Der Bastard von Tolosa / Roman
hinüber, die verlegen auf dem Schemel rutschte.
»Die kleinen Schlingel damals …«
»Die Schlingel waren Drogo und ich«, unterbrach ich sie. »Mit Feuerbränden haben wir heimlich die ganze Höhle durchforscht. Ich hatte Cecilia den Schlüssel gestohlen, und wir benutzten die geheime Stiege, um aus der Burg unbemerkt ein und aus zu gehen. Was kann es Spannenderes für zwei Jungens geben? Als Cecilia uns erwischte, bekamen wir den Gürtel des Waffenmeisters zu spüren.«
»Und mit Recht!«, entrüstete sich Joana. »Es ist gefährlich da unten. Cecilia ließ kurzerhand den Zugang zumauern. Und niemand durfte den Geheimgang auch nur erwähnen. Irgendwann habe selbst ich vergessen, dass es ihn gibt.« Sie zuckte mit den Schultern.
»Weiberherrschaft«, murrte ich und schüttelte den Kopf. »Wer mauert denn einen Fluchtweg zu und vergisst ihn? Aber es hat auch sein Gutes, denn Lambesc weiß nichts davon und somit auch nicht Ricard. Und die Wand, die sie hochgezogen haben, ist nichts, was man nicht mit Hammer und Meißel in wenigen Stunden einreißen kann. Heute Nacht also verlassen wir heimlich die Burg und gehen in die Berge.«
Das sorgte für Aufregung am Tisch.
»Die Burg aufgeben?« Lois Bertran schlug sich vor den Kopf.
Es folgte ein langer Streit. Die Frauen bangten vor allem um die Sicherheit der Gemeinschaft. Gisla weinte um ihre Kinder, Joana war entsetzt über diesen wahnsinnigen Einfall. Sie würden uns da draußen jagen, bis wir alle tot seien. Die Männer dachten über andere Möglichkeiten nach. Brun war für einen Ausfall, um die Geiseln zu befreien, bis Hamid ihn überzeugte, dass sie unsere wenigen Männer in Stücke hauen würden. Und selbst wenn es gelänge, würden sie mit anderen Geiseln weitermachen. Lois Bertran warnte, sich zu einer unbedachten Handlung hinreißen zu lassen, denn vielleicht war gerade dies Ricards Absicht. Wir sollten lieber die Belagerung durchstehen.
»Na schön«, sagte ich grimmig. »Die Burg ist fest. Hier sind wir sicher. Zumindest für eine Weile. Wir müssen uns nur daran gewöhnen, dass sie jede Nacht neue Unschuldige zu Tode quälen. Bedenkt, es sind eure Nachbarn, eure Freunde und Verwandten! Könnt ihr das ertragen?«
Die meisten, auch Gisla, schlugen die Augen nieder. Joanas Hand machte das Zeichen der
corna,
um weiteres Übel abzuwenden. »Was können wir anderes tun?«, hauchte sie.
»Hinzu kommt«, fuhr ich ungerührt fort, »dass Robert Verstärkungen heranschafft. Je länger wir warten, desto schwieriger wird es, den Feind zu besiegen. Zuletzt werden sie uns aushungern. Ich kenne solche Belagerungen nur zu gut und weiß, wie es ist, wenn man sich am Ende um jede magere Ratte prügelt. Das, Gisla, möchte ich dir und deinen Kindern ersparen.«
»Und wenn wir uns ergeben?«, fragte sie zögerlich. »Sie haben versprochen, uns alle gehen zu lassen …«
»Umbringen werden sie uns!«, unterbrach Berta sie harsch. »Schon um Zeugen ihrer Freveltaten zu beseitigen.«
Gisla schwieg betroffen. Für eine Weile waren alle ratlos.
»Niemand gewinnt eine Schlacht«, sprach Hamid in die Stille, »indem er wie ein Ha
senherz
auf seinem Hügel hocken bleibt. Es wird Zeit, das Heft in die Hand zu nehmen.«
»Also,
Castelan
«, sagte Jaume lässig. »Was habt Ihr vor?«
Er schien als Einziger unbesorgt, ließ sich Wein nachfüllen und zwinkerte der Magd Ana zu, die mit offenem Mund gelauscht hatte. Das Mädchen schien ihn mehr zu fesseln als unser hitziges Gerede.
»Wenn sie Rocafort verlassen vorfinden«, so legte ich ihnen meinen Plan auseinander, »sind wir bereits in Sicherheit. Warum sollten sie dann weitere Geiseln quälen? Sie haben, was sie wollen. Uns zu verfolgen, wird schwierig sein. Der Wald ist dicht und voll von dornigem Unterholz. Für jemanden, der die Wildpfade nicht kennt, ist da schwer durchzukommen. Verfolger lassen sich leicht in einen Hinterhalt locken. Das wissen auch die Söldner. Oben auf dem Berg hat Drogo ein Lager an einem versteckten Ort errichtet, mit Zelten und Mundvorrat für Wochen. Dort sind Frauen und Kinder sicher. Fast so sicher wie auf Rocafort. Und von Drogos Männern wissen Robert und Ricard nichts. Zusammen mit ihnen sind wir stark genug, um sie anzugreifen. Unsere Männer kennen jeden Schlupfwinkel, wir können unerwartet und von jeder Seite zuschlagen und wieder verschwinden.«
Hamid grinste wölfisch. »Unterschätzt nicht unsere Kampferfahrung. In Outremer haben wir schon ganz andere Feinde geschlagen.«
»Per
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