Der Bastard von Tolosa / Roman
Lanzenschäfte und stießen den Gefangenen in die Kniekehlen, um sie in die Knie zu zwingen. Der Blonde starrte mich trotzig unter zusammengezogenen Brauen an. Mein Blick fiel auf das hässliche Muttermal, das er auf der Wange trug. In der
aula
gestern wäre es beinahe mein letzter Anblick auf Erden gewesen. Mühsam beherrschte ich meine aufkeimende Wut und beschrieb den Hergang des Vorgefallenen. Hamid bezeugte dies, und der Wachhauptmann bestätigte das wenige, was er selbst gesehen hatte.
»Ihr habt dem Grafen und mir die Treue geschworen und wisst, dass derjenige sein Leben verwirkt, der diesen Schwur bricht«, schloss ich die Beweisführung ab. Es war still im Saal. Der blonde Hüne starrte mich weiterhin herausfordernd an. »Ihr habt eure Waffe gegen mich gezogen, mich, den Vertreter des Grafen und
castelan
dieser Festung. Es ist, als ob ihr das Schwert gegen den Grafen selbst erhoben hättet. Was glaubt ihr wohl, wäre seine Strafe in diesem Fall gewesen?«
Ich schwieg eine Weile und ließ die Worte in ihre dickköpfigen Schädel eindringen. Zum ersten Mal zeigten sie sich betroffen und bewegten sich unruhig auf den Knien, so dass die Ketten wieder leise klirrten. Das Pockengesicht leckte sich die Lippen und warf einen ruhelosen Blick auf seine Kameraden. Ich befragte sie nach ihren Namen. Der erste hieß Joan und kam aus einem Dorf bei Avinhon. Er war derjenige, der sich herausgehalten hatte. Er trug halblange, zottelige Haare von unbestimmter Farbe, einen verwahrlosten Bart und harte Gesichtszüge. Angeblich war er erst vor kurzem über den Landweg gekommen.
»Was suchst du hier, Joan d’Avinhon?«, fragte ich.
»Was ein Söldner so sucht, Herr. Silber auf die Hand und gute Beute.«
»Du bist in schlechte Gesellschaft geraten, Joan.«
»Ich habe Euch nicht angegriffen.«
»Das ist wahr. Du bist mir aber auch nicht zu Hilfe geeilt. Was deine Pflicht gewesen wäre.«
Er senkte den Blick und nickte unmerklich.
Der grobschlächtige Blonde kam als Nächster dran. Arnaud kannte ihn gut. Duran
lo Bovier,
der Ochsentreiber, werde er genannt und sei ein übler Bursche, bei Raufereien immer vorne dabei. Der Kerl war selbst wie ein Ochse gebaut, mit breiter Brust und mächtigen Oberarmen und Schenkeln.
»Was hast du für dich zu sagen, Duran?« Er starrte mich zornig aus kleinen Augen an und schwieg trotzig. Mit dem verschwendete ich meine Zeit.
Zuletzt wandte ich mich an das Pockengesicht. Er trug einen kurzen Stoppelbart, hatte fettige, schwarze Haare, im Nacken durch ein Band zusammengehalten, war kleinwüchsig, aber drahtig und muskulös, wie man an seinen nackten Oberarmen erkennen konnte. Er biss die Zähne zusammen, dass seine Kiefermuskeln mahlten, während seine Mundwinkel tief herabgezogen waren. Er versuchte, soweit es die Kette zuließ, mit dem Handrücken das Blut abzuwischen, das ihm immer noch aus der Nase tropfte. Mit stechendem Blick starrte er wütend in die Runde. Leon hieße er, sagte Arnaud, und sei Gascogner. Sein Spitzname sei
la Vespa.
»Diesmal hat ihn selbst eine Wespe gestochen.« Alle im Raum, außer den drei Gefangenen, lachten über Arnauds Anspielung auf die Wunde, die ich ihm zugefügt hatte. Ich spürte einen dumpfen Kopfschmerz hinter den Schläfen pochen. Das dauerte mir alles schon zu lang.
»Also, Leon
la Vespa.
Hast du etwas zu deiner Verteidigung zu sagen?«, erkundigte ich mich.
»Mir tut nur leid, dass ich dich,
fil de putas,
nicht erwischt habe.« Er spuckte mir die Worte fast ins Gesicht. Dann brüllte er auf, als einer der Wachen ihm den stumpfen Speerschaft in den Rücken stieß.
»Noch ein Wespenstich. Ich sehe, du trägst deinen Namen zu Recht.« Dies brachte noch einen Lacher in der Runde.
»Ricard de Peyregoux wird uns hier rausholen!«, schrie Leon.
»Ich glaube kaum, denn er sitzt selbst im Turm.«
Leon runzelte die Stirn. Das hatte er nicht erwartet, und nun stahl sich blanke Furcht in seine Augen.
»Jetzt zum Strafmaß«, ließ ich vernehmen.
Es wurde still im Saal. Meine Freunde blickten mich erwartungsvoll an. Einer der Wachen verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein und packte seinen Speer fester. Die Gefangenen vor mir, immer noch auf den Knien, hatten die Augen gesenkt. Selbst Duran unterließ sein wütendes Starren. Wie ich sie so vor mir sah, spürte ich erneut heißen Hass in mir aufsteigen. Es war, als seien diese drei Halunken für alles schuldig, was mir in diesen Tagen widerfahren war. Jemand sollte, verdammt noch mal, bezahlen,
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