Der Bastard von Tolosa / Roman
Fehdehandschuh vor uns auf den Tisch geworfen. Doch wir hatten die Herausforderung nicht angenommen, wir hatten nur gelacht und ihn verspottet. Hatte der Krieg uns so verroht, dass wir kein Gespür mehr für das Edle im Menschen hatten? Oder war es, weil seine Worte uns vor uns selbst entblößt hatten, weil wir wussten, dass wir nicht mehr in seine reine, schöne Welt gehörten. Ich hob den Becher und trank auf ihn, den Kämpfer für die Liebe. Und auf einen müden
castelan,
den seine
domna
für immer verlassen hatte.
Mauvais cor e mendic?
Nein, schlecht war es nicht, mein Herz, arm schon eher, armselig wie ein Bettler, dürftig und bedürftig, stumpf und tot. Nouras Wange auf dem Totenbett war so kühl gewesen. Nun konnte ihre Liebe das kalte Kriegerherz nicht mehr erwärmen. Nun würde es ganz zu Eis erstarren. Voller Genuss suhlte ich mich in solchem Selbstmitleid an diesem Abend und trank zügellos. Nur dasitzen, die Augen schließen und den Wein in mir spüren. Kein schlechter Tropfen. Kräftig, etwas fruchtig.
Dann fiel mir Odo wieder ein.
Ich wünschte halb, ich könnte den alten Starrkopf noch einmal sehen, bevor er sterben würde. Was hatte er da von Schicksal gefaselt, auf dem Boden meiner Väter? Ich konnte mir weder ein schicksalhaftes noch überhaupt ein aufregendes Geheimnis unserer Familie vorstellen. Waren sie nicht alle aufrechte Leute ohne Tadel? Kein schwarzes Schaf wie ich darunter. Gewiss wollte er nur, dass ich endlich das Schwert an die Wand hing und Bauer auf der eigenen Scholle wurde. Das hatte auch Noura gewollt.
Ich trank und verschüttete dabei Wein über meine Tunika. Der Brief ist unwichtig, wiederholte ich zu mir selbst und musste rülpsen. Der Alte stirbt und will seine Hinterlassenschaft regeln, nichts weiter. Soll er doch ein Testament aufsetzen. Kein Grund, mich auf die lange Reise zu machen. Mein Platz war hier,
basta!
Ein kaltes Herz. Jawohl!
Ich hob den Becher und trank auf
Coms
Bertran, den Bastard von Tolosa. Der Gedanke erheiterte mich. Waren wir nicht alle Bastarde hier in Outremer? Willkommen,
Mossenher lo Coms,
denn hier bist du in guter Gesellschaft.
***
Alexis fand mich am Morgen halb tot in einer Weinlache. Kaum hatte ich die Augen offen, musste ich mich schon übergeben. Danach zog er mich aus und säuberte mich. Ich weiß nicht, wem es peinlicher war, ihm oder mir.
Die nächsten Tage verliefen ähnlich.
Anfänglich schaffte ich es irgendwie, meine notwendigsten Pflichten zu erfüllen, wenn auch mit Mühe. Danach zog ich mich zurück und gab mich dem Trinken hin. Hamid musterte mich manchmal prüfend von der Seite, sagte aber nichts. Den meisten gegenüber zeigte ich mich schroff, bis man mich in Ruhe ließ. Zu meinen Gelagen lud ich niemanden ein, denn es lag mir nicht an Zeugen. Morgens hasste ich mich jedes Mal für die durchzechte Nacht. Ich aß wenig, und mein Äußeres war mir gleichgültig geworden. Es kam mir nicht einmal in den Sinn zu fragen, warum Adela mich mied. Euthalia würde sich schon um sie kümmern, dachte ich. Es wäre ein Leichtes gewesen, die wenigen Schritte zu gehen, um mein Kind in die Arme zu schließen, doch ich tat es nicht. Später wünschte ich, Euthalia hätte mir früher die Augen geöffnet. Aber kaum jemand traute sich in diesen Tagen in meine Nähe. Außer Alexis, der wortlos und ohne Aufhebens meine Bedürfnisse versorgte.
Am Tag nach meiner nächtlichen Begegnung mit den schwarzen Kriegern, als der Wein mich noch nicht ganz in den Klauen hatte und ich noch einigermaßen ansprechbar war, hielten wir einen Kriegsrat über diese Vorfälle ab. Seit Wochen wurden unter dem Schutz der Dunkelheit hinterhältige Anschläge verübt. Nicht jeden Tag, aber in unregelmäßigen Abständen und häufiger, als uns lieb war.
Sobald ich halbwegs nüchtern war, trafen sich Arnaud, Hamid, Guilhem und der Ritter Roger d’Asterac mit mir in einem der Räume neben der
aula magna.
Sie mussten meine geröteten Augen bemerkt haben, aber niemand sagte ein Wort. Im Gegenteil. Man verhielt sich übertrieben freundlich und verständnisvoll. Guilhem rückte gar den Stuhl für mich zurecht, bis mein ärgerlicher Blick ihn verscheuchte. Auch wenn meine Hände zitterten, ihr Mitleid wollte ich nicht.
Das Wetter war kühl geworden. Es hatte den ganzen Tag geregnet, und ein Feuer prasselte im Kamin, um etwas Behaglichkeit zu verbreiten. Sie befragten mich nach Einzelheiten meiner unheimlichen Begegnung in der Vorstadt. Hamid nickte mit grimmig
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