, schattenhafte Gestalten ausmachen, Helme, Leitern, ein schwacher Schimmer von Speerspitzen im Licht der Laterne auf der Mauer. Und sie krochen immer näher an die Mauer heran.
    Ich formte einen Trichter mit den Händen und brüllte: »Zu den Waffen! Zu den Waffen! Feind im Anmarsch! Alles auf die äußere Ringmauer!«
    Ich sah noch, wie die beiden Dummköpfe hochfuhren, als hätte sie eine Wespe in den Hintern gestochen, dann wandte ich mich ab, um mein Schwert in der Dunkelheit zu suchen, heulte vor Schmerz auf, als ich mit dem Schienbein an das Bett stieß, und tastete am Boden, bis ich die Waffe fand. Dann lief ich in der Finsternis, so schnell ich konnte, die Wendeltreppe des Turms hinunter, wobei ich mich an der äußeren Wand entlangtastete, um nicht zu stürzen. Als ich unten ankam, stolperten die Ersten verwirrt und benommen aus den Mannschaftsquartieren.
    »Los, los, los!«, schrie ich. »Beeilt euch! Sie kommen über die untere Ringmauer.«
    Sie stülpten sich Helme über, packten ihre Waffen und liefen los. Einen schlaftrunkenen Tölpel, der mich verständnislos anstierte, schubste ich seinen Kameraden hinterher.
    »Alles in die Vorburg!«,

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