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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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in diesem Augenblick den Fuß auf mein armseliges Haupt gestellt, es hätte mich gefreut, in solch einem zerknirschten Zustand befand ich mich.
    Behutsam legte ich meine Wange an ihren Schenkel.
    »Ich sehe dich noch vor mir auf unserer Hochzeit damals. So ein hübsches, junges Ding. Und ich habe dich von mir gestoßen. All dieser unnötige Zorn in mir. Meine Hochmut. Meine Missachtung. Ich habe dich gequält.«
    Immer noch lähmende Stille, doch dann regte sie sich.
    »Wieso die späte Reue?«
    »Weil …«
    Ich stockte. Gab es überhaupt eine glaubwürdige Erklärung?
    Fast mein halbes Leben lang waren mir solche Worte nicht eingefallen. Warum also jetzt? Es musste doch wie Hohn in ihren Ohren klingen. Wie konnte ich ihr erklären, dass die vergangenen Monate und Wochen mir in vielen Dingen das Herz geöffnet hatten. Nicht zuletzt ihre eigenen bitteren Worte an jenem Abend in der
aula.
Wie konnte ich ihr erklären, dass der Tod einer anderen Frau vieles verändert hatte? Noura, die ich zwar geliebt, aber immer als gegeben hingenommen hatte genauso wie Adela. Erst der Verlust hatte mir gezeigt, was letztlich von Bedeutung ist. Deshalb hatte ich Outremer den Rücken gekehrt.
    »Weil mir einiges klargeworden ist«, murmelte ich.
    Zurück in Rocafort hatte ich zu verstehen begonnen, was ich vor langer Zeit so achtlos weggeworfen hatte. Aber auch das sagte ich nicht, denn es war nur die halbe Wahrheit.
    »
Te amo,
Berta!«
    Ich hatte die Worte nur geflüstert, doch in meinem Kopf hallten sie wie Donnerschläge.
Te amo!
Hatte ich das wirklich gesagt? Zwei kleine Worte, die alles veränderten, eine neue Welt öffneten. Dabei war es doch so einfach. Denn die zwei Worte sagten alles. Alles, was wichtig war.
    »Was hast du gesagt?«, hauchte sie.
    »Verdammt, Berta, ich liebe dich!« Ja, dachte ich, es ist die Wahrheit, auch wenn ich viel zu lange gebraucht hatte, um dies zu erkennen. Aber nun ist es gesagt.
    Ich erhob mich langsam.
    »Jetzt auf einmal liebst du mich?«
    Sie hatte immer noch leise gesprochen, doch nun war nicht mehr Ungläubigkeit in ihrer Stimme, sondern Bitterkeit, ja Geringschätzung. Sie wandte mir mit einem Ruck den Rücken zu und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Du redest von Liebe, Jaufré? Ich weiß nicht, ob ich das hören will.«
    Ich nickte gefasst. »Natürlich. Das verstehe ich. Aber ich sage dies nicht leichtfertig. Schon lange bevor wir in Outremer aufs Schiff gestiegen sind, habe ich ernsthaft mein Leben überdacht. Manches war gut, vieles schlecht. Ich habe in der Vergangenheit Dinge mit Füßen getreten, die in Wahrheit wichtiger als alles andere sind. Eine späte Erkenntnis. Und natürlich hätte ich früher kommen sollen, aber es ging nicht. Da war Adelas Mutter …« Ich schwieg verlegen einen Augenblick und holte tief Luft. »Seit ich zurück bin, ist mir klargeworden, dass ich damals einen schrecklichen Fehler gemacht habe. Ich habe mich selbst belogen. Zuletzt bin ich vor dir davongelaufen, so verrückt es sich anhört. Weil ich schon immer diese Gefühle für dich hatte, auch wenn ich sie nie zugeben wollte. Schlimmer, ich wollte mir diese Gefühle nicht erlauben, als sei etwas Verbotenes daran.«
    Bertas Rücken war steif. Sie schüttelte immer wieder den Kopf, als wolle sie nichts von alldem hören. Es ist zu spät, dachte ich. Warum habe ich überhaupt angefangen, so peinliche Dinge zu sagen? Meine eigenen Worte beschämten mich, Worte, die sie gar nicht hören wollte.
    »Erinnerst du dich an jenen Kuss?«, versuchte ich es noch einmal.
    »Leider zu genau«, erwiderte sie nach kurzem Zögern.
    »Ich war verzaubert. Als hätte mich ein Elfenstab berührt.«
    »Stehenlassen hast du mich. Mitten auf dem Feld. Und bist zu der anderen gerannt.«
    »Amelhas schrecklicher Tod holte mich wie ein Kübel Bergwasser in die Wirklichkeit zurück. Ich hatte ihr so viel versprochen, und dann hatte ich sie betrogen. Mit dir! Wie ein elender Verräter war ich mir vorgekommen, kannst du das verstehen? Wir waren alle noch so jung,
mon Dieu!
«
    »Ich weiß. Joana hat mir alles erzählt. Ich solle geduldig mit dir sein, hat sie gesagt. Und ich habe versucht, es zu verstehen.«
    »Ich gab mir die Schuld am Tod zweier Menschen.«
    »Nein, mir hast du die Schuld gegeben. Vor allem mir.«
    »Das ist wahr«, antwortete ich zerknirscht. »Ich gab dir die Schuld dafür, dass ich dich begehrte. Du warst die Hexe, die mich verführen wollte. Meine Gefühle kehrten sich ins Gegenteil.«
    Ich sah, wie

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