Der Bauch von Paris - 3
Lecœur und Fräulein Saget, die durch eine überdachte Straße gingen, weniger gelb, mit beinahe rosigen Gesichtern, als gute Freundinnen, die irgendeine Geschichte belustigte. Auf dem Fischmarkt klopfte Mutter Méhudin, die wieder ihren Stand eingenommen hatte, auf ihre Fische, schnauzte alle Welt an und vernagelte dem neuen Aufseher, einem jungen Mann, dem die Peitsche zu geben sie geschworen hatte, den Mund, während Claire noch weicher und träger mit ihren vom Wasser der Fischbecken blau gewordenen Händen einen ungeheuren Haufen Weinbergschnecken heranholte, die der Schleim mit Silberfäden überschillerte. Auf dem Kaldaunenmarkt hatten Auguste und Augustine soeben mit dem zärtlichen Gesichtsausdruck Neuvermählter Schweinsfüße gekauft und fuhren im zweirädrigen Wägelchen wieder ab nach ihrem Fleischerladen in Montrouge. Als es acht Uhr und schon warm war, stieß Claude dann auf dem Rückweg in der Rue Rambuteau auf Murx und Pauline, die Pferdchen spielten: Murx ging auf allen vieren, während sich Pauline, die auf seinem Rücken saß, an seinen Haaren festhielt, um nicht herabzufallen. Und ein Schatten, der auf den Dächern der Markthallen am Rande der Dachrinnen vorüberglitt, ließ ihn hochblicken: das waren Cadine und Marjolin, die lachten und sich umarmten, in der Sonne brannten und mit ihrem Lieben glücklicher Tiere das Viertel beherrschten.
Da zeigte ihnen Claude die Faust. Er war aufgebracht über dieses Fest des Pflasters und des Himmels. Er beschimpfte die Fetten und sagte, die Fetten hätten gesiegt. Rings um sich sah er nur noch Fette, die noch runder wurden, vor Gesundheit strotzten und einen neuen Tag schöner Verdauung begrüßten. Als er gegenüber der Rue Pirouette stehenblieb, versetzte ihm der Anblick, den er zu seiner Rechten und zu seiner Linken hatte, den letzten Schlag.
Zu seiner Rechten stand die schöne Normande, die schöne Frau Lebigre, wie man sie jetzt nannte, auf der Schwelle ihres Ladens. Ihr Mann hatte es endlich durchgesetzt, seinem Weinhandel einen Tabakverkauf anzugliedern, ein seit langem gehegter Traum, der dank großer geleisteter Dienste endlich Wirklichkeit geworden war. Die schöne Frau Lebigre erschien ihm prachtvoll im Seidenkleid, die Haare gekräuselt, bereit, sich hinter ihren Ladentisch zu setzen, wohin alle Herren des Viertels kamen, um bei ihr ihre Zigarren und ihr Päckchen Tabak zu kaufen. Sie war vornehm geworden, ganz und gar Dame. Hinter ihr der Raum war neu bemalt worden mit Weinranken auf hellem Grund; das Zink des Schanktisches glänzte, während die Likörflaschen im Spiegel grellere Feuer entzündeten. Sie lachte dem hellen Vormittag zu.
Zu seiner Linken nahm die schöne Lisa auf der Schwelle der Fleischerei die ganze Breite der Tür ein. Niemals war ihre Wäsche von einem solchen Weiß gewesen, niemals war ihr ausgeruhtes Fleisch, ihr rosiges Gesicht von besser geglätteten Haarstreifen umrahmt. Sie legte eine große, satte Ruhe an den Tag, eine ungeheure Gelassenheit, die nichts störte, nicht einmal ein Lächeln. Das war das unbedingte Befriedigtsein, eine vollkommene Glückseligkeit, die ohne Erschütterung, ohne Leben in der warmen Luft badete. Ihr pralles Mieder verdaute noch das Glück vom Tag vorher; ihre molligen, in der Schürze verlorenen Hände streckten sich nicht einmal aus, um das Glück des Tages zu greifen, weil sie sicher waren, daß es zu ihnen kommen werde. Und neben ihr das Schaufenster war von gleicher Glückseligkeit, es war genesen: die nappierten Zungen waren röter und gesünder, die Geflügelkeulen setzten wieder ihre schönen gelben Gesichter auf, die Würstchengirlanden hatten nicht mehr das verzweifelte Aussehen, das Quenu das Herz bluten ließ. Ein dickes Lachen erscholl hinten in der Küche, begleitet vom herzerfreuenden Gepolter der Kasserollen. Die Fleischerei strotzte wieder vor Gesundheit, einer fetten Gesundheit. Die nur flüchtig zu sehenden Speckseiten und die an den Marmorplatten hängenden Schweinehälften brachten da Bauchrundungen hinein, einen ganzen Triumph des Bauches, während Lisa unbeweglich in ihrer würdevollen breiten Gestalt mit ihren großen Augen einer starken Esserin den Markthallen den Morgengruß entbot.
Dann verneigten sich beide. Die schöne Frau Lebigre und die schöne Frau Quenu tauschten einen freundschaftlichen Gruß.
Und Claude, der gewiß am Tage vorher das Abendessen vergessen hatte, wurde von Wut gepackt, als er sie so gesund sah, so untadelig mit ihren dicken Brüsten,
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