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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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für die Türken.
    Vielleicht hatte deshalb der Sultan auch uns unterschätzt und zu voreilig angegriffen. Oder weil er noch jung und ungestüm war, denn er zählte erst knapp achtzehn Jahre.
    Nicaea liegt an einem See, und als die Byzantiner mit Schiffen von der Seeseite unsere Belagerung unterstützten, da ergab sich die Stadt, und wir überließen sie dem Basileus. So endete die erste Feindberührung der
militia christi
mit einem großen Sieg. Ich hatte meine erste große Schlacht überlebt und war wie alle im Heer voll übermütiger Hoffnung.
    Nun begann der lange Marsch nach Syrien. Nach entbehrungsreicher Wanderung durch die trockenen Ebenen Anatoliens, bei der Männer und Tiere verdursteten, fielen wir bei Dorylaeum in einen Hinterhalt ebendieses selben Kilij Arslans. Diesmal mussten wir schwere Verluste hinnehmen, aber Bohemunds kaltblütige Umsicht und Tapferkeit hielt das Heer zusammen, bis Bischof Aimar nachrücken und den Türken in den Rücken fallen konnte. Wieder entkam der junge Sultan nur mit knapper Not.
    Wir begruben die vielen Toten, und allen war klar, um Haaresbreite hätte es anders kommen können. Zum ersten Mal hatte ich das wahre und zutiefst ernüchternde Gesicht des Krieges gesehen.
    Aber danach wagten es die Seldschuken nicht mehr, uns anzugreifen. In vielen Städten ermordete nun das Volk die türkischen Besatzungen und öffnete uns die Tore, besonders in den Ortschaften der Armenier im Taurus und Nordsyrien. Selbst Christen, sahen sie uns als Befreier vom Joch der Türken. Sie bekränzten unsere wegmüden Krieger mit Blumen, gaben uns Pferde und beluden unsere Maultiere mit Wegzehrung. Ihre Freude füllte uns mit neuer Zuversicht.
    Über verschneite Pässe zogen wir weiter nach Süden und erreichten den Fluss Orontes und die herrliche Stadt Antiochia, die an seinen Ufern liegt. Sie mussten wir einnehmen, denn wir konnten uns nicht erlauben, eine solche Festung der Türken in unserem Rücken zu lassen. Doch an Erstürmung der mächtigen Mauern war nicht zu denken. Zum Bau von Belagerungsgerät fehlte es an Holz, Eisen und Tauwerk, und so folgten fast acht zermürbende Monate, in denen wir uns begnügten, die wichtigsten Tore zu blockieren. Ganz umschließen konnten wir die Stadt nicht, denn ein Reiter auf einem schnellen Pferd hätte einen halben Tag gebraucht, um sie zu umrunden.
    Die größte Schwierigkeit der Fürsten war, während so langer Zeit ein Heer von über vierzigtausend Mann und entsprechendem Anhang an Knechten, Weibern und Kindern zu ernähren. Wir mussten immer größere Entfernungen reiten, um Nahrung für Mensch und Tier aufzutreiben. Kein Dorf, kein Schober blieb vor uns verschont, und die Bauern flohen in Scharen, bis bald alles Land entvölkert war. Auch die Lieferungen aus den armenischen Städten wurden immer weniger. Wir wurden von Seldschuken überfallen und erlitten häufig Verluste. Zweimal kamen Heere gegen uns. Zuerst Ridwan von Aleppo, dann Duqaq von Damaskus, sein Bruder. Letzteren besiegte Bohemund am See von Antiochia durch einen gut geplanten Hinterhalt. Überhaupt erwies sich Bohemund als unser bester Heermeister.
    Das rauhe Winterwetter setzte uns zu. Es gab kaum noch Holz für die Kochfeuer, und ständiger Regen weichte den Boden auf, so dass das Lager einer grauen Schlammwüste glich. Im Frühjahr besserte sich das Wetter, aber da es nichts mehr zu beißen gab, war unsere Lage äußerst schwierig geworden. Pferde starben an Futtermangel. Hunger hatte unsere Reihen gelichtet, vor allem unter den Ärmeren. Das Heer wurde von Seuchen befallen, besonders in den dichtgedrängten Lagern am Fluss, und viele starben an Fieber und blutigem Durchfall. Häufige Ausfälle der türkischen Besatzung schwächten uns weiter.
    Viele begannen zu verzagen. Immer mehr schlichen sich heimlich davon. Die größte Prüfung unserer Standhaftigkeit kam zuletzt im Frühsommer, als bekannt wurde, dass der
atabeg
Kerbogha von Mossul mit einem riesigen Heer heraneilte, um die Belagerung der Stadt zu brechen. Jeder fragte sich, wie wir ihm in diesem geschwächten Zustand würden widerstehen können.
    Seit langem hatte Bohemund darüber gegrübelt, ob sich die Tore der Stadt, wenn schon nicht mit Kriegsmacht, dann mit Gold aufschließen ließen. Heimlich waren seine Spione seit Monaten in der Stadt ein und aus gegangen. Und nur wenige Tage vor der Ankunft des Türkenheeres, als die meisten schon ergeben unserer endgültigen Vernichtung entgegensahen, da gelang das

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