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Der Bastard

Der Bastard

Titel: Der Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Jugendlichen abgegeben hatte, passte auf eine Gruppe, die der Polizei schon seit längerem bekannt war. Sie trieben sich in letzter Zeit öfter im Stadtteil Zellerau herum, wo auch das Afrika-Festival stattfand. Zu der Gruppe sollten Russlanddeutsche gehören, die unauffällig aussahen, soweit blonde und hellhäutige Menschen noch in das allgemeine Bild der Zellerau passten.
    Das Ziel ihrer Attacken war indifferent. Es richtete sich gegen alles und jeden, der ihren Weg kreuzte. Vandalismus und Pöbeleien waren nach Aussage des Sozialreferats der Stadt ihr Ventil, die empfundene Minderwertigkeit und Aussichtslosigkeit ihres L e bens zu bekämpfen.
    Kilian und Heinlein hatten sich in einem Zivilfahrzeug in der Weißenburgstraße, Höhe Benzstraße, auf die Lauer gelegt. Bei den Ermittlungen um die Don-Giovanni -A ufführung im Mainfranken-Theater hatte Heinlein auf dem Heuchelhof Erfahrungen mit J u gendbanden sammeln müssen und war deshalb gewarnt. Er wusste, dass sie in Netzwerken arbeiteten und ein ausgefeiltes Warnsystem entwickelt hatten. Irgendwo auf der Straße, an einer Ecke, im Eingang zu einem Supermarkt oder hinter einem Fenster der zah l reichen Wohnanlagen konnte der Späher sitzen.
    «Was hältst du von der Aussage der Frau?», fragte Heinlein.
    «Klingt glaubhaft», antwortete Kilian, «wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob sie im Dunkel der Str a ße wirklich einen schwarzen Jungen erkannt haben kann.»
    «Sie sagt, dass sie mit einer Taschenlampe in die Meute hineingeleuchtet habe, um sie zu versche u chen. Für mich ist das nachvollziehbar.»
    «Mag sein. Nur, wenn sie die Situation wirklich als so ernst eingeschätzt hat, wieso hat sie dann nicht die Polizei gerufen?»
    «Ich kann mir vorstellen, dass sie es hat bleibenlassen, weil es bei solchen Festen ständig zu Raufereien kommt, die aber nie lange dauern. Dann sind die Kampfhähne entweder erschöpft, oder sie haben sich gegenseitig außer Gefecht gesetzt.»
    «Egal, was gestern Nacht geschehen ist, für uns stellt sich die Frage, ob es sich tatsächlich um uns e ren Jungen handelt. Auf dem Bild konnte sie ihn nicht eindeutig identifizieren.»
    Heinlein schaute zum Seitenfenster hinaus, ob er etwas Verdächtiges erkennen konnte.
    «Das Viertel hat sich in den letzten Jahren verändert», stellte Kilian fest. «Ich sehe viele, bei denen man nicht sofort auf …» Er suchte nach dem richt i gen Wort.
    «Sag es ruhig», antwortete Heinlein, «auf Deutsche schließen könnte. Schön, dass dir das endlich auch auffällt. Deine vielgepriesene Multikulti-Gesellschaft ist hier längst an der Tagesordnung. Was sich in der The o rie so wohlklingend international anhört, ist in der Pr a xis eher ein Albtraum.»
    «Jetzt übertreib nicht. Wir sind hier in Würzburg und nicht in Amsterdam.»
    «Darum geht es doch nicht», widersprach Heinlein energisch. «Die Frage ist doch, wie viele Ausländer verträgt eine kleine Stadt wie Würzburg.»
    «Wie hoch ist denn hier der Ausländeranteil?»
    «Irgendwas zwischen zehn und zwölf Prozent, glaube ich.»
    «Na also.»
    «Was, na also? Reicht das etwa nicht? In der Innenstadt findest du mehr Kebab-Buden als Bratwurststä n de.»
    Kilian richtete sich auf. «Was soll denn das für ein Vergleich sein? Wenn es niemand gäbe, der Kebab isst, dann gäbe es auch keine Kebab-Buden. Willst du den Leuten jetzt auch noch vorschreiben, was sie zu essen haben?»
    «Nein, natürlich nicht. Aber auffällig ist es schon. Unsere Kultur geht völlig den Bach runter.»
    «Welche Kultur?»
    «Na, unsere. Deine und meine. Wir werden mit Kebab, McDonald ’ s und Falafel zugeschüttet. Die alten Bräuche, Essgewohnheiten und Lokale verschwinden.»
    «Das nennt man den Lauf der Zeit. Du kannst die Deutschen nicht dreimal im Jahr in aller Herren Länder in Urlaub schicken und ihnen dann zu Hause verbieten, einen Kebab zu essen.»
    «Urlaub ist eine Sache, Heimat die andere.»
    Kilian musterte Heinlein. «Sag mal, was ist an dir eigentlich noch fränkisch?»
    «Was meinst du?»
    «Schau dich doch mal an. Deine Schuhe kommen wahrscheinlich aus Spanien oder Italien, deine Jeans is t a merikanisch, dein Hemd osteuropäisch, dein Jackett von weiß Gott woher. Und das Auto, in dem wir sitzen, wird zwar noch unter einer deutschen Marke verkauft, aber jenseits unserer Grenzen gefertigt. Wenn auf jedem Kleidungsstück eine Flagge angebracht wäre, könntest du bei den Olympischen Spielen eine gute Figur machen.»
    «Dagegen habe ich auch

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