Der Bastard von Tolosa / Roman
brüllte ich.
Meine Rüstung samt Helm und Schild hatte ich am Nachmittag in der
aula
gelassen. Zu spät dafür! Die Tür zur Waffenkammer stand offen. Ich schob jemanden zur Seite und griff den erstbesten Schild, den ich zu fassen bekam, schlang mir unter Schmerzen den Tragriemen über die Schulter und stürmte in den Hof der Vorburg. Unten zog ich das Schwert und warf die Scheide von mir. Die Wunde schmerzte höllisch, aber ich biss die Zähne zusammen. Nun war nicht die Zeit für Schwäche.
In der Vorburg lief alles durcheinander. Vieh brüllte in den Ställen, und ich hörte meine Doggen vor Aufregung jaulen und sich gegen die Gitter des Zwingers werfen. Der junge Joan lief mir über den Weg. Ich packte ihn am Arm. »Bring das Dorfvolk in die obere Burg. Du bist mir verantwortlich, hörst du? Und beeilt euch.«
»Ja, Herr!«, schrie er und rannte sofort in die Ställe und Scheunen, die als Unterkunft dienten. Ängstliche Gesichter blickten ihm entgegen.
Der Feind war bereits auf der Mauerkrone, vielleicht sechs oder acht von ihnen, während noch mehr ihren Kopf über die Zinnen hoben. Die verdammte Laterne stand nach wie vor unversehrt dort oben und erhellte das Schauspiel des Angriffs. Den unglücklichen Tölpel Escobon hatten sie zuerst erwischt. Er kniete auf dem Wehrgang und starrte totenbleich und irre schreiend auf das Blut, das aus dem Stumpf seines Armes schoss. Über ihm stand sein
companh
und versuchte, den Feind aufzuhalten, aber eine Speerspitze drang ihm tief unter das Kinn. Er fiel rücklings auf Escobon, der trotz seines abgehackten Arms versuchte, unter ihm hervorzukriechen. Im Vorhof starrten die Unsrigen wie gelähmt auf dieses Schauspiel. Keiner bewegte sich oder schien zu wissen, was zu tun war. Verdammte Grünschnäbel!
»Los, los! Von beiden Seiten auf die Mauer und nehmt sie in die Mitte!«, brüllte ich. »Verteidigt die Aufgänge!«
Wir mussten sie aufhalten, damit sie nicht in den Hof der Vorburg gelangten, wo Weiber und Kinder schreiend durcheinanderliefen. Aber vor allen Dingen mussten wir den Kampf auf die Wehrgänge tragen, um zu verhindern, dass noch mehr über die Mauer kamen. Denn wurden es zu viele, dann blieb uns nur noch ein verzweifelter Rückzug in die obere Burg.
»Mir nach, Mann!«, brüllte ich einem meiner Wachleute zu. Es war Lois Bertran. »Und deck mir den Rücken.«
Wir drängten uns den Weg durch die fliehenden Menschen. Kinder schrien, eine Alte war gestürzt und kreischte. Da war Cortesa zur Stelle und hob sie auf, reichte sie weiter an eine andere junge Frau. Joan trieb die Leute zur Eile an. Diese Dinge nahm ich nur am Rande wahr, denn wir versuchten eiligst, auf die Mauer zu kommen.
Da hörte ich den scharfen, unverkennbaren Klang von Hamids Bogen, und einer der
pezos
fasste sich an den Hals, aus dem plötzlich ein Pfeil ragte, und stürzte mit einem gurgelnden Schrei auf das Dach eines der Ställe, die sich von innen an die Außenmauer schmiegen. Hamid und Gustau standen auf der oberen Ringmauer gegenüber, wo sie freies Schussfeld über den Hof der Vorburg hatten. Gott sei Dank, dachte ich erleichtert. Noch ein
pezo
schrie auf. Zwei Stufen auf einmal nehmend, stürmte ich zum Wehrgang hoch, Lois Bertran und andere dicht auf meinen Fersen.
Kaum oben, verstellte mir ein grobschlächtiger Kerl den Weg, der mit hochgereckter Axt auf meinen ungeschützten Kopf zielte. Ich war schneller, und meine Schwertspitze drang ihm durchs offene Maul zwischen die Halswirbel. Er fiel wie von einem Schmiedehammer getroffen. Ich trat über ihn hinweg und suchte den nächsten Gegner. Hinter mir drängten sich meine Männer. Es war eng auf dem Wehrgang, so dass kaum mehr als einer gegen einen kämpfen konnte.
»Werft die Toten von der Mauer, damit wir Platz haben«, schrie ich ihnen hinter mir zu.
Die
pezos
merkten, dass sie im Licht der Laterne ein leichtes Ziel für die Bogenschützen waren. Einer von ihnen stieß sie deshalb von der Zinne, und es wurde so dunkel, dass man nicht die Hand vor Augen sehen konnte. Ich hörte Hamid laut nach Fackeln rufen. Vor mir hörte ich die
pezos
keuchen nach der Anstrengung, Hang und Mauer zu erklimmen, und roch den beißenden Schweiß ihrer ungewaschenen Leiber. Vorsichtig schob ich den linken Fuß vor, Schild bereit.
Ein Schatten stürzte sich auf mich, um mir eine
lansa
in die Eingeweide zu stoßen. Mit dem Schild wehrte ich die Speerspitze ab und hieb ihm gleichzeitig das Schwert an die Stelle, wo ich seinen Nacken vermutete.
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