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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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vor Schreck davongelaufen, um bei mir und unseren Kriegern Schutz zu suchen. Nun saßen allesamt ratlos am Wegrand und warteten auf uns.
    Wie sie erzählten, war alles sehr schnell gegangen. Die Beschreibung, die sie von Nemo gaben, schien zu passen. Aber als ich sie fragte, wie viele es gewesen waren, sagte der eine zwanzig, ein anderer schwor, es seien mindestens fünfzig gewesen, und ein Weib wollte gar hundert furchterregende Halsabschneider gesehen haben. Ich schüttelte den Kopf.
    »Haben sie Berta oder Adela etwas angetan, sie schlecht behandelt?«
    »Nein, Herr, und die
Domna
ist ganz ruhig mitgegangen«, sagte ein altes Mütterchen. »Auch die kleine
Donzela.
Aber Angst hat sie gehabt, das arme Kindchen.«
    »Nemo ist nicht gewalttätig!«, rief Magdalena heftig.
    »Nicht gewalttätig?« Ich lachte bitter. »Lammfromm aber auch nicht. Frag deinen Enric, was sie mit uns vorgehabt hatten auf der Taula de Sarasins.«
    Enric öffnete den Mund, doch ich unterbrach ihn gleich wieder.
    »Keine Zeit für dummes Geschwätz! Wir haben andere Sorgen. Wir können hier nicht bleiben. Wir müssen die anderen am Col de Lima treffen und in die Berge gehen, bevor Ricard seine Reiter schickt.«
    So machten wir uns wieder auf den Weg. Ich war ungeduldig. Es ging mir alles zu langsam. Brun und seine Männer mussten das Dorfvolk ständig antreiben. Am Ende blieb den jungen Kerlen nichts anderes übrig, als neben ihrem Gepäck auch noch die Kinder zu tragen. Ein paar kräftige Burschen schleppten Enric, wenn er zu müde wurde. So erreichten wir schließlich Hamid, Joana und die anderen, die als Erste unseren
exodus
begonnen hatten.
    »Beruhige dich! Er wird ihnen nichts tun«, sagte Hamid, nachdem das Wichtigste erzählt war. Er sah mir meine Anspannung und Aufregung an. »Schließlich hast du Magdalena.«
    »Und das wird auch so bleiben«, erwiderte ich grimmig.
    Ich hatte der Räuberbraut die Hände binden lassen und sie mit einem langen Strick an meinen Gürtel gefesselt. Sie war mein Pfand und sollte mir nicht entkommen. Der Junge mit seiner Verletzung war kaum in der Lage, zu fliehen. Hamid sah nach Magdalenas Fesseln und lockerte sie ein wenig, woraufhin sie ihm einen dankbaren Blick zuwarf.
    »Ich laufe nicht weg,
Castelan
«, sagte sie ruhig.
    »Ich möchte dir glauben. Aber sicher ist sicher.«
    Dann rief ich nach Jaume. »Hör zu, mein Freund. Du musst etwas Wichtiges für mich erledigen. Ich will, dass du von hier aus so schnell wie möglich nach Süden über den Berg zu jener
ermitatge
gehst, die auf der anderen Seite in der tiefen Schlucht des Agli liegt.«
    »Und wie soll ich die finden?«
    »Es ist die Einsiedelei des Heiligen Antonius von Galamus. Ich gebe dir zwei Männer aus dem Dorf mit. Sie kennen den Weg. Dort fragst du nach Bruder
Jacobus. Sag ihm, wer ich bin, und erklär ihm, warum ich nicht selbst kommen kann. Dann bring ihn auf schnellstem Weg in unser Lager. Und schärf ihm ein, er soll alles mitbringen, was mir gehört.«
    »Wäre es nicht besser, zuerst zum Lager zu gehen, damit ich meinen Gaul hole? Ich bin ein
ome de cavalaria
und kein
pezo!
«, murrte er.
    »Wohin du gehst, wird dir eher eine Bergziege nützen als ein Gaul.«
    Jaume war nicht glücklich, aber reichte Brun die Laute und sein Bündel. »Also gut.«
    »Der Mönch wird nicht kommen«, wandte Joana ein. »Er ist misstrauisch.«
    »Dann nimm dies!«, ich nahm Guilhems Siegelring vom Finger. »Den wird er erkennen.«
    Joana schüttelte den Kopf. »Er ist ein vorsichtiger Mann. Der Ring könnte gestohlen sein. Lass mich mit ihnen gehen. Ich kenne Jacobus gut. Mir wird er vertrauen.«
    »Gut! Dann machen wir uns jetzt alle auf den Weg«, befahl ich und steckte den Ring wieder auf den Finger.
    Eine Weile noch wanderten wir gemeinsam, dann trennten sich unsere Wege. Zwei der Burschen aus dem Dorf hatten sich freiwillig gemeldet, mit Jaume und Joana zu gehen. Ich küsste meine Amme zum Abschied.
    »Versucht bis heute Abend im Lager zu sein. Und danke,
noiriça!
«
    Als die Sonne im Osten ihr Gesicht zeigte, waren wir schon mitten im dichten Bergwald und stiegen auf gewundenen Pfaden immer höher. Die Luft war noch frisch vom Tau der Nacht, aber die Morgensonne wärmte rasch das Gras in den Lichtungen, wo Bienen und Hummeln, vom nimmermüden Singsang der Zikaden begleitet, sich an ihr Tagwerk machten, die Blüten auszusaugen.
    Es wurde bald immer steiler, die Alten verlangten häufiger nach Ruhepausen, und die Kinder quengelten. Unter der Last,

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