Der Bastard
Schwiegertoc h ter so etwas zu unterstellen. Maximilian und Anna führten eine gute Ehe, auch wenn sie nur kurz war. Mein Sohn hat sich gut um seine Frau gekümmert. Aber angenommen, du hast recht, dann frag dich doch bitte, welchen Grund wir haben sollten, dir das zu verschweigen.»
Sie war die Gelassenheit in Person, ihre Stimme klang ruhig. Doch da war etwas in ihren Augen, das Pia wie eine Herausforderung vorkam. Sie wusste, dass man sich in Clara nicht täuschen durfte. Sie ha t te keine Frau vor sich, deren Welt sich nur um Küche und Kinder drehte. Das hatte ihr Anna immer wieder erklärt.
Claras Frage hatte sie zwar nicht überrascht, aber sie hatte tatsächlich keine Antwort darauf.
«Ich weiß es doch auch nicht», gab sie schließlich zu . « Erbangelegenheiten, ein Skandal, ich kann es mir auch nicht erklären, deshalb suche ich doch nach Antworten.»
«Nun, einige Antworten kann ich dir geben», sagte Clara. «Erbangelegenheiten können es nicht sein, denn wenn das Kind nicht von Maximilian war, dann kann es von uns nichts erben. Und wenn es doch von Maximilian war, dann wäre uns nichts lieber gewesen.»
Nun mischte sich auch Heinrich ein. «Wir mögen zwar konservativ sein, aber wir leben auch nicht hi n ter dem Mond. Eine Scheidung hätte kaum einen Skandal provoziert. Und ein uneheliches Kind – mein Gott, das bisschen Tratsch hätten wir schon übe r lebt.»
Wenn das Kind weiß gewesen wäre, dachte Pia, aber sie war noch nicht bereit, diese Information preiszugeben. Sie stand auf und nahm ihre Tasche.
«Es tut mir leid, dass wir dir nicht helfen konnten. » H einrich legte seine Hand auf Pias Schulter. «Wenn du etwas brauchst, dann melde dich. Vielleicht en t schließt du dich doch noch, uns etwas mehr über die Quelle deiner Vermutungen zu verraten.»
Pia gab beiden die Hand, entschuldigte sich für die Störung und wurde von Helene zur Tür geleitet.
Sie hörte die Tür hinter sich zufallen und atmete tief durch.
Kurz bevor sie das Tor erreichte, begannen die beiden Flügel sich zu öffnen, und Pia blieb stehen. Ein schwarzer Jaguar bog in die Auffahrt ein. Der Fahrer hatte Pia bemerkt und hielt an, um sie vorbeizula s sen. Als sie am Auto vorbeiging, warf sie einen Blick ins Wageninnere und sah in das lächelnde Gesicht eines schlanken, gutaussehenden Schwarzen. Sie lächelte spontan zurück. Er hob die Hand zum Gruß, und die Limousine fuhr weiter. Etwas an dem L ä cheln oder der Handbewegung kam Pia bekannt vor.
19
E ines der letzten Ufergrundstücke entlang des Mains war seit kurzem mit exklusiven Eigentumswohnu n gen bebaut worden. In der Nähe der Löwenbrücke, entlang der Maria-Theresia-Promenade, hatte man einen unverstellbaren Blick auf das sanfte Dahinfli e ßen des Stroms, vorbeiziehende Schiffe und die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Wären nicht die Stechmücken, die im Hochsommer in Ufernähe besonders gern und häufig nach frischem Blut ausschwärmten, dann hätte man es sich richtig bequem auf den ausladenden Terrassen machen können. Mit oder ohne sie war man damit dem Süden einen großen Schritt nähergeko m men.
Einen Hausmeister konnten Kilian und Heinlein nicht ausfindig machen, dafür war der Wohnraum zu begrenzt und zu teuer. Rund dreitausend Euro kost e te der Quadratmeter. Sie drückten willkürlich auf e i nen der Klingelknöpfe. Es dauerte, bis geöffnet wurde, schließlich stand ein grauhaariger Mann, Ende sechzig, mit Lesebrille vor ihnen.
«Sie wünschen?»
Sie stellten sich vor und zeigten das Bild. «Haben Sie diesen Jungen schon mal gesehen?», fragte Hei n lein.
Der Mann nahm das Bild, rückte die Brille zurecht, hob den Kopf und begutachtete es. «Tut mir leid, nein.»
Die nächsten beiden Versuche verliefen ebenso erfolglos.
Erst als ihnen eine junge Frau, offenbar eine Studentin mit entsprechendem finanziellem Hintergrund, öf f nete, konnten ihnen die Angaben des Taxifahrers be s tätigt werden.
«Ja», sagte sie, «den habe ich hier schon gesehen. Er spielt öfters unten am Ufer.»
«Wissen Sie, wie er heißt?», fragte Heinlein.
«Sorry, keine Ahnung.»
«In welchem der Apartments wohnt er?», hakte Kilian nach.
«Ich glaube, im Haus B, Wohnung 1 .»
Heinlein und Kilian bedankten sich und machten sich auf den Weg.
Weder auf dem Klingelschild noch am Postkasten war ein Name zu erkennen. So auch bei einigen anderen. Kilian betätigte den nächstliegenden Klingelknopf.
«Kennen Sie diesen Jungen?», fragte Heinlein eine
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