Der Bastard von Tolosa / Roman
Humpeln.
»Wird es sich bessern?«, fragte Magdalena kummervoll.
»Mit der Zeit wird er lernen, sich geschickter zu bewegen. Aber das Bein wird steif bleiben. Daran lässt sich nichts ändern.«
»Und heute Nacht?«, fragte ich. »Wird er durchhalten?«
Hamid zuckte mit den Schultern. »Wenn nicht, werden wir ihn tragen.« Magdalena sah dankbar zu ihm auf.
Hamid und ich kletterten in den Turm und holten unsere ledernen Reisetaschen hervor. Darin verstauten wir alles, was sich an Wertvollem auf der Burg befand. Ich wollte verdammt sein, dies den
pezos
zu hinterlassen. Die prall gefüllten Taschen trugen wir in den Burghof, wo sich langsam ein Berg von Packen und Bündeln auftürmte.
»
Putan!
Das werden wir nicht alles tragen können.«
»Brot oder Seide«, lachte Hamid. »Entscheide dich.«
»Da bin ich für die Seide, denn solchen Stoff gibt’s nicht einmal in Narbona.«
Inzwischen hatten Peire Alfons und ein kräftiger Knecht namens Alban begonnen, die Wand einzureißen, die den geheimen Fluchtweg versiegelte. Sie befand sich in der hintersten Ecke eines Vorratskellers und wäre für einen Uneingeweihten kaum zu finden gewesen. Die Mauern auf Rocafort sind dick und aus soliden Felsbrocken, aber als wir an dieser Stelle mit dem Hammer klopften, hatte es hohl geklungen. Mit Meißeln und gut gezielten Schlägen lockerten sie den Mörtel und brachen einen Stein nach dem anderen aus der Wand. Als das Loch groß genug war, kletterten Hamid und ich in die kühle, muffig riechende Schwärze dahinter und ließen uns Fackeln nachreichen.
»Lass mich mitkommen, Vater«, bettelte Martin.
»Nicht jetzt, mein Sohn. Aber später brauche ich dich, um deiner Mutter und Joana hinunterzuhelfen.«
Hamid hatte ein Stemmeisen dabei, und ich trug ein langes Seil über der Schulter. Das Licht der Fackeln erhellte die kleine Vorkammer, in der wir uns nun befanden. Vor uns ein niedriger Torbogen aus grob behauenem Stein und dahinter schmale Stufen, die durch einen kurzen Tunnel durch das Fundament der Ringmauer nach unten führten. Im Anschluss ein gähnendes, schwarzes Loch, aus dem uns ein feuchter Modergeruch entgegenschlug. Wir hoben die Fackeln über unsere Köpfe, und ihr flackernder Schein ließ die unebenen Wände der Felsspalte aufleuchten, die wie ein verschlungener Schacht in unregelmäßigen Windungen steil nach unten führte. Schwarzes Getier huschte aus dem Lichtschein und verkroch sich scheu in dunkle Löcher. Spinnenweben hingen über der Stiege, und eine klamme Grabeskälte schien zu uns heraufzusteigen.
»Das ist also dein Hades«, spottete Hamid.
»Hades?«
»So nannten die Griechen das Reich der Toten.«
»Mach keine Scherze!« Ich bekreuzigte mich. »Pass lieber auf, wo du hintrittst. An manchen Stellen tropft Wasser von den Wänden, und die Steinstufen sind glitschig. Die Holzstiegen sind vielleicht morsch.« Ich hielt die Fackel hoch und begann vorsichtig den langen Abstieg.
Der Höhlenschacht fiel zuerst steil ab. Hier hatte man Balken verkeilt, die den Holzstufen als Unterlage dienten. Das Holz schien noch in gutem Zustand zu sein. Später folgten wir schrägen Windungen, als bewegten wir uns in einem Schneckenhaus. Es gab enge Durchlässe, die man mit Hammer und Meißel erweitert hatte. Dann betraten wir eine Höhle, die durch den Einsturz der Decke entstanden war. Zur Sicherheit waren dort mächtige Stützpfeiler angebracht. Im Boden befand sich ein Loch, durch das man über eine halb verrottete Holzleiter weiter nach unten in die nächste Kammer gelangte. Wo möglich, waren grobe Stufen in den Stein gehauen worden, an anderen Stellen erleichterten immer wieder Holzgerüste den Abstieg, manche ziemlich wackelig. Morsche Haltetaue waren an eisernen Haken befestigt, die man in den Fels getrieben hatte.
»Joana hat recht«, murmelte Hamid. »Ein gefährliches Loch. Ich frage mich, wie wir hier mit Frauen, Kindern und den Alten durchkommen werden.«
Von hoch oben klangen Peire Alfons’ helle Hammerschläge, deren Echo verstärkt und seltsam verfremdet durch die Felswände hallte, als säßen wir in einer riesigen Trommel. Plötzlich hatte ich Angst, auch der Feind würde es hören. Aber das war töricht. Nicht durch unzählige Klafter von Felsgestein und Burghügel! Wir nahmen unseren Weg wieder auf und gelangten durch einen niedrigen Gang und zuletzt über eine kurze, morsche Leiter in eine größere Höhle.
»Fast geschafft«, sagte ich.
Hamid sah sich erstaunt um.
Ein Teil dieses
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