Der Bastard von Tolosa / Roman
Reitertrupp, den sie hinter sich in den Bergen wussten?
Adelas Rettung schien mir so wundersam, als hätte der Erzengel Gabriel selbst seine Hand über sie gehalten.
Ich umarmte Aniketos und dankte ihm, was ihn etwas befremdete, denn er trat verlegen einen Schritt zurück. Schließlich lächelte er zahnlos. Er drehte sich um und bedeutete seiner Frau mit einem Wortschwall, mit uns zu gehen. Sie zögerte einen Augenblick, dann gesellte sich eine weitere Frau zu ihr, und die beiden sahen mich ernst und erwartungsvoll an.
»Sie sollen dir und Adela zur Hand gehen, bis ihr jemanden gefunden habt«, erklärte Hamid, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und fügte gequält hinzu: »Morgen früh wollen sie mit Särgen kommen und die Toten begraben.«
Ich nickte wortlos. Natürlich.
Die Frauen liefen noch einmal ins Dorf zurück, um Dinge für die Nacht zu holen. Inzwischen hatte sich Dunkelheit über die Landschaft gelegt, und sie boten uns Feuerbrände an, damit wir den Weg leuchten konnten. Dies wies ich zurück, denn es war besser, die Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, falls wir doch noch angegriffen wurden. Ein blassgelber Mond war über den Horizont gestiegen und würde uns ohnehin die Sicht erleichtern.
Die beiden alten Frauen gingen in der Mitte unseres Zuges. Sie trugen Bündel auf dem Kopf und warfen ängstliche Blicke um sich. Die Gegenwart meiner Krieger beunruhigte sie. Ich ging zu Fuß und führte Ghalib am Zügel, hinter mir hörte man von Zeit zu Zeit ein Schnüffeln und Schluchzen von Adela auf ihrer Stute. So wanderte unsere Truppe langsam mit hängenden Köpfen über die Felder, bis wir wieder auf dem Hof angekommen waren.
Guilhem wollte sofort die Türken verfolgen. Aber ich verbot es. Nun, da Adela gefunden war, hatte ich nicht mehr genügend Hass in mir und auch keine Kraft, ihnen nachzujagen. Ich war unendlich erleichtert, dass wenigstens mein Kind unversehrt war. Dennoch fiel es uns beiden schwer, ein Wort miteinander zu reden. Nouras Tod stand wie eine Wand zwischen Vater und Tochter, und jeden für sich, wie unberechtigt auch immer, nährte das Gefühl, als habe er in entscheidender Stunde versagt.
Es wurde ein qualvoller Abend.
Als Adela ihre Mutter tödlich verwundet und schon erkaltet auf dem Bett liegen sah, brach sie zusammen. Sie hockte in einer Ecke, die Arme verzweifelt um den mageren Körper gepresst, während ihr Mund sich in lautlosem Schmerz verzerrte, so starr, als könne sie nicht mehr atmen. Dann rang sie mit Mühe nach Luft und begann zu schreien, bis ich sie aufrichtete und nach draußen führte. Sie schleppte sich vornübergebeugt, immer noch wimmernd den Leib haltend, als sei sie es, der man ein Schwert in die Brust gerammt hatte. Ich wusch ihr das Gesicht am Brunnen, und sie ließ es zitternd über sich ergehen. Danach setzten wir uns für eine Weile auf eine Bank. Ich hielt einen Arm um sie gelegt und wiegte sie sanft, bis sie sich beruhigte.
Die Frauen bereiteten etwas zu essen vor, aber Adela wollte nichts zu sich nehmen. Ich saß lange an ihrer Lagerstatt und hielt ihre Hand, bis sie eingeschlafen war. Mein Herz war schwer. Ich kannte mein Töchterchen nur unbeschwert und fröhlich. Und nun hatte sich ihr so unerwartet die hässliche Fratze dieses verfluchten Krieges gezeigt. Ich selbst war völlig erschöpft und konnte doch nicht schlafen. Für einen Soldaten ist der Tod immer gegenwärtig, und sinnlose Gewalt kannte ich zur Genüge. Und doch, wie unvorbereitet man ist, wenn es einen selbst trifft.
Die Männer hatten das Durcheinander im Haus notdürftig aufgeräumt, etwas gegessen, und nun hatte jeder sich in der Scheune oder sonst wo einen Platz zum Schlafen gesucht. Obwohl Essen das Letzte war, wonach mir der Sinn stand, hatte ich zumindest eine warme Suppe zu mir nehmen können. Endlich konnte ich mich der schweren Rüstung entledigen und atmete tief durch. Alexis kam zu mir mit verweinten Augen, und ich umarmte ihn. Hamid versprach, sich um ihn zu kümmern. Sie würden ihn mit Wein betäuben und reden lassen. Ja, sollte er sich bewusstlos trinken. Besser so.
Alle diese Handlungen nahm ich schlafwandlerisch vor. Mein Körper bewegte sich, meine Stimme ließ sich vernehmen, aber mein Geist war nicht dabei, und ich hatte das Gefühl, als läge auf meiner Brust ein schwerer Felsbrocken, so dass ich zu ersticken glaubte. Von Zeit zu Zeit musste ich eine Anstrengung machen, um Luft zu holen. Konnte man so sterben? Indem man einfach aufhörte zu atmen? Ich war
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