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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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folgten ihm auf gleichem Wege. Die letzten drei starben unten den Streichen unserer Männer. Wir blickten über die Mauer und sahen die Überlebenden laufen. Einige humpelten stark.
    Erschöpft holte ich Atem und bekreuzigte mich. Die Pfeilwunde brannte wie verrückt. Aber,
deable!,
wir waren noch einmal davongekommen! Da bemerkte ich Cortesa unten im Vorhof vor ihrem toten Feind stehen, die Hand über dem Mund, erschrocken über das, was sie getan hatte.
    »Cortesa!«, rief ich und hob mein Schwert zum Ehrengruß vor die Stirn. Sie blickte auf und sah aller Augen auf sich gerichtet. »Was bist du nur für ein Teufelsweib!« Allgemeiner Beifall folgte meinen Worten. Zur Antwort warf sie mir ein kurzes Grinsen zu.
    »Ein Hoch auf Cortesa«, brüllte einer neben mir.
    Daraufhin schlugen alle wie wild mit den Speeren auf die Schilde und schrien sich ihre Erleichterung über den knappen Sieg aus dem Leib. Die Magd errötete heftig, raffte ihren Rock und floh in die obere Burg.
    »Gut gekämpft, Männer!«, rief ich in die Runde.
    »Sogar die Weiber!«, antwortete einer, und das brachte noch ein paar Lacher.
    »
Certas!
Alle haben ihr Bestes gegeben.«
    Martin aber warf ich einen strengen Blick zu. Der Junge hatte sich unnötig in Gefahr gebracht. Er grinste schuldbewusst, doch als Hamid ihm den Arm auf die Schulter legte, straffte sich sein Rückgrat, und er strahlte. Ich seufzte und schüttelte den Kopf. Zu früh, dachte ich, viel zu früh!
    Mit den Fackeln, die sie auf die Mauer brachten, endete unsere Siegesfreude in Ernüchterung. Escobon fanden wir verblutet unter anderen Leichen, eine davon die seines Freundes, ein gewisser Rotgier. Für ihren Fehler hatten sie mit dem Leben gebüßt. Ein junger Bauer von einem der freien Höfe starb noch vor unseren Augen an einer tödlichen Halswunde. Ein weiterer aus dem Dorf mit Namen Felipe hatte einen so tiefen Speerstich in der Seite davongetragen, dass ich bezweifelte, er würde noch lange leben. Die anderen Verwundungen waren leichterer Natur. Einer hatte einen bösen Schnitt über der Schulter, ein anderer eine heftig blutende, aber harmlose Wunde im Gesicht, ansonsten Schrammen und blaue Flecke. Drei Tote also und ein Schwerverletzter. Diese Rechnung für die Unaufmerksamkeit der Wachen wog schwer auf unseren Gemütern.
    Als wir Felipe vorsichtig in den Vorhof trugen und auf ein Lager aus Stroh betteten, erschien seine junge Frau mit einem Säugling auf dem Arm, tränenüberströmt und völlig außer sich vor Gram. Jemand nahm ihr das schreiende Kind ab. Da warf sie sich neben ihrem Mann auf die Knie und hielt schluchzend sein Gesicht in ihren Händen.
    Joana erzählte mir später, dass Escobon und dieser Rotgier schon immer unzuverlässig gewesen waren und der Kopf ihnen mehr nach Wein und Weibern gestanden hätte als nach sonst irgendetwas. Verflucht, dachte ich, das hätten sie uns früher sagen müssen. Aber insgeheim gab ich mir selbst die Schuld. Anstatt zu schlafen, hätte ich ahnen müssen, dass der Feind die dunkle Nacht zu seinem Vorteil nutzen würde.
    »Ein dummer Fehler hätte uns fast die Burg gekostet«, sagte ich. »Wir alle tragen ein Quentchen Schuld daran und ich selbst noch am meisten. Es soll uns eine Lehre sein. Brun und auch ihr anderen habt euch wacker gehalten. Besonders unsere Bogenschützen.«
    Hamid und Gustau waren die Helden des Tages, denn ohne sie hätten die
pezos
uns auf der Mauer überwältigt.
    »Bist du verwundet?«, fragte Hamid besorgt, als er das Blut auf meiner Tunika und mein schmerzverzerrtes Gesicht bemerkte.
    »Nicht mehr als vorher«, grinste ich und sah an mir herunter. Die Wunde musste wieder aufgebrochen sein, aber das meiste Blut war gottlob nicht mein eigenes.
    Wenn wir Verluste erlitten hatten, so waren Roberts weitaus größer. Wir zählten ein Dutzend Tote, einige lagen draußen am Fuß der Mauer, und noch einmal so viele Verwundete, von denen fünf sich noch auf den Beinen halten konnten und sich ergeben hatten. Für diese öffneten wir das Tor und ließen sie gehen. Die toten
pezos
warfen wir über die Mauer. Den Schwerverletzten bereiteten die Frauen ein Bett aus Stroh, verbanden ihre Wunden und gaben ihnen Wasser. Aber sie waren in einem so hoffnungslosen Zustand, dass sie ohnehin bald sterben würden.
    Nach den bisherigen Angriffen konnten wir mit Befriedigung feststellen, dass fast ein Drittel von Roberts Fußtruppen tot oder schwerverletzt war, etwa zwanzig weitere verwundet und nicht voll einsatzfähig.
    Er

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