Der Bastard
Kingsley für sich Nudelauflauf und Apfelschorle und für Heinlein ein Wasser b e stellt hatte, lehnte er sich zurück.
«Wie kann ich Ihnen helfen, Herr Heinlein?»
«Kriminalhauptkommissar, Herr Dr. Kingsley. Wäre es nicht besser, sich ein paar Tage freizune h men? Sie haben einen schweren Verlust erlitten.»
«Davon wird Henry nicht wieder lebendig. Es mag für Sie seltsam erscheinen, dass ich schon wieder meiner Arbeit nachgehe. Sie müssen es schon mir überla s sen, wie und wann ich um Henry trauere.»
Heinlein nickte, aber verstehen konnte er es nicht.
«Nehmen Sie es mir nicht übel, aber uns Europ ä er n w ird immer nachgesagt, wir seien so verkopft im Vergleich zu den Menschen von Ihrem Kontinent. Sie scheinen nicht gerade ein typischer Vertreter zu sein.» Heinlein war stolz auf sich, dass er es langsam lernte, sich politisch korrekt und dennoch verständlich auszudrücken.
«Nun, Herr Kriminalhauptkommissar, da sehen Sie mal wieder, wie viele Vorurteile und Klischees im Umlauf sind. Was wollen Sie also von mir wissen?»
Die Bedienung kam und stellte Essen und Geträ n ke auf den Tisch. Als sie wieder allein waren, kam Heinlein direkt zur Sache.
«Können Sie eigentlich beweisen, dass Henry Ihr Sohn war?»
«Sie machen doch einen DNA-Vergleich.»
«Ich zweifle nicht daran, dass Sie Henrys leiblicher Vater sind. Aber wie beweisen Sie, dass er auch juristisch Ihr Sohn ist?»
Kingsley nahm etwas Nudelauflauf auf die Gabel und steckte sich den Bissen in den Mund. Während er langsam kaute, sah er auf seinen Teller. Heinlein verfluchte sich, dass er auf den Vorschlag mit der Cafeteria eingegangen war. Der Mann hatte zu viel Zeit zum Nachdenken.
«Er ist doch juristisch Ihr Sohn? Sie haben das Sorgerecht. Sie können einen Reisepass für ihn beantragen, ihn bei Schulen anmelden, Arztbesuche mit ihm machen?»
Kingsley sah auf. «Ja, das stimmt. Er war auch juristisch mein Sohn.»
«Wie kann das sein? Er war der Sohn von Anna Sibelius. Sie war mit Max Sibelius verheiratet. Somit war Henry auch das eheliche Kind der beiden. Und Anna Sibeliu s k onnte in der kurzen Zeit zwischen der Geburt Henrys und ihrem Tod kaum etwas unternommen haben, um das zu ändern. Oder sind die Gesetze in Afrika anders? Sind Sie in der Geburtsurkunde als Vater aufgeführt? Gibt es überhaupt eine Geburtsu r kunde?»
Der Arzt schob seinen noch fast vollen Teller von sich.
«Ich habe ihn adoptiert.»
«Jetzt, Herr Dr. Kingsley, sind wir an dem Punkt, der mich brennend interessiert. Erzählen Sie mir bi t te alles darüber, wie es zu dieser Adoption kam. Vor allem interessiert mich natürlich, wer die Zusti m mung dazu gegeben hat. Oder regelt man das in A f rika mit Geld?»
Kingsley lächelte. «Wahrscheinlich wäre es mit Geld zu lösen gewesen. Aber sehen Sie, ich lebe schon lange in Deutschland, habe hier studiert. Das färbt ab. Es war alles legal, auch nach deutschen Maßstäben.»
«Wer hat das Kind zur Adoption freigegeben?»
«Das Kind hatte einen Namen. Henry. Maximilian Sibelius hat die nötigen Unterschriften geleistet.»
«Hat er von dem Kind gewusst?»
«Ich hatte die Ehre, ihn davon in Kenntnis zu se t zen. Aber wir sind uns schnell einig geworden. Welches Interesse hätte Max auch an Henry haben so l len? Er war», Jonathan strich vielsagend mit der Hand über die Haut an seiner Wange, «eindeutig nicht sein Sohn.»
Kingsley nahm einen Schluck aus seinem Glas und sah Heinlein abwartend an.
«Bitte lassen Sie sich nicht jedes Wort aus der N a se ziehen. Anna Sibelius verschwand und hinterließ einen nur wenige Tage alten Säugling. Man hat sie aber ers t e inige Jahre später offiziell für tot erklärt. Vorher haben Sie Henry nicht adoptieren können. Wie genau ist das abgelaufen?»
«Also gut.» Kingsley zog den Teller mit Nudelauflauf wieder zu sich und begann zu essen. Zwischen den Bissen berichtete er Heinlein, wie die Adoption vonstattengegangen war.
«Als Anna verschwunden war und der Wagen gefunden wurde, war klar, dass sie nicht wieder zurü ckk ehren würde. Ich hatte mich also um Henrys Zukunft zu kümmern. Ich vereinbarte ein Treffen mit Maximilian und erzählte ihm von meiner Affäre mit Anna. Er hat es gefasst aufgenommen. Auch, dass die Affäre nicht folgenlos geblieben war. Wie gesagt, er hatte kein Interesse an Henry, und wir vereinbarten, dass er mir zunächst das Sorgerecht übertrug.
Ich musste dazu meine Ansprüche als leiblicher Vater Henrys anmelden und auch einen
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