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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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üblichen Laternen auf der Burg brannten, so dass für Ricard bis zum Morgen alles wie gewohnt aussah. Schließlich tauchte er auf und planschte durch den Fluss. Er trug nur ein Bündel, dafür aber seine Laute in eine Lederhülle gewickelt und auf den Rücken geschnallt.
    »Verdammt schade, den Bastarden die Burg zu überlassen«, murrte er und reichte mir den Schlüssel zur eisernen Pforte. Dann zog er mein Banner aus dem Ärmel seines Kettenpanzers. Er musste es vom Turm geholt haben.
    »Der
Castelan
hat die Burg verlassen!«, grinste er und band das Banner um den Speer, den er trug. »Ihr erlaubt doch, Herr?«
    »Also gut, dann sollst du ab jetzt mein Bannerträger sein.«
    »Das ist ein Wort,
Senher!
« Er lachte unbekümmert in der Dunkelheit. »Sie werden Euren roten Eber fürchten lernen.«
    »Ich wollte dich … äh … etwas fragen, Jaume«, sagte ich verlegen, während wir auf Brun warteten.
    »Was ist,
Castelan?
«
    »Woher hast du eigentlich deine Lieder?«
    Er sah mich erstaunt an. »Einige sind aus dem Volk, andere habe ich von fahrenden Sängern«, erwiderte er. »Und manchmal fallen mir selbst ein paar Verse ein. Warum fragt Ihr?«
    »Ich möchte, dass du ein
canso
erfindest.«
    »Ein
canso.
« Er verstand nicht.
    »Na, du weißt schon. Ein Liebeslied.« Ich musste rot geworden sein. Zum Glück konnte man das in der Dunkelheit nicht sehen. »Und eine passende Melodie dazu. Etwas Gefühlvolles, verstehst du?«
    »Und wem soll es gewidmet sein?«
    Mon Dieu!
Der Kerl stellte sich aber dumm an.
    Plötzlich grinste er übers ganze Gesicht. »
Domna
Berta vielleicht?«
    »Wem denn sonst?«, knurrte ich.
    »Ah! Das gefällt mir«, raunte er hocherfreut. »Ein wenig bin ich selbst in sie verliebt. Wie alle Kerle auf Rocafort, nehme ich an.« Dazu lachte er. »Gebt mir etwas Zeit, Herr. Es sollen die besten Verse werden, die ich je gemacht habe.«
    »Gut. Ich will es dir auch gebührend vergelten. Aber kein Wort zu irgendjemandem. Du auch nicht, Martin«, wandte ich mich an meinen Sohn. »
No parla mot!
Es soll eine Überraschung werden.«
    »Verlasst Euch auf mich«, sagte Jaume. »Und habt Dank, Herr. Ich werde Euch nicht enttäuschen.«
    Brun, der inzwischen ebenfalls auf der Straße angekommen war, zählte seine Männer durch. Wir schulterten unsere Bündel und schweren Ledertaschen, hängten unsere Schilde über. Wankend unter all dem Gewicht marschierten wir los. Brun berichtete, dass sich seit Stunden nichts mehr in Ricards Lager geregt hatte. Wir waren in Hochstimmung über unseren Erfolg und schritten aus, so gut es ging, um die letzte Gruppe einzuholen. Renat folgte mit den Hunden, die so aufgeregt am Halsband zerrten, dass er Mühe hatte, sie zu halten. Martin ging an meiner Seite und bemühte sich redlich, nicht zurückzufallen.
    »Adela und du«, fragte ich. »Habt ihr euch gestritten?«
    »Ein bisschen«, gab er zu. »Sie ist wütend auf mich.«
    »Und warum?«
    »Ich hab nur gesagt, dass ich froh bin, dass du jetzt wieder bei deiner richtigen Frau bist.«
    »Keine kluge Bemerkung, mein Junge.«
    »Aber es stimmt doch«, verteidigte er sich.
    »Jetzt ist sie also böse auf dich.«
    »Sie hat geweint und gesagt, dass ihre Mutter Noura die richtige Frau gewesen sei. Dass du unsere Mama überhaupt nicht ausstehen konntest. Ist das wahr, Vater?«
    Gott im Himmel! Was sagt man dazu? »Adelas Mutter war eine wunderbare Frau«, antwortete ich vorsichtig. »Du hättest sie gemocht. Aber was deine Mutter betrifft, so habe ich mich schrecklich geirrt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Eigentlich habe ich sie gleich beim ersten Anblick geliebt.«
    »Und warum bist du dann so lange fortgeblieben?«
    »Weil ich Hornochse es erst jetzt gemerkt habe.« Seltsamerweise schien diese Antwort für ihn mehr Sinn zu ergeben als für mich selbst. Jedenfalls machte er ein zufriedenes Gesicht.
    »Aber du solltest dich bei Adela entschuldigen, denn ihre Mutter habe ich auch geliebt. Auch wenn das schwer zu verstehen ist.«
    »Kann man denn zwei Frauen lieben?«
    Ich lachte verlegen. »Wie du siehst,
filho.
Am besten aber nicht zur gleichen Zeit. Das gibt Ärger.«
    Eine Zeitlang stapften wir wortlos nebeneinanderher. Martin schien über diese neuen Erkenntnisse nachzudenken.
    »Warum quälen sie unsere Rosa?«, fragte er auf einmal.
    »Weil sie mich zwingen wollen, ihnen Rocafort zu überlassen.«
    »Ich weiß. Mama hat es mir gesagt. Glaubst du, sie hören jetzt auf damit?«
    »Ich hoffe es, Martin. Ich hoffe es.«
    »Und

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