Der Bastard von Tolosa / Roman
Handbewegung zum Zeichen, dass ich mich setzen sollte, und goss uns beiden Wein ein. Er hob seinen Kelch zu meinem Wohl und stürzte sich den Inhalt, ohne abzusetzen, in die Kehle. Dann schnalzte er genießerisch mit der Zunge, goss nach und setzte sich ebenfalls. Seine Finger spielten mit einer schweren Goldkette, die er um den Hals trug und die ihm bis tief auf die Brust hing.
»Ich bin es, dem es leidtut, dass dieser Taugenichts dich angefallen hat. Ich muss mich für meine Familie entschuldigen, Montalban. Überhaupt, dass ich mich habe überreden lassen, dieses Früchtchen aufzunehmen.« Er schlug gereizt mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Ich hatte ihn wegen der Hinrichtung des Griechen zur Rede gestellt. Und ein Wort ergab das andere …«
»Sag nichts weiter. Die Wachen haben mir alles berichtet. Du warst unbewaffnet, und er hätte dich, ohne zu zögern, abgestochen. Ich kenne dieses Bürschchen. Er duelliert sich gern und nennt es Gottesurteil. Aber es ist Mord, und er hat schon einige auf dem Gewissen.«
»Hattet Ihr ihm den Befehl über die Festung erteilt, während meiner Abwesenheit?«
»Keineswegs. Eine reine Anmaßung. Warum hätte ich das tun sollen? Hast du nicht den Waffenmeister, der dich vertritt, diesen Hünen von Normannen?« Als ich nickte, fuhr er fort: »Mein Vetter war zu gierig darauf, seine bestialischen Spiele zu treiben. Der Junge hat ein krankes Gemüt.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Nein, ich gebe mir selbst die Schuld, denn ich hätte es besser wissen sollen.«
»Ricard steht immer noch unter meinem Befehl, und so wie die Dinge jetzt stehen …«
Er unterbrach mich gleich. »Keine Sorge. Du wirst dich nicht mehr mit ihm plagen müssen.« Und dann begann er, umständlich und etwas verlegen von Ricards Herkunft zu erzählen. »Du erinnerst dich, was ich über meine Mutter und ihre Verwandtschaft erwähnt habe, nicht wahr? In der Nacht in den Bergen.«
Die schöne Anhes. »Die Tochter des Bernard de Provence.«
»Richtig. Markgraf Bernard war also mein Großvater, vermählt mit Estephania von Marselha. Meine Mutter war ihr einziges Kind. Deshalb konnte ja mein Vater den Alten beerben, als der starb. Kein männlicher Nachfolger, zumindest kein rechtmäßiger.« Er lachte gehässig und nahm einen Schluck. »Denn Bernard, der alte Bock, konnte das Herumhuren nicht lassen. Es wurde gemunkelt, dass man die Bastarde nicht zählen konnte, die er überall in der Provence hinterlassen hat. Du siehst, nicht alle in der Familie sind so fromm wie mein Vater.« Er lachte herzlich.
Das vertraute Du schien sich nun bei ihm eingebürgert zu haben. Mir war es recht. Ich war vor allem erleichtert, dass die Sache mit Ricard kein Nachspiel haben sollte.
»Da gibt es eine gewisse Loisa, die ist eines von Großvater Bernards unehelichen Bälgern und daher meine natürliche Tante, obschon sie etwa in meinem Alter ist.« Er erzählte mir, wie diese Loisa als arme, verachtete Verwandte aufgewachsen war und später, nachdem ihr Mann jung verstorben war, als freudlose Matrone auf einem kleinen Besitz in der Provence lebte.
»Meine Mutter wollte nie etwas mit ihr zu tun haben und duldete ihre Halbschwester nur widerwillig. Na ja, ich will nicht zu sehr ausschweifen, jedenfalls ist Ricard Loisas Sohn. Der Junge war schon immer wild. Man erzählt sich so schlimme Dinge von ihm, dass einem die arme Mutter leidtun kann. Sie ist eine gute Frau und hat diesen Satansbraten zwar geboren, aber nicht verdient.« Bertran bekreuzigte sich. »Man muss dem Herrgott danken, wenn er uns Kinder schenkt, die den Eltern Freude machen. Mein Pons ist gottlob ein guter Junge.«
»Warum erzählt Ihr mir das alles?«
Bertran sah mich etwas verlegen an. »Na ja. Auf meinem Weg nach Genua habe ich die gute Loisa besucht. Sie war verzweifelt und machte sich Sorgen um ihren Sohn. Anscheinend lehrte er die ganze Gegend das Fürchten, wenn er nicht übellaunig zu Hause herumsaß. Er hatte sich angeblich in den Kopf gesetzt, ins Heilige Land zu reisen und sich mir anzuschließen. Loisa hoffte, eine Wallfahrt würde ihn zum Guten führen, und im Heer würde er Beherrschung und Verantwortung lernen. Sie hat mich angefleht, ihn mitzunehmen.« Er fuhr sich mit der Hand durch sein dünnes Haupthaar und zog eine sauertöpfische Grimasse. »Ich konnte es ihr nicht abschlagen. Und vor ein paar Monaten ist er hier aufgetaucht, wie du weißt. Ich erzähle dir das alles, damit du meine Lage verstehst.«
»Ihr schuldet mir keine
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