Der Bastard von Tolosa / Roman
den knielangen Schlachtpanzer.
Drogo neben mir wischte sich den Schweiß von der Stirn und stülpte den Helm über. Er zog den Riemen fest. Dann ließ er leise das Damaszenerschwert, das ich ihm geschenkt hatte, aus der Scheide gleiten und küsste es zwischen Griff und Klinge, als wäre es ein Kreuz.
Schließlich packte er meine Hand.
»Mit Gottes Hilfe, Jaufré!«, flüsterte er.
Ich schlang meinen Arm um seinen muskulösen Nacken und küsste ihn auf die bärtige Wange. »Mit Gottes Hilfe, Bruder!«
Unter dem Schutz eines Busches spähte ich vorsichtig um die Felsecke. Die Reiter hatten die Brücke erreicht. Robert war klar zu erkennen, denn sie waren so sorglos, dass keiner von ihnen einen Helm trug. Die Schilde hingen am Sattelknauf, und ihre Lanzen waren auf einem Maultier des Trosses verstaut.
Die alte Römerbrücke wölbt sich etwas nach oben und ist ziemlich schmal. Mehr als gerade mal ein Ochsenkarren passt nicht rüber, und drei, vier entschlossene Männer, die Seite an Seite stehen, können sie abriegeln. Das war, zusammen mit zehn Mann unserer Speerkämpfer, Drogos Aufgabe. Der Rest, etwa fünfzehn unter meiner Führung, würde auf der anderen Seite ebenfalls den Zugang zur Brücke unterbinden und ihm den Rücken decken.
Die Reiter unten verweilten plötzlich mitten auf der Brücke, denn einer wollte zum Bach hinabsteigen, um seinen Wasserschlauch aufzufüllen. Das war nicht gut, denn wenn der ganze Heerhaufen an der Brücke rasten würde, könnte es unseren Plan gefährden. Aber Robert wies den Mann scharf zurecht. Er machte eine ungeduldige Handbewegung und gab seinem Reittier die Sporen. Der Rest folgte, und kurz darauf hatten alle die Brücke passiert und nahmen ihren Weg auf der anderen Seite der Schlucht wieder auf.
Ich atmete langsam aus.
Inzwischen hatte sich der Maultiertross genähert und überquerte ebenfalls die Schlucht. Immer noch hielten wir still. Es war heiß. Die Sonne brannte auf meinen Kettenpanzer, und der Schweiß rann mir den Nacken hinunter. Mein Lederwams stank so erbärmlich, dass ich fürchtete, sogar der Feind auf der Straße würde mich riechen können. Die
vilans
ließen auf sich warten, bis die Ersten sich schließlich der Brücke näherten. Ich zog mich zurück, und im Schutz des Felsens stieg ich vorsichtig in den Sattel, tätschelte Ghalibs Hals und flüsterte ihm aufmunternde Worte ins Ohr. Dann setzte ich mir den Helm auf und zog den Riemen fest. Zuletzt die eisenbewehrten Handschuhe. Jemand reichte mir eine leichte Reiterlanze.
»Sag mir, wenn eine Handvoll auf der Brücke ist«, raunte ich Drogo zu. »Nicht mehr.« Er wusste, was ich vorhatte. Wir hatten es so abgestimmt.
Dann, nach einer Weile zischte er: »Jetzt, Jaufré! Jetzt!«
Ghalib brauchte kaum Ermutigung. Er spürte, wie ich mich vorbeugte und den leichten Schenkeldruck, und schon warf er den Kopf hoch und preschte hinter dem Felsen hervor. Thor und Odin jaulten auf und folgten im Galopp. Aus Gewohnheit schrie ich Sant Gilles alten Schlachtruf: »Tolosa! Tolosa!« Schild in der Linken und die Lanze in der Rechten, so stürmten wir das kurze Stück den Hang hinunter. Die Zügel hatte ich lose um den Sattelknauf geschlungen, Ghalib würde wissen, was ich wollte.
Die Überraschung hätte nicht größer sein können.
Eine gute Speerkämpfertruppe hätte mich mit Leichtigkeit abgewehrt. Aber die
vilans
auf der Straße erstarrten, als sie mich wie eine Erscheinung aus der Hölle auf sich zurasen sahen, gefolgt von Drogo und den anderen, die ebenfalls wie die Furien brüllten. Jemand schrie, sie sollten sich verdammt noch mal in Reih und Glied aufstellen, aber die meisten waren viel zu erschrocken, um darauf zu achten, ja sie vergaßen fast, ihre Waffen zu heben, von Ordnung oder Schlachtreihe keine Spur. Die Vordersten wichen in heller Panik vor mir zurück und stolperten über andere. Männer gingen zu Boden, und eine weite Lücke tat sich auf.
Und so begann ich, Bauern zu töten.
Ich ritt in sie hinein, stach mit meiner Lanze um mich, wehrte die schwache Gegenwehr mit dem Schild ab. Ghalib drehte sich nach rechts und links, gebrauchte seine Zähne, keilte aus und warf Männer zu Boden, so wie er es gelernt hatte. Gleichzeitig stürzten sich die Hunde auf die Bauern und verbissen sich in Arme und Kehlen. Ich warf einen hastigen Blick hinter mich, denn wir wollten Drogo die Zeit geben, die Brücke einzunehmen, bevor der Feind sich von seinem Schrecken erholte. Befriedigt sah ich, dass seine Männer
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