Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
hat es gekostet. Nur ein Handelsmonopol wollten sie. Auch das ist zum Vorteil aller. Die Genuesen legen sich ins Zeug, der Handel blüht, und ich kassiere die Zölle.« Er war sichtlich zufrieden mit sich selbst. Dann nahm er sich den Brief wieder vor. »Also gut. Ich werde dir den wichtigen Teil vorlesen.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und ein in den Tolosaner Farben gekleideter Page trat in den Saal und verbeugte sich ehrerbietig.
    »Eure
Magnificencia.
Comtessa
Elena verlangt zu wissen, ob
Senher
Montalban die Herrschaften zum Abendmahl beehrt?«
    Bertran war begeistert. »Das hast du schön gesagt, Pontius.«
    Der Junge strahlte. Natürlich, ich hatte ihn nicht gleich erkannt. Es war Bertrans Sohn, den er mir jetzt vorstellte. Ein hübscher Junge mit einem gewinnenden Lächeln, der sich formvollendet verbeugte. Bertran bemerkte, wie wichtig es doch sei, dass jeder junge Bursche höfisches Benehmen lernte.
    »Sitte und Anstand, nicht wahr, Pons?«
    Der grinste ergeben. »Gewiss, Vater.«
    Ich rutschte ungeduldig auf dem Stuhl herum, aber nun bestand Bertran darauf, mich zum Abendmahl einzuladen. Kein besonderer Anlass, aber es kämen einige unserer Heerführer, und man verbringe den Abend in angenehmer Unterhaltung. Doch heute stand mir nicht der Sinn nach gutem Benehmen und Lautenspiel.
    Er bemerkte mein Zögern. »Nur auf ein Stündchen, Jaufré. Ein Stündchen wirst du meiner Elena nicht verweigern, oder?«
    Er nickte erfreut, als ich schließlich zusagte. »Da hast du die Antwort, Pons. Und nun lauf zu deiner Mutter.«
    Der Junge machte vor jedem eine kurze Verbeugung und zog sich nach Bertrans wohlwollendem Nicken aus dem Saal zurück. Wieder griff er nach dem Pergament und begann endlich vorzulesen.
    »Da Ihr mir so freundlich geschrieben habt, hochverehrter Graf, wende ich mich an Euch mit einer persönlichen Bitte, die Ihr mir, so hoffe ich, nicht abschlagen werdet. Meiner Nichte Sohn ist vor vielen Jahren mit dem edlen Coms Raimon, Eurem illustren Vater, in den Orient gezogen. Sein Name ist Jaufré Montalban de Rocafort. Wiewohl es seiner Familie eine Freude ist, zu wissen, dass er sich am heiligsten Auftrag der Christenheit beteiligt hat, so sind wir doch betrübt, da wir seither keine Kunde von ihm haben und nicht wissen, ob er noch unter den Lebenden weilt oder, wie so viele tapfere Ritter, seinen Heldentod bei der Befreiung des Heiligen Grabes gefunden hat.
    Vielleicht habt Ihr von Jaufrés Schicksal gehört oder kennt ihn gar. Wenn nicht, möchte ich Euch herzlich bitten, seiner Familie zuliebe Erkundigungen unter den Soldaten und Pilgern zu machen, um Näheres über sein Verbleiben zu erfahren.«
    Bertran zwinkerte mir belustigt zu. »Ich will dich jetzt nicht fragen, warum du deine Familie all die Jahre gemieden hast. Jedenfalls siehst du mir noch ganz lebendig aus, was?« Er befeuchtete sich die Kehle mit Wein und las weiter.
    »Sollte mein Neffe irgendwo sein Grab gefunden haben, so würden wir gern wissen, wo seine Gebeine ruhen und auf welche Art er den Tod gefunden hat. Sollte er dagegen noch leben, und solltet Ihr ihn ausfindig machen können, so ersuche ich Eure Magnificencia, ihn zu bitten und mit allen Mitteln dazu zu bewegen, seinen Weg zurück in die Heimat zu nehmen und zuallererst mich selbst in Narbona aufzusuchen.
    Seine Rückkehr ist von größter Wichtigkeit, nicht zuletzt, weil die Familie seines Schutzes bedarf, aber vor allen Dingen, weil ich nun sehr alt geworden bin und der Tag nicht mehr fern ist, an dem der Schöpfer mich zu sich rufen wird. Bevor ich sterbe, muss ich meinem Neffen vertrauliche Familienangelegenheiten übergeben, die von allergrößter Bedeutung und Wichtigkeit sind. Die Erfüllung seines Schicksals liegt nicht in Palästina, sondern auf dem Boden seiner Väter.«
    Bertran blickte auf und grinste spöttisch. »Der letzte Satz ist ja richtig prophetisch und voller tiefgründiger Andeutungen.« Er ließ den Brief auf den Tisch sinken. »Welches Schicksal mag er wohl meinen?«, fragte er und sah mich dabei eindringlich an, als ob ich es wissen müsste.
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
    »Nicht die geringste Ahnung«, wiederholte er und hielt immer noch meinen Blick. »Na schön«, meinte er schließlich. »Der Rest des Briefes besteht aus Höflichkeiten.«
    Seine drängenden Fragen waren etwas seltsam, aber ich achtete nicht darauf, denn Odos Worte hallten in meinem Kopf nach. Was war nur in den Alten gefahren? Mein erster Gedanke war,

Weitere Kostenlose Bücher