Der Bastard von Tolosa / Roman
Abendmahl zu holen. Aber ich will ihre Andacht nicht stören …«
»Sie ist ein kluges Kind, und wir haben viel geredet«, sagte er mit überraschend weicher Stimme und legte seine Hand sanft, fast wie schützend auf Adelas Haupt. Sie blickte scheu lächelnd zu ihm auf, als gebe es eine Verbindung zwischen ihnen, von der ich ausgeschlossen war.
»Ich danke Euch,
Paire,
dass Ihr Euch meiner Tochter angenommen habt.«
»Ein schwerer Verlust für das arme Kind. Wie für Euch selbst natürlich«, entgegnete er etwas zu ölig. »Wir haben Gottes Beistand erfleht, um die arme Seele ihrer Mutter sanft ins Paradies zu geleiten. Sie war eine gute Frau, und Adela kann stolz auf ihre Mutter sein.«
Ich wunderte mich über diese Töne, denn oft hatte er mir in bösen Worten angemahnt, Noura endlich zu ehelichen und den unerträglichen Zustand der Sünde zu beenden, in dem wir zu leben wagten. Natürlich war es ihm ein immerwährender Dorn in der Seite, dass so viele unserer Männer ein Lotterleben führten, Weiber zu sich nahmen und wieder verstießen, wie es ihnen gefiel, und dass er mehr Bastarde als eheliche Kinder taufen musste, wenn sie denn überhaupt zur Taufe kamen. Ein Heer sammelt Anhang wie ein Hund Flöhe, das war schon immer so. Der Krieg hatte das Land verarmt, und um nicht zu verhungern, öffnete auch so manche Einheimische die Schenkel.
Als Hauptmann der Festung hätte ich ein besseres Beispiel abgeben sollen. Aber Noura zu heiraten, war mir unmöglich gewesen. Den Grund dafür hatte ich ihm jedoch nicht zu erklären. Schließlich war er nicht mein Beichtvater.
Ich wollte Adela bei der Hand nehmen, aber sie ging stumm und kerzengerade an mir vorbei und marschierte durch die Kapellentür, ohne sich umzublicken. Ich musste dem Pater einen gequälten Blick zugeworfen haben, denn er hob die Augenbrauen und runzelte mitfühlend die Stirn. Ich wandte mich ebenfalls zum Gehen.
»Auf ein Wort,
Castelan.
« Schon an der Tür, drehte ich mich um.
Paire
d’Aguiliers war mir humpelnd und kurzatmig ächzend gefolgt. Er sprach leise, mit dem Rücken zur Tür, als fürchtete er, Adela könne uns hören.
»Gott sei mein Zeuge, Montalban. Ich habe mich nie in Eure Angelegenheiten eingemischt.« Das sah ich anders, doch bevor ich antworten konnte, fuhr er fort: »Aber versündigt Euch nicht an Eurer Tochter. Sie ist ein gutes Kind, wenn auch nicht im Stand der heiligen Ehe geboren. Zumindest habt Ihr sie taufen lassen und im rechten Glauben erzogen. Das will ich Euch zugutehalten.« Vom vielen Reden ging sein Atem noch keuchender. »Nein, nein, ich will Euch nicht beschuldigen, zumal die arme Frau nun von uns gegangen ist. Gott sei ihrer Seele gnädig.« Hier bekreuzigte er sich und küsste das silberne Kreuz, das um seinen Nacken hing.
Ich wurde langsam ungehalten, und er merkte es wohl. »Hört mich an, Montalban! Ich mache mir Sorgen. Was habt Ihr mit dem Kind vor? Wo wird sie leben?«
»Hier bei mir auf der Festung. Wo sonst?«
»Das ist doch kein Leben für eine
donzela,
für ein so junges Edelfräulein, unter Soldaten und Hurenböcken aufzuwachsen.« Seine Mundwinkel zogen sich verächtlich nach unten. »Alles vermaledeite
fornicatores.
«
»Fürs Erste kümmert sich Euthalia um sie.«
»Pah. Dieses Byzantinerweib und ihre Brut. Dort lernt sie nicht den wahren Weg zu Christus.«
»Und der wäre?«
Er beachtete meine Frage nicht. »Ich habe den guten Grafen Bertran für ein gottgefälliges Werk gewinnen können.« Er sah mich erwartungsvoll an, als hätte ich es schon erraten. Was, zum Teufel, wollte er von mir?
»Sprecht weiter,
Paire
«, fragte ich ungeduldig.
»Wie Ihr wisst, haben wir kürzlich, ähnlich wie in Jerusalem und anderen Orten, nun auch hier ein
hospitium
eingerichtet, damit Pilger und Reisende auf dem Weg zu den Heiligen Stätten saubere Unterkunft und ein stärkendes Mahl finden können, ebenso wie geistlichen Beistand.«
Ich nickte.
»Und nun wollen wir auch ein Frauenhaus gründen«, fuhr er mit ernster Miene fort. Wieder dieser heischende Blick, als erwarte er meine sofortige Begeisterung. »Denn unter den frommen Pilgern sind viele Frauen. Und dann die gefallenen und misshandelten Frauen hier im Lager. Außerdem gibt es Krankheiten zu heilen und Bälger zu füttern, die keiner will. Und Ihr wisst selbst, wie viel Pflege Eure Soldaten brauchen, wenn sie verwundet sind. Was also besser als ein kleines Frauenkloster, um ein solches
hospitium
zu betreiben, nicht wahr?« Er hatte sich in
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