Der Bastard
doch irgendwan n w ieder änderte. Sie musste ihr Leben so r e geln, dass es auch ohne ihn funktionierte. Sie hatte ihre Arbeit, und mit dem neuen Elterngeld würde das erste Jahr nach der Geburt sie nicht vor finanzielle Probleme stellen. Danach konnte man weitersehen. Sie dachte an ihr Verhalten im Obduktionssaal und schüttelte den Kopf über sich. Das durfte nicht wi e der passieren. Es half dem Jungen nicht, wenn Mitleid ihre Arbeit beei n trächtigte.
3
«Das glaub ich ja nicht», rief Sabine Anschütz, Heinleins und Kilians Sekretärin, als sie Kilian zur Tür h e reinkommen sah.
Kilian umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. «Klingt, als hättest du mich vermisst.»
«Und ob.»
Heinlein drängte sich an den beiden vorbei. Er brummte etwas in sich hinein und setzte sich an se i nen Schreibtisch.
«Wenn ihr mit eurer Knutscherei fertig seid, kö n nen wir vielleicht wieder an die Arbeit gehen.»
«Mach mal langsam, Schorsch», widersprach Sabine , « ich habe Kilian eine Ewigkeit nicht mehr gesehen.»
«Jetzt ist er ja wieder da.»
«Jetzt sag schon. Ich kann dich mir an jedem anderen Ort vorstellen …» Sabine stockte.
Heinlein führte den Satz zu Ende: «… nur nicht hier. Das wolltest du doch sagen. Was ist eigentlich so schlimm daran, wenn man einen sicheren Arbeit s platz hat?»
«Eben», bestätigte Kilian schmunzelnd.
Sabine verkniff sich ein Lachen.
«Was grinst ihr so dämlich?», schnauzte Heinlein sie an. «Wenn ihr mal Verantwortung übernehmen müsst, dann ist es mit dem Lotterleben vorbei.»
«Lotterleben», sagte Sabine. «Was meinst du denn damit?»
«Sich die Nächte in Discos um die Ohren schlagen und am nächsten Tag zu spät zur Arbeit kommen, wenn überhaupt.»
«Moment mal», konterte Sabine, «wer hart arbe i tet, darf auch hart feiern.»
«Meine Rede», stimmte Kilian zu.
«Damit dürfte es bei dir ja nun vorbei sein», entgegnete Heinlein.
«Wieso eigentlich?», wollte Sabine wissen.
Kilian holte Luft. «Ich werde Vater.»
Es dauerte, bis sich die Nachricht bei Sabine g e setzt hatte. «Du? Der einsame Wolf aus Genua hat die Freuden des Familienlebens entdeckt?»
Kilian nickte, und Sabine nahm ihn noch einmal in die Arme.
«Schade», sagte sie, «und herzlichen Glüc k wunsch.»
«Wieso schade?», fragte Heinlein.
«Ein Mann weniger, schade, und herzlichen Glückwunsch, natürlich. Ich freue mich. Wer ist die Mutter? Kenne ich sie?»
«Pia», antwortete Kilian.
«Pia aus der Rechtsmedizin?»
«Kennst du vielleicht noch eine?», fragte Heinlein.
«Ich nicht, aber Kilian bestimmt.»
«Es ist Pia Rosenthal», stoppte Kilian die Spekulationen. «Ich dachte, du wüsstest das.» Er machte eine Pa u se, dann kam das Eingeständnis. «Glaubt mir, noch vor ein paar Wochen war es für mich unvorstellbar, dass ich zurückkehre. Alles, bloß nicht das. Als mir Pia aber gesag t h at, dass ich Vater werde, h a be ich ein paar Tage Zeit gebraucht, um das alles zu verda u en.
Es ist mir nicht leichtgefallen, aber ich habe den Entschluss gefasst, dass ich zu dem stehe, was ich da fabriziert habe.»
«Bravo», unterbrach Heinlein. «Der Herr übe r nimmt endlich mal Verantwortung.»
Sabines giftiger Blick stoppte weitere Einwürfe.
Kilian fuhr fort: «Schritt eins hieß, eine Basis für uns drei zu schaffen. Wenn Pia in die kritische Phase kommt, dann muss jemand da sein, der für sie und den Kleinen sorgt. Schritt zwei war, mit unserem Oberboss Klein zu sprechen, ob er mich wieder ei n stellt. Der war zwar überrascht, überhaupt nochmal etwas von mir zu hören, aber nachdem ich versprochen hatte, keine Ansprüche zu stellen und mich nahtlos ins Team einzugliedern, war er beruhigt.»
«Er hätte mich vorher auch mal fragen können», beschwerte sich Heinlein.
«Keine Sorge», beruhigte Kilian, «ich habe nicht vor, dir oder sonst jemand in der Abteilung gege n über irgendwelche Ansprüche durchzusetzen.»
«Das wäre ja noch schöner», polterte Heinlein.
«Schorsch», ging Sabine dazwischen, «du hast doch gehört, dass Kilian das nicht will. »
Heinlein fügte sich. «Gut, wenn das nun geklärt ist, dann können wir uns endlich wieder um die Arbeit kümmern. Wir müssen schnellstens alles über den Todesfall mit dem jungen Neger, Pardon, Schwarzen, h e rausfinden.»
«Hast du was gegen Schwarze?», fragte Sabine.
«Nein, warum?»
«Wieso nennst du sie dann Neger ? Das ist rassistisch.»
«Blödsinn. Neger sagt man bei uns schon seit
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